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PLAN DER VORLESUNG (1) - Sammelpunkt bei philo.at

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21 Handouts zur Vorlesung: STATIONEN <strong>DER</strong> ANTIKEN PHILOSOPHIE: Buchheim: WS 2000/1<br />

Zu Beginn eines kosmischen Zyklus' sind die Elemente in innigster Weise gemischt, der Haß h<strong>at</strong> sich<br />

ganz an den Rand zurückgezogen (DK 31B36), die Liebe durchherrscht alles, alles ist in Ruhe, das All<br />

h<strong>at</strong> die innige Einheitsgestalt der Kugel (sphairos), der Sphairos ist Gott, voller Freude und einzig (DK<br />

31B27ff). Dann bricht - gemäß einem Eid zwischen Liebe und Haß (DK 31B27) - Zwietracht von der<br />

Peripherie in das Zentrum ein, erschüttert die innige Mischung der Elemente, entzweit sie und bringt<br />

sie in eine Wirbelbewegung; diese trennt die Elemente in vier konzentrisch angeordnete Weltmassen<br />

aus gleichen, bis der Haß total und die Trennung der Elemente maximal geworden ist. Sodann kann<br />

sich aber wieder die Liebe vom Herzen des Wirbels her ausbreiten, sie läßt Feuer und Wasser in die<br />

Erde eindringen und schafft aus Gemischtem die Lebewesen (DK 31B35). Im weiteren Verlauf werden<br />

schließlich sämtliche Differenzierungen durch die Liebe wieder aufgelöst, so daß sich alle Elemente<br />

wieder zum Sphairos vereinen und die Zwietracht ausgeschlossen wird (DK 31B36, A37). Dann<br />

wiederholt sich das ganze (diese Rekonstruktion von Empedokles' kosmologischen Vorstellungen ist<br />

in der Forschung allerdings nicht unumstritten).<br />

4. Zoogonie in vier Phasen<br />

Dieselben Gesetze, die den Makrokosmos bewegen, beherrschen auch den Mikrokosmos. Da<strong>bei</strong> ist die<br />

Entstehung der Lebewesen Werk der Liebe, deren Untergang Werk des Hasses. Sobald nach der<br />

totalen Trennung in unterschiedliche Zonen wieder Elementmischungen st<strong>at</strong>tfinden, können komplexe<br />

Lebewesen entstehen. Dies geschieht in vier Stufen: zuerst werden organische Teile wie Fleisch,<br />

Sehnen und einzelne Körperteile gebildet (DK 31B57f); diese Teile bewegen sich, treffen aufeinander<br />

und mischen sich zu Zufallsgestalten (DK 31B59ff); drittens bringt die Erde vollständige, aber noch<br />

geschlechtsneutrale Lebewesen hervor (insb. die Planzen) (DK 31B62, A70, B79); schließlich<br />

entstehen durch die Liebe geschlechtliche Lebewesen, die sich fortpflanzen (DK 31A72).<br />

5. Epistemologie: Poren der Erkenntnis<br />

Einsicht in die wahre Physis der Dinge ist möglich, wenn die Elemente und ihre Bewegungsweisen<br />

erkannt werden. Bei allen Dingen finden feine verschiedenartige “Ausströmungen“ st<strong>at</strong>t (DK 31B89).<br />

Wahrnehmung geschieht, wenn diese Ausströmungen von den je nach Sinnesorgan unterschiedlichen<br />

Poren aufgenommen werden. Hier<strong>bei</strong> sind jene Ausströmungen den Poren angemessen und verwandt,<br />

weil sonst kein Kontakt hergestellt werden könnte (DK 31A86). So geschieht Wahrnehmung also<br />

durch das Prinzip 'Gleiches durch Gleiches': “Mit Erde nämlich sehen wir Erde, mit Wasser Wasser,<br />

mit Luft die klare Luft, aber mit Feuer das vernichtende Feuer, Liebe mit Liebe und Haß mit unheimlichen<br />

Haß“ (DK 31B109). Genau der gleiche physische Prozeß findet dann auch <strong>bei</strong> Erkenntnis und<br />

Denken st<strong>at</strong>t. Sammelstelle der epistemologisch relevanten Elementkombin<strong>at</strong>ionen und Ort der<br />

Zentralwahrnehmung und des Denkens ist das um das Herz zirkulierende Blut, in dem die Elemente<br />

alle <strong>bei</strong>sammen und bestmöglich gemischt sind (DK 31A86, B105, B107) (und das daher Abbild der<br />

göttlichen Sphäre ist).<br />

6. Ethik: Kreislauf der Wiedergeburt<br />

Die ethischen Überlegungen des Empedokles sind beeinflußt vom Pythagorismus und dem<br />

Mysterienkult der Orphik. Beschrieben wird das Schicksal der unter dem Einfluß der zwischen den<br />

Menschen wirkenden Urmächte Liebe und Haß stehenden menschlichen Seele und deren Möglichkeit<br />

zur Reinigung (DK 31B115, B128). Empedokles berichtet von sich, daß seine Seele einst göttlich war<br />

und im Goldenen Zeitalter in vollkommener Harmonie im Bewußtsein der Verwandtschaft aller mit<br />

allen mit den anderen Seelen zusammen lebte. Ihr Fall beginnt, indem sie unter dem Einfluß des bösen<br />

Prinzips ihresgleichen gegenüber sündigt und insb. beginnt, anderes Beseeltes und also Verwandtes zu<br />

töten; zur Strafe wird sie aufgrund des Gesetzes der Unentrinnbarkeit (DK 31B115) in den Kreislauf<br />

der Wiedergeburt verbannt, wird von der Göttin "mit fremdartigem Fleischhemd" umkleidet (DK<br />

31B126) und muß nacheinander in verschiedene Leiber (Mensch, Tier oder Pflanze) eintreten. So sagt<br />

folglich Empedokles von sich: “Ich war nämlich schon einmal ein junger Mann, eine junge Frau, ein<br />

Gebüsch, ein Vogel und ein feuriger Fisch aus der Salzflut“ (DK 31B117). Auf ihrer Reise h<strong>at</strong> aber die<br />

Seele Gelegenheit, sich zu bessern, Wohlt<strong>at</strong>en zu begehen und ein sittlich gutes Leben zu führen;<br />

gelingt ihr dies, findet sie wieder zum glückseligen Götterdasein zurück.

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