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Forum<br />
www.linux-magazin.de OSS-Politik 09/2013<br />
74<br />
Open-Source-Politik im Bundestagswahlkampf<br />
Freies Lernen<br />
Open Source, das sei den Parteien sehr wichtig, beteuerten die Politiker unisono, als das <strong>Linux</strong>-<strong>Magazin</strong> sie vor<br />
vier Jahren fragte. Doch in Parteiprogrammen schlug sich das nicht wieder. Jetzt hat die FSFE Wahlprüfsteine<br />
für Freie-Software-Anhänger formuliert und festgestellt: Deutsche Parteien sind lernfähig. Markus Feilner<br />
unter <strong>Linux</strong> nicht lauffähigen Steuererklärungssoftware<br />
Elster Formular, zur<br />
Kontrolle von mobilen Geräten und gebührenfreien<br />
Lizenzierung von Standards<br />
sowie zu Secure Boot, Werbung für unfreie<br />
Software auf Webseiten der öffentlichen<br />
Verwaltung und zu Softwarepatenten.<br />
Alle Parteien haben reagiert, und in<br />
den Antworten zeigt sich, dass die Politik<br />
Know-how aufgebaut hat.<br />
Einigkeit im linken Lager<br />
© Luca Bertolli, 123RF.com<br />
Vor vier Jahren befragte das <strong>Linux</strong>-<strong>Magazin</strong><br />
angesichts der sich nähernden<br />
Wahlen zum deutschen Bundestag Vertreter<br />
aus sechs Parteien nach dem Stellenwert,<br />
den Open Source und <strong>Linux</strong> in<br />
deren Programmen habe [1]. Allerdings<br />
gestaltete sich schon die Wahl der Gesprächspartner<br />
in manchen Parteien<br />
schwierig – und die Ergebnisse konnten<br />
nicht überraschen.<br />
Nachgefragt<br />
Durch die Bank gaben sich die Politiker<br />
gegenüber dem <strong>Linux</strong>-<strong>Magazin</strong> als überraschend<br />
große <strong>Linux</strong>-Fans zu erkennen<br />
– was der aufmerksame <strong>Linux</strong>er im politischen<br />
Alltag eher selten festzustellen<br />
vermochte. Ausgerechnet der außer Konkurrenz<br />
angetretene Satiriker aus „DIE<br />
PARTEI“, Martin Sonneborn, wuchs dabei<br />
zum realsatirischen Höhepunkt der<br />
Parteienbefragung – mit konsequenter<br />
Ehrlichkeit, viel Spott und jeder Menge<br />
bitterböser Ironie [2].<br />
Am 22. September steht wieder eine<br />
Bundestagswahl an. Dieses Mal hat sich<br />
die Free Software Foundation Europe, federführend<br />
ist Matthias Kirschner, der<br />
deutschen Parteienlandschaft angenommen.<br />
Mehrere Monate recherchierten<br />
die FSFE-Autoren, ehe sie schließlich<br />
Anfang Juli die gesammelten Daten [3]<br />
in einer Presseerklärung [4] unter dem<br />
Titel „Bundestagswahl: Positionen der<br />
Parteien zu Freier Software“ zusammenfassten<br />
(Abbildung 1).<br />
Gleich zu Beginn der Studie zieht die<br />
FSFE ein positives Teilfazit: „Erfreulicherweise<br />
haben die Parteien ihr Wissen<br />
seit der letzten Bundestagswahl bezüglich<br />
Freier Software klar verbessert.“<br />
Die Organisation habe allen Parteien die<br />
Frage gestellt, „ob öffentlich finanzierte<br />
Software als Freie Software bereitgestellt<br />
werden muss“. Außerdem Fragen zur<br />
Besonders lobt die FSFE, dass alle Parteien<br />
des linken Spektrums, aber auch die<br />
Freien Wähler, „wollen, dass von öffentlicher<br />
Hand beauftragte und finanzierte<br />
Software als Freie Software veröffentlicht<br />
wird“ – wie es in vielen anderen Ländern<br />
Europas seit Jahren üblich ist.<br />
Einzig die Regierungspartei CDU sieht<br />
hier schwarz, zu schwierig seien „haushaltsrechtliche<br />
Hürden“ in Paragrafen,<br />
die sie jedoch nach Bewertung der FSFE<br />
durchaus selbst ändern könnte. Denn<br />
auch das Bundesamt für Sicherheit in<br />
der Informationstechnik (BSI) sieht in<br />
seinem Migrationsleitfaden keine Hindernisse.<br />
Auch beim Veröffentlichen<br />
von Quelltext spielt die Regierungspartei<br />
nicht mit. Ein weiteres Problem sei, dass<br />
niemand bei Open Source kontrollieren<br />
könne, wer die Software wofür einsetze,<br />
meint die CDU. Das aber sei bei staatlichen<br />
Aufträgen nötig.<br />
Wenig überraschend beschäftigen sich<br />
die Fragen der FSFE auch mit Projekten<br />
und vermeintlichen Skandalen, die die<br />
Foundation in den letzten Jahren festgestellt<br />
hat, beispielsweise das „Elstergate“<br />
[5], die „PDF-Reader“-Aktion ([6], Abbildung<br />
2) oder die Free-Your-Android-<br />
Kampagne ([7], Abbildung 3).