NIEDERÃSTERREICH - Fokus-Media
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Die Hassliebe des Menschen zum Bauen und Wohnen ist für Film und TV zeitlos brisant.<br />
und zum Pflichttermin des Betrachters.<br />
Verblüffenderweise ist es nicht nur die verhasst-geliebte<br />
Landflucht, die der Kultfilm<br />
mit der Montag bis Freitag in 20 Folgen<br />
ausgestrahlten und von bis zu 1,91 Millionen<br />
Zuschauern pro Sendung verfolgten<br />
Doku-Soap „Mieten, Kaufen, Wohnen“ auf<br />
dem TV-Sender VOX teilt, sondern der<br />
gesamte darin vorkommende Komplex von<br />
Lebensraumqualität und -suche, Identität,<br />
Verkäufer und dessen Beziehung zur Gesellschaft.<br />
Themen, die den heutigen Menschen<br />
tangieren, weil sich jeder damit auseinandersetzen<br />
muss. Jeder muss wohnen<br />
und verkaufen. Die Frage ist nur: Wie? Das<br />
stetig wandelbare und zu erweiternde<br />
Bewusstsein darüber ist so drängend, dass<br />
die bei ihrer Arbeit mit der Kamera begleiteten<br />
Wohnungsvermittler zu den erfolgreichsten<br />
Eigenproduktionen des Senders<br />
gehören. Sie scheinen als selbstbewusste<br />
Typen das zu haben, wonach Willy Loman<br />
strebt, wenn er nach dem Wert und der Anerkennung<br />
des Menschen hinter dem Verkäufer<br />
fragt, der er als Außenhandelsvertreter<br />
neben dem Stadtbewohner ist:<br />
„Das Problem ist, Linda, die Leute nehmen<br />
mich nicht ernst! Ich rede zu viel. Ich mache zu<br />
viele Witze. Ich bin klein. Ich bin eine komische<br />
Figur. Sie machen sich lustig über mich. Ich<br />
kleide mich nicht vorteilhaft, vielleicht ...“<br />
Das Selbstbewusstsein der Serienmakler ist<br />
insofern vorhanden, als dass sie sich gemäß<br />
Deutschland 2013. Die Architekten Eva<br />
Brenner und John Kosmalla verhelfen<br />
verzweifelten Besitzern zu einem Bauwunder.<br />
der Provision, abgeleitet vom zu erwartenden<br />
Miet- oder Kaufpreis eines Kunden,<br />
präsentieren, wobei auch der durchschnittliche<br />
Quadratmeterpreis und das Image<br />
einer Stadt eine Rolle spielen: Da wäre der<br />
smarte Luxusmakler Alexander Posth, mit<br />
knappem Jäckchen und groß gewachsen, in<br />
engen Hosen stets ein wenig geckenhaft<br />
und doch geschmackvoll gekleidet, der<br />
seine zickigen Kunden mit charmanter<br />
Schlagfertigkeit durch die teuren Wohnungen<br />
Berlins führt. Für Mietpreise um die<br />
600 Euro dagegen – in Berlin sind die Preise<br />
für eine Großstadt ja bekanntlich günstig –<br />
ist die lebhafte Denise Freidhof zuständig,<br />
die mit einer positiven Lebenseinstellung<br />
gerne redet. Das soll angeblich die ideale<br />
Voraussetzung für ein Maklerdasein sein.<br />
Ähnlich offen, aber meinungsbetonter, gibt<br />
sich die im noch erschwinglichen Leipzig<br />
tätige Hanka Rackwitz, die hier eine Luxusimmobilie<br />
zu einem verhältnismäßig günstigeren<br />
Preis übergeben kann als etwa eine<br />
von gleichem Niveau in München. Indessen<br />
tritt der arrivierte Karl-Heinz Dettner so<br />
auf, wie man sich einen waschechten Hamburger<br />
vorstellt: kompetent, großväterlich<br />
zuhörend, seriös.<br />
Diese Auswahl an Verkäufern ist das, was<br />
sie darstellt: authentisch. Anders als Willy<br />
Loman, der mit 63 Jahren entlassen wird.<br />
Sein Freund Charley sagt zu ihm:<br />
„In dieser Welt zählt nur, dass du verkaufen<br />
kannst. Und das Komische ist, dass du Verkäufer<br />
bist und nicht mal das weißt.<br />
Willy: „Ich habe immer versucht, es anders zu<br />
sehen, verstehst du? Ich dachte immer, wenn<br />
ein Mensch Eindruck macht und beliebt ist ...<br />
Charley: Wieso willst du immer bei allen Leuten<br />
beliebt sein? War Jean P. Morgan beliebt<br />
oder beeindruckend? Im Dampfbad sah er aus<br />
wie ein Metzger, aber wenn er seine Taschen<br />
anhatte, da war er beliebt.“<br />
Die Authentizität macht jene Makler noch<br />
nicht beliebt. Sie verkaufen lediglich ihre<br />
Produkte gut. Selbst wenn die Ziele der<br />
meisten lauten, „die Augen der Kunden<br />
nach unterzeichnetem Vertragsabschluss<br />
zum Leuchten zu bringen“ oder „ihre Kunden<br />
so glücklich zu machen, dass sie wieder<br />
kommen und sie weiterempfehlen“, und oft<br />
nach getaner Arbeit eine bleibende Freundschaft<br />
zwischen Kunde und Makler entsteht.<br />
Für den Zuschauer sind nur jene<br />
wirklich beliebt, die zu „ihm“ passen. Allerdings<br />
kann es die Beliebtheit erhöhen,<br />
Österreich 2013. Bausachverständiger<br />
Günther Nussbaum bekämpft auf ATV<br />
„Pfusch am Bau“.<br />
APRIL 2013<br />
FOKUS 19