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PLATFORM3 - Räume für zeitgenössische Kunst - 2009

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überprüft das westliche Bild einer afghanischen<br />

Frau und zeigt in ihrer Arbeit Blaue Figur, dass<br />

wir in der Regel nur eine blaue Burka sehen,<br />

eine unterdrückte und verschleierte Frau ohne<br />

Geschichte, Gesicht und einen Namen. Sie<br />

übermalt drei verschieden große russische<br />

Holzpuppen, sogenannte Matroschkas, mit<br />

blauer Farbe und präsentiert diese auf drei<br />

einzelnen Podesten isoliert voneinander. Die<br />

niedlichen Puppen verwandeln sich dadurch<br />

in eine Hülle und symbolisieren auch das in<br />

unseren Köpfen vorhandene Bild über afghanische<br />

Frauen. Kritische Stellung nimmt auch<br />

die Arbeit Madonna mit Kind von Rabi Georges.<br />

Eine mit schwarzem Stoff bedeckte Person,<br />

in diesem Fall der Künstler selbst, hält in seinen<br />

Armen ein nacktes Baby und versucht es zu<br />

nähren. Die entblößte Brust, die das Baby<br />

streichelt, ist enthäutet, besteht aus Fleisch<br />

und Fett und symbolisiert die unter dem<br />

schwarzen Stoff versteckte verletzte Weiblichkeit,<br />

die durch die Nahrung direkt an die nachfolgende<br />

Generation weitergegeben wird.<br />

Von Rabi Georges waren außerdem drei Arbeiten<br />

aus der Serie Beyond the knives zu sehen.<br />

Die Derwisch-Performance Manchmal schlafe<br />

ich tief wirkte besonders stark unter der Kuppel<br />

der Theatinerkirche, während seine zweite<br />

Performance, in welcher der Künstler mit verschlossenen<br />

Augen die Umgebung erfasste,<br />

allen Anwesenden bei der Eröffnung der Ausstellung<br />

Belief Unlimited in der Platform3 den<br />

Atem stocken ließ. Mit ähnlicher Intensität<br />

wirkten auch die Arbeiten von Tom Schmelzer.<br />

Mit der Installation Homo bulla or the sacred<br />

baboon reagiert der Künstler auf das Statement<br />

des Bischofs von Cantenbury aus dem Jahr<br />

2008 zu Darwins Evolutionstheorie. In seiner<br />

zweiten Installation Forget-me-not, einem<br />

mit einem Penis als Trinkhalm versehenen<br />

liturgischen Becher, verweist Tom Schmelzer<br />

auf die unzähligen Opfer sexuellen Missbrauchs<br />

in der katholischen Kirche der Vereinigten<br />

Staaten – ein Thema, das gerade auch<br />

in Europa immer wieder <strong>für</strong> Aufsehen sorgt. In<br />

der Installation All understood, nil figured out<br />

wird auf den größten Pornomarkt in den USA<br />

verwiesen, und in der Installation Cold turkey<br />

“thanksgiving” auf die miserablen Zustände<br />

der ungleichmäßig verteilten landwirtschaft-<br />

lichen Nutzung, die zur Folge hat, dass täglich<br />

100.000 Menschen unnötig an Hunger sterben.<br />

Responsibility to protect or to whom it may<br />

concern arbeitet mit der UNO-Resolution aus<br />

dem Jahr 2005, die die Verbrechen gegen die<br />

Menschlichkeit anprangert und die Verantwortung<br />

betont, die Menschen vor Verbrechen<br />

zu schützen. Eine weiße Öltonne mit vergoldeten<br />

Jesusfiguren ist in dieser Installation auf<br />

einer <strong>für</strong> den Frieden stehenden mit Olivenzweigen<br />

versehenen Palette platziert, während<br />

im Inneren der Tonne das schwarze Gold, das<br />

Erdöl, blubbert. Die Anklage des Künstlers,<br />

dass die Schutzmaßnahmen erst in Kraft treten,<br />

wenn weiße Bevölkerung, Christen, Öl oder<br />

Erdgas betroffen sind, kritisiert den politischen<br />

Missbrauch der Religionen, um Interventionen<br />

zu legitimieren. Der Veränderungszustand der<br />

Religionen wird symbolisch auch im Video<br />

Transformation von Gisbert Stach gezeigt. Ein<br />

silbernes mit Edelsteinen versehenes Kreuz<br />

löst sich darin in einer Säure auf und verändert<br />

seinen festen Zustand in einen flüssigen. Uwe<br />

Möller transformiert ein klassisches Kruzifix,<br />

indem er ihm Flügel verleiht, während uns<br />

Harald Siemsen mit seiner dramatischen Installation<br />

pendecho jose einen Einblick in die<br />

spanische Semana Santa gewährt.<br />

Einblicke in asiatische Glaubenswelten<br />

gewähren uns Moskitosbeschwörung, Ronald,<br />

Tatoo und X-Mas, vier fotografische Arbeiten<br />

von Christian Weiß. In die asiatischen Praktiken<br />

entführt uns auch Isi Kunath mit ihrer Installation<br />

To all decendents without relatives, die<br />

speziell <strong>für</strong> die Ausstellung entworfen wurde.<br />

In Schanghai entdeckte die Künstlerin eine<br />

Werkstatt, in der Alltagsgegenstände aus<br />

Papier hergestellt wurden, die an Ghostdays<br />

verbrannt werden. Wie es die Tradition dort<br />

vorschreibt, fertigte auch Kunath eine Gabe<br />

<strong>für</strong> alle Verstorbenen ohne Angehörige; eine<br />

Installation von einem Haus umgeben von<br />

einem friedvollen Garten. Diese Arbeit wurde<br />

nach dem Ende der ersten Belief Unlimited<br />

Ausstellung im Juli <strong>2009</strong> verbrannt. In ihrer<br />

fotografischen Arbeit Holy Innocents geht die<br />

Künstlerin in ihre Kindheit zurück und ihre<br />

Projekte <strong>2009</strong> | Belief Unlimited<br />

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