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Neue Ungleichheit und politische Repräsentation - Universität Trier

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die Teilung der Gesellschaft in wenige Lager mit fest umrissenen sozio-ökonomischen<br />

Interessen, Werten <strong>und</strong> Teilkulturen. Jedes dieser Lager bilde eine eigene Gemeinschaft mit<br />

starken Identifikationsbeziehungen. Die Wähler entschieden sich für die Kandidaten einer<br />

Partei, „because they saw them as members of the community to which they belonged themselves”<br />

(Manin 1997: 209). Umgekehrt blieben die Repräsentanten an eine der Politik vorausgehende<br />

Vergemeinschaftung durch sozio-kulturelle Gemeinsamkeiten geb<strong>und</strong>en. Manin<br />

sieht darin eine Grenze der Verselbständigung der Repräsentanten gegenüber ihrer Basis <strong>und</strong><br />

somit eine Annäherung an das demokratische Ideal der Identität von Regierenden <strong>und</strong><br />

Regierten (Manin 1997: 233).<br />

Auch wenn Manin das Maß der gesellschaftlichen Determination der <strong>politische</strong>n Konfliktlinien<br />

gegenüber dem aktiven, diese Konflikte mit konstruierenden Beitrag der <strong>politische</strong>n<br />

Repräsentation überschätzen dürfte 8 , so trifft das von ihm skizzierte Bild doch wichtige<br />

Besonderheiten der repräsentativen Demokratie im wohlfahrtsstaatlichen Kapitalismus. Dazu<br />

gehören die Dominanz der Konfliktlinie Arbeit-Kapital <strong>und</strong> die enge Bindung der Parteien an<br />

sozio-kulturelle Großgruppen, die sich - was Manin nicht thematisiert - auch durch ihre Haltung<br />

zu Armut <strong>und</strong> gesellschaftlicher <strong>Ungleichheit</strong> unterscheiden <strong>und</strong> voneinander abgrenzen.<br />

In allen europäischen Demokratien existierten (<strong>und</strong> existieren noch) im sozialen Umfeld der<br />

großen Parteien starke gesellschaftliche Organisationen <strong>und</strong> spezifische, jeweils zu Traditionen<br />

verfestigte Werte im Umgang mit sozialer <strong>Ungleichheit</strong> <strong>und</strong> Armut. Wichtig in unserem<br />

Zusammenhang scheint darauf bezogen nicht nur, dass durch die enge Bindung von Organisationen<br />

wie der Caritas oder der Arbeiterwohlfahrt an die entsprechenden Parteien Kanäle<br />

existierten, über die schwache Interessen <strong>politische</strong> Berücksichtigung finden konnten (dazu<br />

etwa Bode 2009). Bedeutsam scheint auch, dass die Bindung der Parteien an sozio-kulturelle<br />

Großgruppen <strong>und</strong> deren Werte es aussichtsreich erscheinen ließ, den <strong>politische</strong>n Wettbewerb<br />

auch über unterschiedliche Integrationsperspektiven für die von <strong>Ungleichheit</strong> <strong>und</strong> Benachteiligungen<br />

betroffenen Gruppen zu führen. Hier lagen starke weltanschauliche Mobilisierungspotentiale.<br />

Dies ließe sich etwa am Einfluss der katholischen Soziallehre auf die Programmatik<br />

konservativer Parteien oder dem von Solidaritätsnormen der Arbeiterkultur auf die<br />

Programmatik sozialdemokratischer Parteien konkretisieren. Sowohl in Bezug auf die Sozialstruktur<br />

als auch in Bezug auf den sozio-kulturell geprägten Umgang mit den daraus resultierenden<br />

Konflikten begünstigt die <strong>Ungleichheit</strong>sstruktur der sozialstaatlichen Industriegesellschaft<br />

also klare Konfliktlinien, über die der Wähler nachvollziehbar auf <strong>politische</strong> Kräfteverhältnisse<br />

<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>satzentscheidungen einwirken kann.<br />

8 Kritisch zu der entsprechenden Tendenz in der Parteienforschung vgl. Thaa 2011.<br />

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