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PLAN DER VORLESUNG (1) - Sammelpunkt bei philo.at

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59 Handouts zur Vorlesung: STATIONEN <strong>DER</strong> ANTIKEN PHILOSOPHIE: Buchheim: WS 2000/1<br />

SKEPSIS<br />

Man unterscheidet zwischen zwei Spielarten der skeptischen Philosophie: der Pyrrhonischen und der<br />

Akademischen Skepsis. Die erste heißt nach ihrem Begründer Pyrrhon von Elis (365/60 - 275/70). Sie<br />

ist eigentlich die älteste der hellenistischen Philosophiekonzeptionen, doch verschwindet sie zunächst<br />

mit ihrem Begründer und dessen wichtigstem Schüler und ‚Publizisten‘, Timon (ca. 325 - 235) von<br />

Phleius (südw. von Korinth) von der Bildfläche, um für eine Weile nur in gestalt der allerdings wesentlich<br />

veränderten zweiten Spielart skeptischer Philosophie, d.h. eben der akademischen, fortzubestehen.<br />

Sie wurde zuerst von Arkusilaos aus Pitane (316/15 - 241/40) methodisch geübt und dann bes. von<br />

Karneades aus Kyrene (214/13 - 129/8) erweitert und als schmerzhafter Stachel gegen die Stoische<br />

Schule system<strong>at</strong>isch zugespitzt und gehärtet. Erst mit der Rückkehr der Akademie zu einem dogm<strong>at</strong>ischeren<br />

Philosophieverständnis unter Antiochus von Askalon im 1. Jhdt. v. Chr. wurde, wie man<br />

annimmt zu etwa gleicher Zeit, die Skepsis in ihrer Pyrrhonischen Urform erneuert und methodisch<br />

ausgebaut durch Ainesidemos und später durch einen gewissen Agrippa (? 1. Jhdt. n. Chr. ?), um<br />

dann schließlich durch Sextus Empiricus (2. Jhdt.) ihre sozusagen kanonische Form zu erhalten, die<br />

sie bis heute zu einer der geistig <strong>at</strong>traktivsten <strong>philo</strong>sophischen Einstellungen macht, die je ausgear<strong>bei</strong>tet<br />

wurden.<br />

Der Hauptunterschied zwischen pyrrhonischer und akademischer Skepsis besteht nach Ainesidemos<br />

(<strong>bei</strong> Photios, Bibliotheca 169b = LS 71 C) darin, daß die zweite in gewissem Sinne „dogm<strong>at</strong>isch“, die<br />

erste aber „aporetisch“ zu nennen sei. Denn die akademischen Skeptiker lehren positiv, daß es kein<br />

Kriterium der Wahrheit für menschliches Erkennen geben könne, so daß wenigstens dies gewiß ist,<br />

daß es nichts Gewisses gibt und man sich deshalb aller Urteile enthalten muß. Wärend die aporetische<br />

Skepsis - gewissermaßen noch skeptischer - nur ihre jeweils subjektive Erfahrung auskostet und darstellt,<br />

daß <strong>bei</strong> ausreichend sorgfältiger Prüfung (= Skepsis) gegenüber jeder scheinbar berechtigten<br />

These eine ebenfalls rechtfertigbare Gegenthese etabliert werden kann, angesichts von deren gleichberechtigtem<br />

Widerstreit man sich in Aporie darüber wiederfinde, welcher von ihnen zuzustimmen sei.<br />

In diesem Sinne definiert Sextus (PH I 8) die Skepsis also eher in ihrer Pyrrhonischen Version folgendermaßen:<br />

„Skepsis ist ein Vermögen, auf alle mögliche Weise gegensätzliche Auffassungen unter<br />

Phänomenen und Gedanken zu etablieren, durch die wir aufgrund der Isosthenie (= Gleichmächtigkeit)<br />

der entgegengesetzten Sachverhalte und Argumente zuerst zur Urteilsenthaltung (epochê), dann aber<br />

zur Un<strong>bei</strong>rrtheit (oder inneren Ruhe: <strong>at</strong>araxia) gelangen“.<br />

Pyrrhon selbst h<strong>at</strong>, wie seine geistigen Ahnen, Sokr<strong>at</strong>es, und der Kyniker Diogenes von Sinope, nichts<br />

Schriftliches hinterlassen. Zunächst sei er als Kunstmaler recht erfolglos gewesen, später habe er in<br />

Athen <strong>bei</strong> dem Megariker, Bryson, und vor allem dem Demokriteer, Anaxarchos von Abdera, Philosophie<br />

studiert. Mit diesem zusammen soll er Alexander den Großen auf seinem Indienfeldzug begleitet<br />

haben und dort mit sog. ‚Gymnosophisten‘ (den »nackten Philosophen«) zusammengetroffen sein, die<br />

ihm, neben den Kynikern, das extreme Beispiel der Bedürfnislosigkeit und inneren Unabhängigkeit<br />

von allen gesellschaftlichen Normen und geläufigen Weltauffassungen - fakirhaft - vor Augen geführt<br />

haben könnten. Seit ca. 324 zurückgekehrt nach Elis und zeitweise vielleicht auch in Athen lehrend h<strong>at</strong><br />

er noch gut 40 Jahre die skeptische Lehre aufgebaut und praktiziert und starb, von seinen Mitbürgern

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