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PLAN DER VORLESUNG (1) - Sammelpunkt bei philo.at

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48 Handouts zur Vorlesung: STATIONEN <strong>DER</strong> ANTIKEN PHILOSOPHIE: Buchheim: WS 2000/1<br />

nicht dagegen Aufrechenbare. [...] Als vollkommen also und selbstgenügend scheint die Glückseligkeit,<br />

indem sie das Ziel der Handlungen ist.“<br />

NE II 2. 1103b 26-31:<br />

„Da die gegenwärtige Pragm<strong>at</strong>ie nicht umwillen der Theorie erfolgt wie die anderen (denn nicht, damit<br />

wir wissen, was Tugend sei, stellen wir die Betrachtungen an, sondern damit wir Gute werden, da<br />

sonst kein Vorteil aus ihr erwüchse), ist es notwendig, alles, was mit Handlungen verbunden ist, in<br />

Betrachtung zu ziehen, auf welche Weise sie auszuführen sind. Denn sie sind hauptverantwortlich für<br />

die Qualität der (ethischen) Haltungen (hexeis), wie wir schon betont haben.“<br />

Vgl. auch NE I 1. 1095a 5 f.: „Nicht Erkenntnis, sondern Handlung ist ihr [der Politik] Ziel.“<br />

NE I 6. 1098a 7-12:<br />

„Das Werk (ergon) des Menschen ist Tätigkeit (energeia) der Seele gemäß der R<strong>at</strong>io oder nicht ohne<br />

R<strong>at</strong>io. Weil aber überall das generisch gleiche Werk vom Gewöhnlichen und vom Ausgezeichneten<br />

getan wird [...], gilt, daß das Werk des Menschen eine gewisse Lebendigkeit ist, nämlich die Tätigkeit<br />

der Seele und Handlungen im verein mit R<strong>at</strong>io, wo<strong>bei</strong> dies <strong>bei</strong>m Ausgezeichneten auf gute und schöne<br />

Weise, jedes Gut aber gemäß der ihm eigenen Vortrefflichkeit (Tugend) ausgeführt wird. Wenn aber<br />

so, dann ist das menschliche Gut die Tätigkeit der Seele gemäß der Tugend, und gibt es mehrere<br />

Tugenden, dann gemäß der besten und vollkommensten.“<br />

NE VI 13. 1144a36 - b32 (wie die R<strong>at</strong>io sich zur ‚gewachsenen‘ Tugend verhält):<br />

„Klar ist damit, daß jemand unmöglich im praktischen Sinne r<strong>at</strong>ional (phronimos = »klug«) sein kann,<br />

der nicht gut/tugendhaft ist. Das ist auch umgekehrt für die Tugend zu erwägen. Denn mit der Tugend<br />

verhält es sich ganz ähnlich, wie auch die praktische R<strong>at</strong>ionalität sich zur Scharfsinnigkeit verhält [...]:<br />

so nämlich steht auch die n<strong>at</strong>ürlich gegebene Tugend zu derselben im eigentlichen Sinn. Denn allen<br />

scheint es so, daß die ethischen Charaktere irgendwie von N<strong>at</strong>ur aus gegeben sind (denn sowohl gerecht<br />

als auch besonnen als auf tapfer usf. verhalten wir uns gleich von klein auf). Aber dennoch<br />

suchen wir nach etwas anderem als dem eigentlich Guten und danach, daß dergleichen auf eine andere<br />

Weise gegeben sei. Denn auch Kindern und wilden Tieren kommen die n<strong>at</strong>ürlichen ethischen Haltungen<br />

zu, die jedoch ohne Vernunft offenbar Schaden stiften. Denn soviel scheint einzusehen, daß dies<br />

so ist, wie es einem starken Körper ohne Sehkraft passiert, daß er mit aller Macht in die Irre geht, weil<br />

er nicht sehen kann. Wenn er aber zur Vernunft kommt, dann ragt der Betreffende im Handeln hervor,<br />

und die ethische Haltung ist, obwohl gleich geblieben, dann eigentliche Tugend. Daher sind, wie auch<br />

auf seiten der Mutmaßungsfähigkeit zwei Formen existieren: Scharfsinn und praktische R<strong>at</strong>io, so auch<br />

auf seiten des ethischen Charakters zwei zu unterscheiden: die n<strong>at</strong>ürlich gegebene und die eigentliche<br />

Tugend, und von ihnen kann die eigentliche nicht st<strong>at</strong>tfinden ohne praktische R<strong>at</strong>ionalität. Deswegen<br />

behaupten manche, daß sämtliche Tugenden Arten praktischer R<strong>at</strong>ionalität seien, und Sokr<strong>at</strong>es suchte<br />

in dieser Richtung teils zurecht, teils aber verfehlte er sie: Daß er nämlich alle Tugenden für Formen<br />

praktischer R<strong>at</strong>ionalität hielt, ist verfehlt, daß sie aber nicht ohne praktische R<strong>at</strong>io sind, sagte er richtig.<br />

Indiz dafür ist folgendes: Auch heute bringen alle, wenn sie die Tugend definieren wollen, die ethische<br />

Haltung ins Spiel, indem sie sagen, daß sie auch zu etwas in Rel<strong>at</strong>ion stehe, nämlich daß sie »gemäß<br />

dem richtigen logos« sei. Richtig aber heißt der, der der praktischen R<strong>at</strong>ionalität gemäß ist. Also scheinen<br />

alle irgendwie zu ahnen, daß eine solche ethische Haltung Tugend ist, die sich nach praktischer<br />

R<strong>at</strong>io richtet. Hier bedarf es indessen einer kleinen Abänderung: denn nicht bloß die gemäß dem<br />

rechten logos eingerichtete, sondern die mit )*+,!-. dem rechten logos verbundene<br />

Verfassung ist Tugend. Rechter logos <strong>bei</strong> solchen Dingen aber ist die Klugheit. Sokr<strong>at</strong>es dachte, die<br />

Tugenden seien dergleichen logoi selbst (denn alle seien Wissenschaften), wir hingegen halten dafür,<br />

daß sie mit logos verbunden sind. Aus dem Gesagten ist somit klar, daß es nicht möglich ist, im<br />

eigentlichen Sinne gut/tugendhaft zu sein ohne praktische R<strong>at</strong>ionalität, aber auch nicht praktisch<br />

r<strong>at</strong>ional ohne ethische Tugend.<br />

Lit.:

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