Neue Ungleichheit und politische Repräsentation - Universität Trier
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ildet dabei insofern eine Ausnahme, als er die Exklusionstendenzen der jüngeren Vergangenheit<br />
als Erosion des Gleichheitspostulats der Demokratie versteht <strong>und</strong>, ähnlich wie später<br />
Colin Crouch (Crouch 2008), vor einer nur mehr formal demokratischen Elitenherrschaft<br />
warnt (Kronauer 2002: 227-238).<br />
Die unter politikwissenschaftlicher Perspektive naheliegende Frage, warum, wenn Prekarisierung<br />
einen bis weit in die Mittelschichten hineinreichenden <strong>und</strong> von Exklusion nur graduell<br />
abzugrenzenden Prozess darstellt, die Betroffenen dennoch politisch kaum repräsentiert sind,<br />
ist damit noch nicht einmal gestellt. Dazu finden sich in der Literatur zwar immer wieder<br />
einzelne indirekte Hinweise auf das Problem der Repräsentierbarkeit - sei es auf die Naturalisierung<br />
von <strong>Ungleichheit</strong> durch eine radikalisierte „Wettbewerbslogik“ (Lessenich/Nullmeier<br />
2006), auf den „disqualifizierenden Charakter“ der neuen Armut (Paugam 2008) oder auf den<br />
„negativen Individualismus (Castel 2000a). Bevor ich darauf zurückkomme <strong>und</strong> diese<br />
Hinweise zu systematisieren versuche, soll jedoch die empirische Basis der Debatte zu Prekarisierung<br />
<strong>und</strong> Ausgrenzung dargestellt werden.<br />
3.2.2 Empirische Bef<strong>und</strong>e<br />
Noch im Jahr 2005, lange nach Einsetzen der sozialwissenschaftlichen Diskussion zu Ausgrenzung<br />
<strong>und</strong> Prekarisierung stellt Petra Böhnke fest, diese verlaufe „weitgehend losgelöst<br />
von empirischer Forschung, die über Verteilungsungleichheiten in Bezug auf ökonomische<br />
Ressourcen hinausgeht“ (Böhnke 2005: 32). Die Dimensionen der sozialen Integration <strong>und</strong><br />
der Partizipation am gesellschaftlichen <strong>und</strong> <strong>politische</strong>n Leben würden in der Regel nur indirekt<br />
erschlossen. Auch wenn in der Zwischenzeit die empirische Seite der Armuts- <strong>und</strong> Prekarisierungsproblematik<br />
mehr Aufmerksamkeit gef<strong>und</strong>en hat, nicht zuletzt durch die bereits im<br />
Titel auf Lebenslagen verweisenden Armuts- <strong>und</strong> Reichtumsberichte der B<strong>und</strong>esregierung<br />
(vgl. etwa B<strong>und</strong>esministerium für Arbeit <strong>und</strong> Soziales 2008), <strong>und</strong> mehrere größere empirische<br />
Arbeiten zum Thema erschienen sind (etwa Böhnke 2006, Neugebauer 2007, Groh-Samberg<br />
2009), so konnten die empirischen Bef<strong>und</strong>e die gr<strong>und</strong>sätzlichen Kontroversen zur Reichweite<br />
<strong>und</strong> zum Charakter der neuen Armut nicht beenden. Ohne diese Debatte insgesamt<br />
aufarbeiten zu können, soll im Folgenden versucht werden, zwei Fragen zu klären, die für<br />
unser Interesse an der Repräsentations- <strong>und</strong> Konfliktfähigkeit der von Armut <strong>und</strong> Exklusion<br />
betroffenen Gruppen besonders bedeutsam scheinen. Dies sind:<br />
a) Lässt sich das Phänomen einer zunehmenden <strong>und</strong> zu kumulierenden Benachteiligungen<br />
führenden Armut empirisch bestätigen?<br />
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