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Rhythmen und Missklängen. Der Betrachter<br />
wählt die verschiedenen „Stories“ durch zufälligen<br />
Tritt auf die am Boden liegenden<br />
Kontaktmatten aus und steuert dabei selbst<br />
Kluges künstliche Welt.<br />
Der Betrachter, der sein Werk selbst erzeugt,<br />
ist fast schon notwendige Voraussetzung<br />
des modernen Erlebens und Erfahrens. Ein<br />
Künstler tritt auf, ein Werk wird gezeigt und<br />
der Betrachter zückt seine Kamera und stellt<br />
das Erlebte ins globale Netz. Ein „Ich war auch<br />
dabei" scheint wichtiger zu sein als das Ereignis<br />
selbst. Der französische Präsident Sarkozy<br />
präsentierte am 9. November <strong>2009</strong> ein Bild<br />
von sich, wie er vor 20 Jahren ein Stück aus der<br />
Berliner Mauer klopfte, auf Facebook. Eitelkeit<br />
und Selbstdarstellung, die Ikonisierung der<br />
eigenen Person, der der <strong>Kunst</strong> innewohnende<br />
Widerstand gegen die eigene Vergänglichkeit<br />
wird in den Arbeiten der Künstlergruppe Vvork<br />
aufgegriffen: Oliver Laric schneidet in 50/50<br />
aus 50 youtube Videos, die einen Song des<br />
US-Rappers 50 Cent interpretieren, ein neues<br />
Gesamtwerk zusammen, bei welchem der Song<br />
in Echtzeit durchläuft. Petra Cortright inszeniert<br />
sich in Webcam selbst. Georg Schnitzer<br />
und Peter Umgeher nehmen den Betrachter<br />
mit auf eine virtuelle Tour durch dreidimensionale<br />
Modelle ausgewählter Arbeiten von<br />
Cindy Sherman, Wolfgang Tillmans und Jeff Wall.<br />
Die Bilder wurden mit 3D-Modellen aus dem<br />
freien Online-Archiv Google 3D Warehouse<br />
nachgebaut.<br />
Ein drittes Anliegen von Doing boundless<br />
ist dann doch wieder die viel diskutierte Aussage<br />
der <strong>Kunst</strong>. Kann und darf <strong>Kunst</strong> politisch<br />
sein? Die Generation der jungen Künstler<br />
wird als zunehmend unpolitisch, ohne Aussage<br />
und in der medialen Vielfalt und Präsenz<br />
als nicht greifbar beschrieben. Konnten die<br />
Künstler der neunziger Jahre und angehenden<br />
Nullerjahre noch mit Schock und Ekel Aufsehen<br />
erregen, so treffen sie heute auf Empfänger,<br />
die schon alles gesehen haben wollen und<br />
ihre individuelle Rettung im Pseudoreligiösen<br />
suchen. Doing boundless greift diese Fragestellung<br />
mit der Arbeit der Künstlergruppe<br />
HORT aus Berlin auf. Die Typografie von Stop<br />
erinnert an Jazz Plattencover und verweist<br />
somit auch auf die Ära seiner Entstehung, das<br />
Jazz Age, jene Periode des 20. Jahrhunderts,<br />
in der schon einmal eine übersättigte „Lost<br />
generation“/jeunesse dorée ihrem Müßiggang<br />
frönte und dem Wahn immerwährender Jugend<br />
verfallen war, während draußen ein große<br />
Krise wütete. In dieser Hinsicht gehört auch<br />
die gegenwärtige Generation der jungen<br />
Kreativen zu den „Schönen und Verdammten“.<br />
Satirisch setzen sich die Grafiker Simon<br />
Herkner und Felix Müthe in einer Rauminstallation<br />
mit den neuen selbsternannten Heilsbringern<br />
auseinander, die einen in ein Zelt<br />
locken, in welchem man mit Kabala-Klängen<br />
eingelullt wird: Fahrstuhlmusik <strong>für</strong> eine Generation,<br />
die auf dem Weg nach oben etwas<br />
Spirituelles benötigt, das leicht verdaulich ist.<br />
Werkliste Doing boundless<br />
Stop, <strong>2009</strong> | Hort | Gelasertes 8 mm MDF, lackiert. | 160 x 120 x 30 cm<br />
Psycho Magic Edition, 2008 | Illustrationen und Music<br />
ArtworkThe Smalpaze aka Thomas Kartsolis und Mirko Borsche<br />
3D2Real, 2008 | ILEK (Institut <strong>für</strong> Leichtbau und Entwerfen) |<br />
Benjamin Engelhardt, Fred Ernst, Kadri Kaldam, Sebastian Lippert,<br />
Christian Seelbach | Leitung Werner Sobek | Raumarchitektur<br />
bestehend aus MDF Platten<br />
I will not share you, <strong>2009</strong> | Ayzit Bostan (ein Film von Mahret Kupka)<br />
Concrete Air, 2002 | Daniel Kluge | Rauminstallation<br />
My Band, 2002 | Daniel Kluge | Klanginstallation<br />
Sharp focus, stress relief, motivate, business success,<br />
anger management, <strong>2009</strong> | Felix Müthe und Simon Herkner |<br />
Rauminstallation<br />
VVORK: Anhedonia, 2007 | 90 min video | Aleksandra Domanovic<br />
vvebcam, 2007, 1.40 min video | Petra Cotright<br />
“50 50”, 2007 | video | Oliver Laric<br />
3D Animation, <strong>2009</strong> | Peter Umgeher und Georg Schnitzer<br />
(Eine Serie virtueller Touren durch drei-dimensionale Modelle<br />
ausgewählter Arbeiten von Cindy Sherman, Wolfgang Tillmans<br />
und Jeff Wall. Die Bilder wurden mit 3D-Modelle aus dem freien<br />
Online-Archiv Google 3D Warehouse nachgebaut)<br />
48° 05’ 43.38” N, 11° 31’ 32.31” E, Height 1819ft, <strong>2009</strong> |<br />
Christoph Priglinger | Installation