PLAN DER VORLESUNG (1) - Sammelpunkt bei philo.at
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39 Handouts zur Vorlesung: STATIONEN <strong>DER</strong> ANTIKEN PHILOSOPHIE: Buchheim: WS 2000/1<br />
Guten gewährt, sondern auch das Sein und die Ousia kommt ihnen davon zu, obgleich das Gute nicht<br />
Ousia ist, sondern noch über die Ousia an Ehrwürdigkeit und Kraft hinausragt (epekeina tês ousias).“<br />
Liniengleichnis (509d - 511e):<br />
(509 d) „Geradeso wie <strong>bei</strong> einer entzweigeteilten Linie nimm die ungleichen Abschnitte und zerschneide<br />
jeden Abschnitt wiederum im selben Verhältnis (ana ton auton logon - »Analogie«): sowohl<br />
den des gesehenen Genus von Dingen als auch den des denkend Erfaßten; so werden dir gemäß ihrer<br />
Vergleichbarkeit in der Deutlichkeit (saphêneia) und Undeutlichkeit als der eine Abschnitt im Sichtbaren<br />
die Bilder gegeben. Unter den Bildern verstehe ich zunächst die Sch<strong>at</strong>ten, dann die Spiegelbilder<br />
in Gewässern und in dem, was von dichter, gl<strong>at</strong>ter und glänzender Konstitution ist, und alles derartige.<br />
[...] Als den anderen Abschnitt setze das, dem dieses gleicht, also die Lebewesen um uns, alle<br />
Pflanzen und das gesamte Genus der Gerätschaften. -- So setze ich es. -- Bist du auch einverstanden<br />
damit zu sagen, daß sich in Punkto Wahrheit und deren Gegenteil das, worauf sich Meinung bezieht,<br />
zum Erkennbaren so verhält wie das Verglichene zu dem, wodurch es verglichen wird [= Bild]? --<br />
Unbedingt.<br />
(510 b) Betrachte nun auch den Abschnitt des denkend zu Erfassenden, wie er zu teilen ist. [...] So<br />
nämlich, daß die Seele in dem einen Teil von ihm, indem sie die damals [im Sichtbaren] nachgeahmten<br />
Dinge als Bilder gebraucht, gezwungen wird, aus Voraussetzungen her zu forschen: nicht zum<br />
Anfang fortschreitend, sondern vielmehr zum Ende. Den anderen Teil hingegen, wo sie aus einer Voraussetzung<br />
zum unhypothetischen Anfang geht und, ohne alle Bilder in jenem Teil, mit den Ideen<br />
selbst und durch dieselben hindurch ihren Weg (methodos) beschreibt. [...]<br />
(510 c) Ich nehme an du weißt, daß die, die sich mit Geometrie und Schlußfolgerungen und solchen<br />
Dingen befassen, Voraussetzungen machen: etwa das Ungerade und Gerade und die Figuren und die<br />
drei Winkelformen und anderes damit Verwandtes je nach Vorhaben; so als wüßten sie um dieses<br />
Dinge, machen sie sie zu Voraussetzungen, und fangen so an (ohne daß sie es noch für der Mühe wert<br />
halten, sich und anderen davon Rechenschaft zu geben, gleich als wären sie für jedermann offenbar),<br />
aus ihnen heraus schon das Übrige durchzugehen und in Einklang damit zu dem Ende zu gelangen, auf<br />
dessen Betrachtung sie ausgingen. [...]<br />
(510 d) Auch daß die M<strong>at</strong>hem<strong>at</strong>iker sichtbare Formen (eidê) hinzuverwenden, weißt du, und anhand<br />
ihrer die Argumente formulieren, obwohl ihre Reflexionen gar nicht sie betreffen, sondern jene, denen<br />
sie gleichen; denn ihre Argumente betreffen das Rechteck selbst oder die Diagonale selbst, nicht die,<br />
die sie gezeichnet haben, und in allem anderen genauso: eben das, was sie formen und zeichnen, worunter<br />
auch die Sch<strong>at</strong>ten und Bilder in Gewässern zählen, das verwenden sie als Bilder, während sie<br />
jene Dinge selbst in den Blick zu fassen suchen, die man nicht anders als durch die Reflexion erblicken<br />
kann. [...]<br />
(511 a) Diese Sorte ist nun zwar auch denkend Erfaßbares, aber die Seele ist gezwungen, Hypothesen<br />
für ihre Untersuchung zu gebrauchen; sie geht nicht zum Anfang, als könne sie nicht über die Hypothese<br />
hinaus höhersteigen, sondern benutzt eben die Dinge als Bilder, die von den unteren abgebildet<br />
wurden und die im Vergleich mit ihnen als besonders klar vermeint und in Ehren gehalten wurden.<br />
(511 b) Fasse nun auch, daß ich mit dem anderen Teil des Denkbereichs dasjenige meine, was der<br />
logos selbst durch seine Fähigkeit zur Dialektik berührt, indem er die Hypothesen nicht zu Prinzipien<br />
macht, sondern in der T<strong>at</strong> zu Hypothesen, gleichsam zu Trittstufen und Aufbruchspunkten, um bis zum<br />
Unhypothetischen auf den Anfang des Alls zuzugehen und nach seiner Berührung wieder zurück im<br />
Anhalt an das, was jenem zunächst ist, bis hin zum Ende hinabzusteigen, da<strong>bei</strong> nirgends ein sinnlich<br />
Wahrnehmbares gebraucht, sondern um mit Ideen, durch sie und zu ihnen auch in Ideen zum Ende zu<br />
gelangen.<br />
(511 d) Fasse dies so auf, daß für die vier Abschnitte folgende vier Ereignisse in der Seele<br />
vorkommen: [reines] Denken (noêsis) für den obersten, Reflexion (dianoia) für den zweiten; dem<br />
dritten aber teile das Fürwahrhalten (pistis) zu und dem letzten das im-Bilde-Haben (eikasia), und