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Neue Ungleichheit und politische Repräsentation - Universität Trier

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36 Prozent, im produzierenden Gewerbe vergleichsweise günstiger bei 59, resp. 17 Prozent<br />

(Eichhorst/Marx/Thode 2010: 19). 31<br />

Zeit- oder Leiharbeit hat in Deutschland nach den 1995 einsetzenden Deregulierungen des<br />

Arbeitsmarktes zwar stark zugenommen, bleibt aber in Bezug auf den Arbeitsmarkt insgesamt<br />

quantitativ begrenzt. Zwischen 2000 <strong>und</strong> 2008 stieg der Anteil der Zeitarbeit an der aktiven<br />

Erwerbsbevölkerung von 0,8 auf 1,6 Prozent (Eichhorst/Marx/Thode 2010: 21). 32 Allerdings<br />

betonen die Autoren der Studie, dass in Deutschland im produzierenden Gewerbe während<br />

der letzten Jahre ein international ungewöhnlich hoher Anteil von Leiharbeit aufgebaut<br />

wurde, der „nicht als eine selbstverständliche Brücke in stabilere Beschäftigungsverhältnisse<br />

anzusehen ist“. Vielmehr sei hier ein eigenes Beschäftigungssegment mit typischerweise sehr<br />

langen Verleihzeiten <strong>und</strong> damit eine polarisierte Beschäftigungsstruktur entstanden, in der die<br />

Zeitarbeitnehmer ähnliche oder gleichartige Tätigkeiten wie die Stammbelegschaft zu erheblich<br />

geringeren Löhnen ausführten (Eichhorst/Marx/Thode 2010: 22f.). Es zeige sich bei der<br />

Leiharbeit „eine deutliche Tendenz zur Spaltung zwischen Rand- <strong>und</strong> Kernbelegschaften ohne<br />

belastbare Hinweise auf eine Brückenfunktion“ (Eichhorst/Marx/Thode 2010: 7).<br />

Die genannten Veränderungen des Arbeitsmarktes dürften nicht unerheblich zur Zunahme der<br />

Ängste vor einem beruflichen Abstieg beigetragen haben. Nach Umfragedaten des Sozioökonomischen<br />

Panels gehen im Jahr 2006 in Westdeutschland 61 Prozent der berufstätigen<br />

Männer mit Berufsabschluss davon aus, dass es bei Verlust ihrer Stelle schwierig wäre, eine<br />

mindestens gleichwertige Stelle zu finden, 22 Prozent halten dies sogar für praktisch unmöglich.<br />

Bei Berufstätigen mit einem Hochschulabschluss liegen die Zahlen nur geringfügig<br />

darunter (Datenreport 2008: 126).<br />

Nimmt man zu der durch diese Indikatoren belegten Destabilisierung von Beschäftigungsverhältnissen<br />

noch die Abschaffung des Prinzips der Statussicherung in den arbeitsmarkt<strong>politische</strong>n<br />

Reformen, so sind die oben bereits diskutierten Verunsicherungen der Mittelschicht als<br />

bloßer Ausdruck von Ängsten <strong>und</strong> antizipierten Gefahren nicht adäquat konzipiert. Die<br />

Wiederkehr sozialer Unsicherheit ist ein reales Phänomen, das über die von Armut <strong>und</strong> soziale<br />

Ausgrenzung betroffenen Gruppen hinausreicht.<br />

31 Nach den Verfassern der Studie ist die vergleichsweise hohe Zahl der Übernahmen im produzierenden<br />

Gewerbe mit dem hohen Anteil von Ausbildungsverträgen zu erklären (Eichhorst/Marx/Thode 2010: 17).<br />

32 Nimmt man den Zeitraum zwischen 1994 <strong>und</strong> 2010 hat sich Zeit- oder Leiharbeit immerhin verfünffacht <strong>und</strong><br />

dürfte demnächst eine Million Menschen beschäftigen (Öchsner 2011: 20).<br />

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