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Neue Ungleichheit und politische Repräsentation - Universität Trier

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Die soweit lediglich als plausible Vermutung begründeten Phänomene der doppelten<br />

Abkoppelung <strong>und</strong> der fehlenden <strong>politische</strong>n Konfliktfähigkeit sollen im Folgenden präziser<br />

bestimmt werden. Dazu wird es erforderlich sein, die Situation der von prekarisierender<br />

<strong>und</strong> tendenziell exkludierender <strong>Ungleichheit</strong> Betroffenen etwas genauer zu erfassen.<br />

3. Die sozialwissenschaftliche Debatte zur neuen <strong>Ungleichheit</strong><br />

Bereits ein erster oberflächlicher Blick in die einschlägige Literatur macht deutlich, dass die<br />

oben von Kronauers Exklusionsbegriff ausgehende Charakterisierung der Neuartigkeit sozialer<br />

<strong>Ungleichheit</strong> keinesfalls unumstritten ist. Ich werde deshalb zunächst zur Gewinnung eines<br />

groben Überblicks eine Systematisierung der Debatte durch Thomas Meyer wiedergeben, um<br />

dann auf die für meine These der doppelten Abspaltung <strong>und</strong> der fehlenden Issuetauglichkeit<br />

wichtige Kontroverse zum Verhältnis von Exklusions- <strong>und</strong> Prekarisierungstendenzen einzugehen.<br />

Dabei werde ich etwas ausführlicher sowohl auf die begriffliche Debatte als auch auf<br />

die Auseinandersetzungen um die empirischen Bef<strong>und</strong>e eingehen.<br />

3.1 Ein schematischer Überblick<br />

Die vielfach empirisch belegbare Zunahme von Armut <strong>und</strong> sozialer <strong>Ungleichheit</strong>, der Rückgang<br />

sicherer Normalarbeitsplätze <strong>und</strong> die Ausweitung des Niedriglohnbereichs 12 haben in<br />

den Sozialwissenschaften zu einer Renaissance der Sozialstruktur- <strong>und</strong> <strong>Ungleichheit</strong>sforschung<br />

geführt. Während die 1980er <strong>und</strong> frühen 1990er Jahre noch die Überwindung einer<br />

in Oben <strong>und</strong> Unten geteilten Gesellschaftsstruktur verkündeten, das Denken in „Ständen,<br />

Klassen oder Schichten für fragwürdig“ erklärten (Beck 1986: 139) <strong>und</strong> stattdessen von der<br />

Befreiung aus dem „Erfahrungs- <strong>und</strong> Kontrollband eines klassenkulturell geprägten Sozialmilieus“<br />

(Beck 1986: 129) oder gleich von einer durch die individuelle Wahl des Lebensstils<br />

geprägten „Erlebnis-Gesellschaft“ (Schulze 1992) sprachen, rückten im Laufe der 1990er<br />

Jahre die trotz Wirtschaftswachstum zunehmende <strong>Ungleichheit</strong> <strong>und</strong> die Verfestigung benachteiligter<br />

sozialer Lagen wieder ins Blickfeld. Das Lebensstil- <strong>und</strong> Individualisierungsparadigma<br />

wurde von der Thematisierung neuer, aber in mancher Hinsicht an die alte<br />

Klassengesellschaft erinnernder <strong>Ungleichheit</strong>en an den Rand gedrängt. Dabei fällt es schwer,<br />

sich zu den verschiedenen, von marxistischen Klassenanalysen bis zu kulturkritischen Klagen<br />

über die Lebensweise der Unterschicht reichenden Ansätzen einen Überblick zu verschaffen.<br />

Thomas Meyer unterscheidet in diesem Feld vier verschiedene Debatten: den Unterschichten-<br />

12 Zu den Quellen vgl. Anm. 1<br />

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