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Neue Ungleichheit und politische Repräsentation - Universität Trier

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2.3 Die Ebene <strong>politische</strong>r Repräsentation: Von der Parteien- zur Publikumsdemokratie<br />

Die sozialwissenschaftliche Literatur diskutiert die Schwierigkeiten der von der neuen<br />

<strong>Ungleichheit</strong>sstruktur benachteiligten Gruppen, ihre Interessen durchzusetzen, vor allem in<br />

zweierlei Hinsicht: Zum einen scheint fraglich, ob die von Franz Walter im obigen Zitat als<br />

neue Klasse ohne wahrgenommene Kollektivität <strong>und</strong> Gegenideologie charakterisierten<br />

Gruppen (Walter 2011: 14) aufgr<strong>und</strong> ihrer Lage noch die Fähigkeiten <strong>und</strong> Ressourcen besitzen,<br />

sich effektiv zu organisieren <strong>und</strong> vernehmbar zu artikulieren. Zum anderen wird, von<br />

Emil Durkheims Begriff der „organischen Solidarität“ ausgehend, bezweifelt, dass die Gesellschaft<br />

gegenüber Gruppen, die allenfalls noch marginal in die wechselseitige Abhängigkeit<br />

arbeitsteiliger Industriegesellschaften eingeb<strong>und</strong>en sind, bereit <strong>und</strong> fähig ist, entsprechende<br />

Solidaritätsleistungen zu erbringen (Hofmann 2009: 319). Beide Fragen sind jedoch allein aus<br />

gesellschaftlicher Perspektive, ohne Berücksichtigung der Ebene der <strong>politische</strong>n Repräsentation<br />

nicht zu beantworten. In einer Demokratie müssen Solidaritätsleistungen im <strong>politische</strong>n<br />

Wettbewerb gefordert, in Bezug auf eine Vorstellung vom Allgemeinwohl argumentativ<br />

begründet <strong>und</strong> durch Mehrheitsentscheidungen legitimiert werden. Ob <strong>und</strong> wie das gelingen<br />

kann, hängt deshalb nicht nur von gesellschaftlichen Faktoren wie der Organisationsfähigkeit<br />

der fordernden Gruppe oder den gesellschaftlich dominierenden Wertvorstellungen ab,<br />

sondern von der Struktur <strong>und</strong> Funktionsweise des <strong>politische</strong>n Systems, insbesondere von den<br />

Repräsentationsbeziehungen zwischen den miteinander konkurrierenden Parteien <strong>und</strong> den von<br />

ihnen repräsentierten Bürgern.<br />

In diesem Zusammenhang diskutiert die politikwissenschaftliche Literatur seit geraumer Zeit<br />

über eine Krise der <strong>politische</strong>n Repräsentation. Dies geschieht überwiegend aus der Perspektive<br />

der betroffenen Parteien oder aber unter legitimatorischer <strong>und</strong> demokratietheoretischer<br />

Perspektive als Krise oder gar Ende der Demokratie. Für den ersten Zugang stehen zahlreiche<br />

Veröffentlichungen, die sich mit dem Niedergang der großen Volksparteien beschäftigen <strong>und</strong><br />

diesen entweder auf die Erosion der sie ursprünglich tragenden sozio-kulturellen Milieus<br />

zurückführen, oder aber auf die Entfernung der <strong>politische</strong>n Eliten von den im Kern weiterhin<br />

bestehenden Milieus. 6 Der zweite Diskussionsstrang, der besonders einflussreich von Colin<br />

Crouchs These der „Postdemokratie“ vertreten wird, stellt in gesellschaftskritischer Absicht<br />

den Niedergang der Parteien in einen breiteren, durch Vermarktlichung <strong>und</strong> zunehmende<br />

gesellschaftliche <strong>Ungleichheit</strong> gekennzeichneten Kontext <strong>und</strong> diagnostiziert das Ende oder<br />

zumindest den weitgehenden Verlust der ökonomischen, sozial-strukturellen, medialen oder<br />

6 Zur Kontroverse zwischen der Erosions- <strong>und</strong> der Enttäuschungsthese vgl. Thaa 2011.<br />

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