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Neue Ungleichheit und politische Repräsentation - Universität Trier

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lichen <strong>und</strong> sozialen Entwicklungen der letzen Jahrzehnte charakterisierte, ohne in den Mittelschichten<br />

zu drastischen Einkommensverlusten oder gar zu massenhafter Verarmung zu<br />

führen.<br />

Für eine derart verstandene Prekarisierung lassen sich, wenn auch hier nur beispielhaft,<br />

aussagekräftige Indikatoren anführen:<br />

1) Polarisierung der Einkommensverteilung<br />

Blickt man über das Armutsphänomen hinaus auf die Einkommensverteilung, so zeigt sich<br />

eine deutliche Tendenz zur Polarisierung der Einkommen (Goebel/Gornig/Häußermann<br />

2010). Definiert man den mittleren Einkommensbereich durch ein Haushaltseinkommen von<br />

mindestens 70, aber nicht mehr als 150 Prozent des Medianeinkommens, so schrumpft diese<br />

mittlere Gruppe seit 1993 nahezu kontinuierlich. Da nicht nur das obere, sondern auch das<br />

untere Drittel quantitativ zunimmt, verweisen die Zahlen auf reale gesellschaftliche Abstiegserfahrungen,<br />

auch wenn diese in vielen Fällen (noch) nicht zu Einkommens- oder gar<br />

Lebenslagenarmut führen müssen. Die Autoren des DIW-Berichtes stellen jedenfalls fest,<br />

„dass die mittlere Einkommensgruppe, deren Gewicht in der langen Periode seit dem<br />

Zweiten Weltkrieg enorm gestiegen ist, Verlierer der Umschichtungen in der Einkommensverteilung<br />

im letzten Jahrzehnt ist. Aus dieser Gruppe sind einige in die obere<br />

Einkommensgruppe auf- <strong>und</strong> viele in die untere Einkommensgruppe abgestiegen“<br />

(Goebel/Gornig/Häußermann 2010: 7f.).<br />

Hinzu kommt, dass die Reallöhne in Deutschland seit Anfang der 90er Jahre kaum gestiegen<br />

sind <strong>und</strong> zwischen 2004 <strong>und</strong> 2008 trotz eines Konjunkturaufschwungs sogar rückläufig waren<br />

(Brenke 2009; Logeay/Zwiener 2008). Dabei sind keineswegs nur die Löhne der gering<br />

Qualifizierten unter Druck geraten (Brenke 2009: 559). Allerdings ist in Deutschland während<br />

des ersten Jahrzehnts nach 2000 der Niedriglohnbereich im Vergleich zu andern Ländern<br />

besonders stark angestiegen. 30 Der Anteil der Beschäftigten, die sich mit Löhnen begnügen<br />

müssen, die unter der Grenze von zwei Drittel des Medianlohnes liegen, stieg zwischen 2000<br />

<strong>und</strong> 2007 von 12,9 auf 17,5 Prozent. Dabei stieg unter Frauen zwischen 2000 <strong>und</strong> 2006 der<br />

Anteil von 24,8 auf 31 Prozent, bei Männern von 6,3 auf 9,2 (2005) (Eichhorst/Marx/Thode<br />

2010: 32f.).<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> w<strong>und</strong>ert es nicht, wenn im Jahr 2008 immerhin 18% der befragten<br />

Westdeutschen (23,4% der Ostdeutschen) ihre eigene wirtschaftliche Lage als schlecht bzw.<br />

sehr schlecht beurteilten (ALLBUS 2008: 5). Vor allem in der ehemaligen Wohlstandsgesell-<br />

30 Niedriglohn wird definiert als ein Lohn der unter zwei Drittel des Medianlohns liegt. Die Zahl lässt keine<br />

unmittelbaren Schlüsse auf relative Einkommensarmut zu, da für letztere das bedarfsgewichtete Pro-Kopf-<br />

Einkommen pro Haushaltsmitglied maßgeblich ist (vgl. Wingerter 2009: 1094).<br />

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