NIEDERÃSTERREICH - Fokus-Media
NIEDERÃSTERREICH - Fokus-Media
NIEDERÃSTERREICH - Fokus-Media
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Jim: „Was soll denn ein Architekt hier? Ein<br />
Neubau ist es ja nicht.“<br />
Bill: „Nein, aber ziemlich baufällig. Ich würde<br />
dir einen Gefallen tun: Einer meiner Klienten<br />
ist der Konstruktionsarchitekt Joe Apollonio.<br />
Er hat die George-Washington-Brücke praktisch<br />
allein gebaut.<br />
Jim: „Ich danke dir sehr, aber wir brauchen<br />
keine Brücke.“<br />
Bill: „Apollonio hat der Regierung geraten, das<br />
Wrack der ,Normandie‘ nicht zu heben. Hätte<br />
man auf ihn gehört, wäre die Stadt um fünf<br />
Millionen reicher.“<br />
Jim: „Du hast mein Wort. Hebe ich jemals die<br />
,Normandie‘, kommt kein anderer in Frage als<br />
Apollonio.“<br />
Jim betritt das Haus, man hört einen Balken<br />
herabfallen.<br />
Er ruft: „Muriel, Muriel!“<br />
Muriel: „Es ist doch besser, du schickst uns<br />
Mr. Apollonio.“<br />
Die professionellen Ratgeber und Fachleute<br />
sind es, die die Doku-Serien „Zuhause im<br />
Glück“ auf RTL II mit bis zu 10 Prozent Marktanteil<br />
bei den 12- bis 49-jährigen Sehern in<br />
Deutschland und „Pfusch am Bau“ auf ATV<br />
mit durchschnittlich 9,4 Prozent Marktanteil<br />
in Österreich zu wahren Quotenrennern machen.<br />
„Schnäppchenhäuser“, wo sich die Leute<br />
wie Jim Blandings mit kleinem Budget alte<br />
Häuser kaufen, um sie amateurhaft, aber mit<br />
viel Leidenschaft und Kämpferwillen selbst<br />
zu sanieren, ist dagegen ein Sorgenkind von<br />
RTL II. Dabei sind die privaten Schicksale und<br />
Geldsorgen der Hauskäufer und Sanierer<br />
bei der Erfüllung des Traums vom geliebten<br />
Eigenheim mindes tens so dramatisch wie bei<br />
den bei den Erfolgsserien.<br />
Muriel: „Das Haus ist hübsch, nicht wahr,<br />
Mr. Apollonio?“<br />
Apollonio: „Hmhm.“<br />
Jim: „Ich möchte, dass die Veränderungen, die<br />
man durchführt, möglichst nicht den ländlichen<br />
Charakter stören.“<br />
Apollonio: „Hmhm.“<br />
Muriel: „Aber sie müssen ja sein.“<br />
Apollonio: „Hm.“<br />
Jim: „Äh, was ist Ihre fachmännische Meinung?“<br />
Apollonio schaut mit dicker Zigarre auf das<br />
Haus: „Einreißen.“<br />
Jim: „Einreißen?!“<br />
Apollonio: „Das Holzwerk ist schlecht und<br />
die Tragbalken sind schlecht. Ich rate Ihnen,<br />
stecken Sie kein Geld mehr in das Haus. Reißen<br />
Sie es ab!“<br />
Jim: „Ich danke Ihnen vielmals!“<br />
Apollonio: „Hat nichts zu sagen, ich schicke<br />
Ihnen meine Rechnung ins Büro.“<br />
PFUSCH. Fast dasselbe musste ein 62-jähriger<br />
Wiener Bauherr vom Bausachverständigen<br />
Günther Nussbaum in „Pfusch am<br />
Bau“, ab 22. April 2013 wieder auf ATV, zur<br />
Kenntnis nehmen, der einen „so seriös wirkenden<br />
jungen Mann“, der mittlerweile im<br />
Gefängnis sitzt, ohne Vergleichsoffert eines<br />
Zweitanbieters um 150.000 Euro mit der<br />
Entkernung seines Hauses in Richtung<br />
wärmegedämmten Großraums beauftragt<br />
hatte. Beim Innenausbau war er dann stutzig<br />
geworden und holte sich schon vor dem<br />
ATV-Prüfer ein Gutachten bei der Firma<br />
Rigips ein, wo er von einem Profi erfuhr:<br />
Die Makler agieren nach Drehbuch. Echt sind die<br />
Wohnungen und ihr Preis. Aber was ist schon<br />
„echt“? – Dass Menschen verkaufen müssen!<br />
VOX-Serienhit: die Makler-Doku-Soap „Mieten, Kaufen, Wohnen“<br />
„So einen Scheiß haben ich noch nie gesehen.<br />
Sie sind gestraft genug. Ich verrechne<br />
Ihnen nichts, weil ich dafür so lange schreiben<br />
müsste, dass Sie noch mal 2.500 Euro<br />
zahlen könnten.“ Das Dilemma all dieser<br />
geprellten Häuslbauer ist ja, dass für sie nur<br />
ein Sachverständiger von Nutzen ist, wenn<br />
dessen Gutachten über einen Rechtsanwalt<br />
zu einem Schadenersatz führt. Geht die<br />
Pfuschfirma in Konkurs oder ist sie unauffindbar,<br />
sind die Ausgaben verloren. Deshalb<br />
siegt für den Zuschauer die Erkenntnis,<br />
nur auf Firmen mit erstklassigem<br />
Leumund und Preisvergleich zu setzen und<br />
sich selbst vorab sehr genau mit dem Bauwesen<br />
zu befassen. Learning by doing beim<br />
Hausneubau betreibt hingegen Jim Blandings<br />
und wird dabei von den zusätzlichen<br />
Kosten und unprofessionellen Arbeitern in<br />
den Wahnsinn getrieben – so sehr, dass ihn<br />
die offenen Rechnungen, Hypotheken und<br />
Ratenzahlungen längerfristig sogar arbeitsunfähig<br />
machen. Er schreit nur noch:<br />
„Ich hasse dieses Haus.“ Jeder Mensch, der sich<br />
ein Haus baut, ist verrückt! Vom ersten Tag<br />
an, stehst du auf einer Liste der Gimpel und<br />
Idioten. Du denkst, du wirst dir ein Haus bauen,<br />
und endest im Armenhaus. Und wenn es mir<br />
schon so geht: Was machen die Menschen, die<br />
nicht so viel verdienen? Was machen junge<br />
Menschen, die ein Heim gründen wollen? Es ist<br />
eine Verschwörung gegen jeden jungen Mann<br />
und jedes junges Mädchen, die verliebt sind!<br />
Etwas von einem erlösenden Lotteriegewinn<br />
hat für die gestraften Romantiker unter<br />
den hilflosen Hausbesitzern daher jedes<br />
Happy-End in „Zuhause im Glück“: Wenn<br />
die liebevolle Innenarchitektin Eva Brenner<br />
und der sympathische Architekt John Kosmalla<br />
als Retter in der Familiennot auftreten,<br />
indem sie die in Schimmel, Rohbau<br />
oder unbeheizten Häusern lebenden Menschen<br />
für acht Tage ausquartieren und währenddessen<br />
in Windeseile mittels Computerentwurfs<br />
persönlichkeitsnah gestaltete<br />
Wunderräume zwischen Schönheit und<br />
Funktionalität schaffen. Für den Zuschauer<br />
spannend sind die Vorher-Nachher-Verwandlung<br />
sowie die neuesten Tipps, wie<br />
man etwas gestalten und verbessern kann.<br />
Allein in einer Sendung ist zu erfahren, wie<br />
sich Wände abreißen und neben neuen Fluren<br />
einziehen, wie sich Nischenzimmer-<br />
Highlights mit Metalltapeten und Fotodrucken<br />
setzen lassen, wie man Kinderräume<br />
durch Trennwände in farbenfrohe<br />
thematische Erlebniszonen verwandelt,<br />
dass man neue Türen einschäumt statt sie<br />
zu montieren, wozu aber wieder alte Türöffnungen<br />
vergrößert werden müssen, dass<br />
Gegenstände wie ein Globus zu Lampen<br />
werden können, wie eine barrierefreie Luxusdusche<br />
mit Kieselwandfliesen gegossen<br />
werden muss, damit das Wasser abfließen<br />
kann, und dass mit Strom betriebene Infrarotheizwände,<br />
die auch noch einen nützlichen<br />
Designschmuck wie einen Spiegel<br />
oder eine Schreibtafel abgeben, günstiger<br />
und energieeffizienter sind als Gas und Öl.<br />
Bei so viel Glück weint die beschenkte<br />
Familie meist am Ende. Übrigens: Auch Mr.<br />
Blandings wird noch ein richtig zufriedener<br />
Mensch in seinem letztendlich schönen,<br />
geliebten Heim. Schon vor 65 Jahren! <br />
APRIL 2013<br />
FOKUS 21