Neue Ungleichheit und politische Repräsentation - Universität Trier
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Diese Veränderungen lassen sich durch Sighard Neckels Studie zur „Erfolgskultur der Marktgesellschaft“<br />
weiter erhellen (Neckel 2008). Neckel bezieht sich auf eine aus den 50er Jahren<br />
stammende Untersuchung von Heinrich Popitz <strong>und</strong> Hans Paul Bahrdt zum „Gesellschaftsbild<br />
des Arbeiters“ (Popitz/Bahrdt u.a. 1957), die ein dichotomisches, klar zwischen oben <strong>und</strong><br />
unten trennendes Gesellschaftsbild der Arbeiterschaft insgesamt feststellt, dies jedoch durch<br />
zwei weitere Gr<strong>und</strong>züge charakterisiert: durch ein starkes Kollektivgefühl sowie durch ein<br />
ausgeprägtes Leistungsbewusstsein, d.h. die Selbstwahrnehmung als die eigentlich produktive,<br />
gesellschaftlich nützliche Klasse. Da in der Körperlichkeit der Arbeit der sinnfälligste<br />
Ausdruck gesellschaftlicher Nützlichkeit gesehen wurde, hatten auch Geringqualifizierte die<br />
Möglichkeit, „sich selbst als Teil der großen <strong>und</strong> bedeutsamen Arbeiterklasse zu verstehen“<br />
(Neckel 2008: 188). Nach Neckel löst sich dieses Gesellschafts- <strong>und</strong> Selbstbild seit den späten<br />
60er Jahren zunächst zugunsten einer „symbolischen Zentrierung auf die mittleren Schichten“<br />
auf (Neckel 2008: 190), um in jüngerer Vergangenheit wiederum von einem dichotomischen,<br />
nun aber zwischen „Verlierern“ <strong>und</strong> „Gewinnern“ unterscheidenden Gesellschaftsbild abgelöst<br />
zu werden (Neckel 2008: 191).<br />
Von einem ganz anderen theoretischen Ausgangspunkt, nämlich Durkheims „organischer<br />
Solidarität“ <strong>und</strong> einem von Simmel inspirierten, auf wechselseitige soziale Beziehungen<br />
gerichteten Armutsbegriff, kommt Serge Paugam zu einer Periodisierung der Geschichte der<br />
Armut, die Ähnlichkeiten mit derjenigen Neckels aufweist. Paugam unterscheidet die Idealtypen<br />
integrierter, marginalisierter <strong>und</strong> disqualifizierender Armut. Im ersten, in Gesellschaften<br />
mit schwacher ökonomischer Entwicklung dominierenden Fall, sei Armut ein Massenphänomen,<br />
die Armen nicht allzu stigmatisiert <strong>und</strong> der Umgang mit ihnen durch stark ausgeprägte<br />
Formen familialer <strong>und</strong> gesellschaftlicher Solidarität geprägt. Marginalisierte Armut sei<br />
typisch für entwickelte wohlfahrtsstaatliche Industriegesellschaften. Die Armen sind zu einer<br />
Randgruppe geworden, um die sich eine ausgebaute Sozialbürokratie kümmert. Die gesellschafts<strong>politische</strong><br />
Debatte kreist weniger um das Randphänomen Armut, das angesichts des<br />
wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Fortschritts für gr<strong>und</strong>sätzlich überwindbar gehalten wird, als um<br />
allgemeine Verteilungsfragen. Die diskriminierende Armut schließlich ist typisch für postindustrielle<br />
Gesellschaften mit hoher Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> prekären Beschäftigungsverhältnissen.<br />
Sie sei eher ein Problem der Ausgrenzung als der materiellen Armut. Sie führe bei<br />
Betroffenen zu einem Gefühl sozialer Entwertung <strong>und</strong> bedrohe den Zusammenhalt der Gesellschaft<br />
als ganze (Paugam 2008: 112-118).<br />
Die Ablösung der Klassenspaltung durch eine zwischen „Gewinnern“ <strong>und</strong> „Verlierern“ findet<br />
Ausdruck in einem breiten gesellschaftlichen Diskurs zur neuen Unterschicht. Paul Nolte<br />
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