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PLATFORM3 - Räume für zeitgenössische Kunst - 2009

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Einbettung von Information durch ihre Materialität<br />

setzt sich der Künstler, Autor und Verleger<br />

Nikolai Vogel (*1971, Deutschland) auseinander.<br />

Sein Text Große ungeordnete Aufzählung wird<br />

laufend verändert, fortgeschrieben und an verschiedenen<br />

Orten temporär und immer nur in<br />

Ausschnitten installiert. Dabei nutzt er verschiedenste<br />

Medienformate, deren Zeitanfälligkeit<br />

den Textfluss bedingen. Geräte und Materialien,<br />

mit denen archiviert wird, sind selbst<br />

dazu bestimmt, museal zu werden und so verschmilzt<br />

das archivierte Textmaterial mit dem<br />

Archivierungswerkzeug. Die Große ungeordnete<br />

Aufzählung ist eine sich immer wieder verlierende<br />

und neu findende Weltbestandsaufnahme<br />

in Details, changierend zwischen Subjekt und<br />

Objekt, Lyrik und Prosa, Literatur und Skulptur,<br />

Original und Kopie.<br />

Die Verschränkung verschiedener Realitätsund<br />

Zeitebenen haben die Arbeiten von Nina<br />

Fischer & Maroan el Sani, Xavier Krilyk und<br />

Annegret Bleisteiner zum Thema. Fischer (*1965,<br />

Deutschland/Japan) & el Sani (*1966, Deutschland/Japan)<br />

richten in ihrer Arbeit den Blick auf<br />

die kulturellen, sozialen, politischen und wirtschaftlichen<br />

Hintergründe von Orten und auf<br />

subjektive Strategien der Verarbeitung von<br />

Geschichte. Für den Betrachter vermischen sich<br />

dabei oftmals Realität und Fiktion zu komplexen<br />

Überlagerungen von individueller und kollektiver<br />

Erinnerung. Die Fotoarbeit L’Avventura<br />

senza Fine und die dazugehörige filmische Dokumentation<br />

La Scomparsa ist eine Hommage<br />

an den 1960 von Michelangelo Antonioni gedrehten<br />

Film L’Avventura. Hier verschwindet bei<br />

einem Yachtausflug auf die äolische Insel Lisca<br />

Bianca eine der Protagonistinnen. Nach dieser<br />

fiktiven Figur sucht das Künstlerduo in der<br />

Realität mit einer Plakat-Aktion und einer Befragung<br />

der Fischer und anliegenden Bewohner.<br />

In Krilyks (*1966, Frankreich/ Deutschland)<br />

Arbeit Lascauxcrash vermischen sich unser<br />

alltägliches Leben und mythische Welten der<br />

Frühgeschichte. In einem David-Lynch-artigen<br />

Szenario begegnen dem Betrachter auf einer<br />

virtuellen Fahrt durch die Nacht die Wandmalereien<br />

aus den Höhlen von Lascaux wie Flashbacks<br />

aus einer archaischen Zeit. Auch in<br />

Bleisteiners (*1968, Deutschland) Videoinstallation<br />

Polares Experiment verschwimmen unterschiedliche<br />

Zeitebenen. Die zerfaserte Gleichzeitigkeit<br />

der individuellen Gegenwart wird<br />

nicht zuletzt durch Orte wie das Salzbergwerk<br />

in Bad Reichenhall vergegenständlicht.<br />

Der filmische Essay 1958 von Ghassan<br />

Salhab (*1958, Senegal/ Libanon) verbindet auf<br />

eindrückliche Weise autobiographische Geschichte<br />

mit der politischen Geschichte des<br />

Libanons. Das Jahr 1958 markiert die zwei zentralen<br />

Ereignisse dieses Filmes: Die Geburt<br />

des Regisseurs in Dakar und den Anfang einer<br />

langen Serie von militärischen Konflikten im<br />

Libanon. Der filmische Essay zeichnet sich<br />

durch die Überschneidungen zwischen biographischer<br />

Erzählung und Interviews sowie zeitgeschichtlichem<br />

Material aus und thematisiert<br />

Exil, Kolonisierung, libanesische Geschichte<br />

und linguistische Differenz.<br />

Die Videoessays Contained Mobility von<br />

Ursula Biemann (*1955, Schweiz) und Sudeuropa<br />

von Raphael Cuomo (*1977) und Maria Iorio<br />

(*1975) widmen sich Aspekten der Migrationspolitik<br />

in Europa. Contained Mobility analysiert<br />

die aktuellen Bedingungen der sich ständig<br />

ändernden Gesetzgebungen zur Mobilität<br />

in Europa. Die Arbeit fokussiert dabei die hoch<br />

entwickelten Methoden und Technologien,<br />

die sich an allen beteiligten Fronten etabliert<br />

haben: auf Seiten der autorisierten Behörden,<br />

Menschen- und Gütertransport zu regulieren,<br />

auf Seiten der Passagiere, Beschränkungen<br />

zu umgehen, um Bewegungsfreiheit und Sicherheit<br />

zu erlangen. In der Arbeit Sudeuropa<br />

werden die Auswirkungen italienischer und<br />

europäischer Migrationspolitik auf der Insel<br />

Lampedusa portraitiert.<br />

Mit dem spezifischen Kontext des Raumes<br />

des karibischen Meeres befassen sich Carolina<br />

Caycedo (*1978, UK / Puerto Rico) und Marcos<br />

Lora Read (*1965, Dominikanische Republik).<br />

Caycedos Installation In Case of Emergency<br />

setzt sich aus zehn Macheten zusammen. Auf<br />

den roten Messerblättern sind die Namen aller<br />

bewaffneter, linksgerichteter Guerilla-Gruppen<br />

geordnet nach ihren lateinamerikanischen<br />

und karibischen Ursprungsländern eingraviert.<br />

Wie eine Flotte subversiver Geschichte nehmen<br />

sie den Ausstellungsraum ein. Die skulpturale<br />

Installation von Lora Read hingegen erinnert<br />

gleichermaßen an ein U-Boot wie an einen

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