Neue Ungleichheit und politische Repräsentation - Universität Trier
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keit, deren Fluchtpunkt in der Nutz- <strong>und</strong> Machtlosigkeit eines einseitigen Objektstatus liege<br />
(Kronauer 2002: 149). 17<br />
Die Kontroverse um den Exklusionsbegriff verweist auf die offensichtliche Schwierigkeit,<br />
zwei für die neue soziale <strong>Ungleichheit</strong> charakteristische Phänomene unter einen begrifflichen<br />
Hut zu bekommen: nämlich zum einen die weit in die arbeitnehmerische Mitte hineinreichende<br />
Prekarisierung der Arbeitswelt mit zunehmender Beschäftigungsunsicherheit, der<br />
Entwertung erworbener Qualifikationen, sozialen Abstiegserfahrungen <strong>und</strong> materiellen<br />
Einbußen, zum anderen die quantitative Zunahme <strong>und</strong> Verfestigung von Lebenslagen, in<br />
denen die Betroffenen aufgr<strong>und</strong> dauerhafter Arbeitslosigkeit oder Marginalisierung am<br />
Arbeitsmarkt, der Auflösung sozialer Bindungen <strong>und</strong> des Verlusts gesellschaftlicher Teilhabemöglichkeiten<br />
als exkludiert bezeichnet werden können. 18 Bemerkenswert ist, dass die<br />
Debatte um die Angemessenheit des Exklusionsbegriffes weniger mit empirischen als mit<br />
gesellschaftsanalytischen <strong>und</strong> politisch-strategischen Argumenten geführt wird. Eine wichtige<br />
Rolle scheint dabei die Frage zu spielen, wie weit die Phänomene der neuen sozialen<br />
<strong>Ungleichheit</strong> noch an Distributionskonflikte zwischen Kapital <strong>und</strong> Arbeit zu binden sind. Die<br />
Skeptiker befürchten, die Konzentration auf den Ausgrenzungsaspekt vernachlässige Fragen<br />
der Verteilungsgerechtigkeit <strong>und</strong> orientiere auf die Inklusion in eine individualisierte Konkurrenzgesellschaft.<br />
Darauf bezogen versucht Kronauer mit seiner prozeduralen Bestimmung des<br />
Exklusionsbegriffes einen Balanceakt, der es ermöglichen soll, der neuartigen Situation der in<br />
mehrfacher Hinsicht exkludierten Gruppen gerecht zu werden, ohne die verursachenden <strong>und</strong><br />
weitere Kreise betreffenden Veränderungen im Arbeitsbereich auszublenden <strong>und</strong> nur noch die<br />
sozialintegrative Perspektive der Sozialarbeit einzunehmen.<br />
Gewiss haben die Begriffe, mit denen die Sozialwissenschaft Abstiegserfahrungen <strong>und</strong> Spaltungen<br />
der Gesellschaft beschreibt, Implikationen auf die öffentliche Debatte über <strong>und</strong> den<br />
<strong>politische</strong>n Umgang mit den bezeichneten Phänomenen. Allerdings wird sich die <strong>politische</strong><br />
Repräsentations- <strong>und</strong> Konfliktfähigkeit der von Prekarisierung <strong>und</strong> Ausgrenzung betroffenen<br />
Gruppen nicht durch eine korrekte Begrifflichkeit der Sozialwissenschaft herstellen lassen.<br />
Die hier diskutierte Literatur thematisiert den Zusammenhang zwischen neuen <strong>Ungleichheit</strong>sformen<br />
<strong>und</strong> <strong>politische</strong>r Demokratie jedoch wenig <strong>und</strong> wenn ja, dann sehr pauschal. Kronauer<br />
17 Darin folgt ihm Hildegard Mogge-Grotjahn in ihrem Handbuch-Artikel zum Thema Armut <strong>und</strong> Ausgrenzung.<br />
Auch sie betont, dass sozialer Ausschluss nie mit dem Ausschluss aus der Gesellschaft gleichzusetzen seien<br />
(Mogge-Grotjahn 2008: 51).<br />
18 Diese Formulierung entspricht dem Exklusionsbegriff Kronauers. Heinz Bude definiert leicht abweichend die<br />
Exkludierten als diejenigen, die „aufgr<strong>und</strong> sozialökonomischer Marginalisierung, lebenskultureller Entfremdung<br />
<strong>und</strong> sozialräumlicher Isolierung den Anschluss an den Mainstream unserer Gesellschaft verloren haben“ (Bude<br />
2004: 4) <strong>und</strong> betont in seinen Veröffentlichungen als Exklusionskriterium stärker die subjektive Auffassung der<br />
eigenen Chancenlage (Bude/Lautermann 2006).<br />
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