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PLAN DER VORLESUNG (1) - Sammelpunkt bei philo.at

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68 Handouts zur Vorlesung: STATIONEN <strong>DER</strong> ANTIKEN PHILOSOPHIE: Buchheim: WS 2000/1<br />

12 Diejenigen aber, die ihn nahmen, denen gab er die Vollmacht, Kinder Gottes zu werden, wenn sie<br />

an seinen Namen glauben,<br />

13 ihnen, die nicht aus dem Blut noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen des<br />

Menschen, sondern aus Gott geboren sind.<br />

14 Und der logos ist Fleisch geworden und schlug sein Zelt auf unter uns, und wir schauten seine<br />

Herrlichkeit, die Herrlichkeit als Einziggeborener vom V<strong>at</strong>er, voll von Gnade und Wahrheit.<br />

15 Johannes zeugt für ihn und krächzt laut die Worte: »der war es, den ich meinte, der nach mir<br />

kommend vor mir entstanden ist, weil er zuerst war vor mir«.<br />

16 Aus seiner Fülle haben wir alle genommen, eine Gnade st<strong>at</strong>t einer Gnade:<br />

17 Weil das Gesetz durch Moses gegeben worden, die Gnade und die Wahrheit aber durch Jesus<br />

Christus entstand.<br />

18 Gott h<strong>at</strong> niemand je gesehen; der einziggeborene Sohn, der an der Brust des V<strong>at</strong>ers ist, der h<strong>at</strong> es<br />

uns verkündet.“<br />

(1) Unhintergehbare Pluralität im Anfang: Die ersten Verse des Prologs sind so gebaut, daß es sowohl<br />

unmöglich ist, nur einen da<strong>bei</strong> zu denken (entweder Gott oder den logos), als auch unmöglich, sie als<br />

zwei Getrennte zu verstehen (denn Gott war der logos). Am Ende des Prologs wird gesagt, daß die<br />

Unzertrennlichen V<strong>at</strong>er und Sohn sind. Wenn der V<strong>at</strong>er den Sohn erzeugt und der Sohn der V<strong>at</strong>er ist,<br />

dann zeugt sich der V<strong>at</strong>er im Sohn zugleich selbst. Im Sohn oder logos ist, wie es in Vers 4 heißt, das<br />

Leben - nämlich offenbar als ein ihm übergebenes vom V<strong>at</strong>er. Denn ein V<strong>at</strong>er gibt dem Sohn<br />

üblicherweise das Leben. Hier aber ist dies folglich zugleich die Selbstzeugung des Lebens in einem<br />

primär-Lebendigen, von dem aus das Leben dann weitergegeben wird an die Lebendigen in der Welt.<br />

Denn alles weitere, was entstanden ist und lebt, ist durch den zuerst Lebendigen, den Sohn entstanden.<br />

Das Erste, Gott, ist selbst die Beweglichkeit des Gebens und Nehmens von Leben; Mitteilung des<br />

Lebens, seine Verbreitung. Leben gibt es nicht in der puren Einzahl. Das Leben bildet sich nicht ab in<br />

ein Bild seiner selbst, sondern pflanzt sich fort als es selbst; ähnlich dem Licht, das sich nicht spiegelt<br />

oder reflektiert, sondern leuchtet und scheint; es verteilt sich und kommt als es selbst in die Finsternis<br />

etc. Das ist ein fundamental neuer Gedanke.<br />

(2) Fleischwerdung des logos: Weder ist der logos als etwas Besonderes wie die Form versenkt in das<br />

Fleisch der M<strong>at</strong>erie (Vulgär-Aristoteles) noch ist die M<strong>at</strong>erie, wie <strong>bei</strong> Plotin (s. Enn. V 5 [32] 9) und<br />

im Neupl<strong>at</strong>onismus „in“ der Seele oder Form als ihr nachstrebend von unterer Ebene, sondern<br />

vielmehr „wurde“ er Fleisch, d.h. existiert dann als Fleisch. Das Christentum besteht in der Exteriorisierung<br />

des logos. Der logos ist die Äußerlichkeit des M<strong>at</strong>eriellen. Deshalb ist auch nicht gefordert ein<br />

hinter-die-Kulissen-Schauen oder ins Innere Blicken, sondern die Entwicklung und Führung des<br />

Äußerlichen zu Gott. Das aber können wir nicht auf unser Vermögen, sondern nur mit Gott; deshalb<br />

mußte er, sollte es dahin kommen, „sein Zelt unter uns aufschlagen“. T<strong>at</strong>en sind zu tun in der<br />

Äußerlichkeit, nicht Gedanken zu fassen, oder Gedanken nur, sofern sie zu T<strong>at</strong>en führen. Auch das<br />

Tun ist etwas Äußerliches, äußere T<strong>at</strong>sache und in diesem Sinne - Wahrheit.<br />

(3) Was ist Wahrheit? So die Frage des Pil<strong>at</strong>us. Johannes ist Kritik des überkommenen Wahrheitsbegriffs<br />

als Entsprechung zwischen Gedanke und Sache oder korrekte Wiedergabe dessen, was der Fall<br />

ist. Die Frage signalisiert ein Bewußtsein über das Maß der Abweichung, wenn Jesus behauptet, er sei<br />

die Wahrheit. Hier nämlich ist Wahrheit die Bezeugung der T<strong>at</strong>sache des lebendigen Gottes durch die<br />

T<strong>at</strong>, d.h. als Weitergabe des Lebens und einer bestimmten Lebensform: der Liebe. Keiner kann sagen,<br />

Bezeugung habe nichts mit Wahrheit zu tun, aber schwer ist es zu erklären, worin der Zusammenhang<br />

besteht mit dem, was wir normalerweise »Wahrheit« nennen. Bezeugung braucht mehrere, damit das<br />

Bezeugte nicht nur ein Schein, sondern Wahrheit, mit »Körper«, d.h. von mehreren Seiten zugänglich<br />

ist. Aber Jesus hebt immer wieder hervor, daß er eben mehrere ist, also Gott der Wahrheit zunächst<br />

selbst Genüge tun kann. Aber alle, die von der Wahrheit angesteckt werden, können sie mitbezeugen,

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