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ihrer Arbeiten an dem Ort zu diskutieren, <strong>für</strong><br />
den sie entstanden. Die Aufteilung des Raumes<br />
bzw. die Platzierung der einzelnen Positionen<br />
im Ausstellungsbereich blieb ein wesentlicher<br />
Teil der Planungen. Dazu musste der Raum<br />
zunächst entdeckt, erforscht, erschlossen<br />
werden, um <strong>für</strong> die beste Präsentation jeder<br />
Arbeit wichtige Bedingungen wie das richtige<br />
Licht, das benötigte technische Equipment,<br />
die Beschaffenheit der Wände, des Bodens,<br />
den erforderlichen Abstand zu den anderen<br />
Arbeiten und weitere optische Irritationen wie<br />
Feuerlöscher, Steckdosen, Versorgungsrohre<br />
etc. bereits während des Entstehungsprozesses<br />
zu erörtern. (Zugegebenermaßen ist<br />
manches im Vorfeld schwierig zu bestimmen;<br />
einige Faktoren ließen sich erst während des<br />
Aufbaus angemessen berücksichtigen.)<br />
Inhaltlich beschäftigte sich die Ausstellung mit<br />
der Frage, welchen Stellenwert heute ästhetische<br />
Überlegungen im Zusammenhang konzeptueller<br />
ortspezifischer Strategien innerhalb<br />
einer jungen Künstlergeneration besitzen.<br />
Skulptural wie auch performativ übersetzten<br />
die Künstler die vorhandenen Strukturen in<br />
andere Formen und führten sie weiter, um der<br />
Organisation des Raumes bzw. Ortes konzeptuell<br />
wie perzeptiv eine neue Struktur zu<br />
geben. Neue Spuren wurden gelegt und weiter<br />
getragen, bereits vorhandene Spuren sichtbar<br />
gemacht.<br />
Neben räumlichen Faktoren und bauphysikalischen<br />
Parametern (Temperatur, Absorptions-<br />
und Reflektionsvermögen, haptische<br />
Effekte der Oberflächenbeschaffenheit, Farbgebung,<br />
Muster, Zersetzung etc.) wird der<br />
messbare Raum durch den Faktor Mensch<br />
selbst sehr unterschiedlich interpretiert und<br />
wahrgenommen. ‚Raum’ wurde in den gezeigten<br />
Arbeiten sowohl als motion im physischen<br />
Sinne wie auch als emotion in seiner psychologischen<br />
Bedeutung angesprochen und<br />
vielschichtig auf einer breiten Palette künstlerischer<br />
Spielarten vermittelt.<br />
„(…) the idea that a work has been created<br />
for a particular place whose conditions determine<br />
the way to conceive and produce the<br />
skulpture which, in turn, redefines the site<br />
itself.“ (E.J. Izquierdo, „Specific Sites“, in:<br />
Barcelona, Ausst.kat, Barcelona 1996, S. 69).<br />
So steht der skulpturale Aspekt der Ortsbezogenheit<br />
in einem engen Zusammenhang mit<br />
den Maßverhältnissen eines plastischen Objekts<br />
oder einer Installation zu ihrer Umgebung.<br />
Maßstab, Größe und Position eines ortsspezifischen<br />
Werkes werden von der Topographie<br />
seines Standorts bestimmt. Der Ortsbezug der<br />
Arbeiten in einem temporären Ausstellungskontext<br />
bringt zudem den Faktor der Vergänglichkeit<br />
mit in die Arbeiten ein: Sie wurden <strong>für</strong><br />
einen bestimmten Ort geschaffen und können<br />
nur dort „richtig“ funktionieren.<br />
Der Großteil der Arbeiten ist daher per definitionem<br />
flüchtig: Am Abend der Eröffnung führte<br />
Funda Gül Özcan eine Performance durch,<br />
deren zurückbleibende Spuren als eigene Installation<br />
während der Dauer der Ausstellung<br />
bestehen blieben und sich teilweise im Raum<br />
verteilten. Florian Lechner arbeitete installativ.<br />
Er sammelte kleinteilige Reste, Staub, Fussel<br />
etc. als Spuren der Menschen, die in den<br />
Ateliers und Büros der Platform3 arbeiten, um<br />
sie skulptural in ein Objekt zu binden, das<br />
thematisch die Besetzung und Nutzung spezieller<br />
<strong>Räume</strong> aufnimmt. Karen Ernst erfuhr<br />
die Wahrnehmung ihrer selbst in einer Sprungbewegung,<br />
die im Verhältnis und in Abhängigkeit<br />
zu einer Wand als Zeichnung auf dieser<br />
sichtbar dokumentiert wurde. Johannes<br />
Brechter bediente sich eines metallenen readymades,<br />
das er – seiner ursprünglichen Funktion<br />
beraubt – im Kontext der Ausstellung als<br />
plastisches Raumobjekt mit seinen eigenen<br />
ästhetischen reflektorischen sowie haptischen<br />
Eigenschaften thematisierte. Daneben spielte<br />
er in seinen Überklebungen, die sich zwischen<br />
zweidimensionalem Bild und Relief bewegen,<br />
mit der Dekonstruktion von Schrift und Bildern,<br />
um die zahlreichen sinn- und funktionszuweisenden<br />
„Codes“ unserer alltäglichen Umgebung<br />
aufzubrechen. Johannes Evers abstrahiert<br />
auf humorvolle Weise die gegen Ende<br />
des 18. Jahrhunderts in Mode gekommene<br />
Darstellung von kunsthistorisch bedeutsamen<br />
Werken der Malerei und Plastik, der tableaux<br />
vivants (frz. „lebende Bilder“), und übersetzt<br />
sie in das <strong>zeitgenössische</strong> Medium des Videos.<br />
Für die Ausstellung verarbeitete Evers das