NIEDERÃSTERREICH - Fokus-Media
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Leistung abzurufen, hilft dir im Ernstfall<br />
auf der Bühne keiner. Das ist nicht anders<br />
als im Sport!“<br />
gesammelt, das sie mir dann mit dem Professorentitel<br />
überreicht haben.“ Unglaublich,<br />
aber wahr – wie die Tatsache, dass<br />
der Weltstar Rachlin auf der Welt mitunter<br />
bekannter ist als in seiner zweiten Heimat<br />
Österreich, wo er immerhin nicht nur<br />
in Konzerten aufgeigt, sondern auch in<br />
Festivals wie auf der Rosenburg, wo ihm<br />
– wie beim langjährigen Dubrovnik-<br />
Festival Rachlin & Friends – sogar Superstars<br />
wie James-Bond-Filmlegende Roger<br />
Moore die Aufwartung machten. Und<br />
auch beim LA-Gastspiel ließ Hollywood<br />
den Wiener aus Vilnius grüßen.<br />
VIELE BEKANNTE GRÖSSEN ALS<br />
FREUNDE. Ehe Julian zur Fixgröße aufstieg,<br />
war er selbst seinen Idolen nachgelaufen.<br />
Nicht nur Krankl, dem Kicker,<br />
auch Udo Jürgens, den er unbedingt kennenlernen<br />
wollte. Ja, Rachlin hätte viel<br />
gegeben, hätte es Udo-Intimus Hannes<br />
Jagerhofer, beim Do&Co darauf angesprochen,<br />
tatsächlich vermittelt. Aber<br />
erstens kam es anders, zweitens als Julian<br />
dachte. „Bei meinem Konzert bei den<br />
Salzburger Festspielen verriet mir meine<br />
Mama zur Pause, dass der Udo da ist.“<br />
Diese Gelegenheit packte der Jung-Geiger<br />
beim Schopf, um den musikalischen Evergreen<br />
zu treffen. Inzwischen sind sie<br />
Freunde. Wie Graf Dumba. Wie Niki Lauda.<br />
Wie Roman Hagara. Wie Skender Fani.<br />
Wie Thomas Muster, mit dem er als<br />
„Rado-Uhrenbotschafter“ als Sportfanatiker<br />
auch beim French Open in Paris zu<br />
Gast war. Und um als Hobbykicker mit der<br />
Trikot-Nr. 10 des Spielmachers gute Figur<br />
zu machen, hat er sich so getrimmt, dass<br />
er so schlank und fit ist wie noch nie. Im<br />
Sport so wichtig wie bei Konzerten, in denen<br />
Julian mit Smoking und Fliege das<br />
Letzte aus sich herausholt. Im Schweiße<br />
seines Angesichts. Mitunter wie in Trance<br />
– selbst erlebt als Geburtstagsgeschenk<br />
mit der 10-Minuten-Ver sion von „Carmen<br />
Fantasia“.<br />
ÜBEN, ÜBEN, ÜBEN. Alles selbstverständlich<br />
und Routine? „Nein“, gesteht<br />
Julian. „Ich mach mir vor Konzerten immer<br />
noch vor Lampenfieber fast in die<br />
Hose!“ Auch nach 25-Bühnenjahren fühle<br />
er sich „wie ein Baby, das noch viel lernen<br />
muss. Und als Dirigent bin ich noch ein<br />
Lehrbub, der zur Mama in die Vorschule<br />
gehen muss, bevor er zum Meister Mariss<br />
Janssons kommen darf!“ Natürlich hingen<br />
ihm tägliche Proben von vier, sechs<br />
bis acht Stunden oft beim Hals heraus<br />
(„Ist ja nicht so, dass du dir sagst: Super,<br />
darf ich morgen wieder so viel üben?“),<br />
aber da setze dann die Motivation zur<br />
Überwindung ein, die ganz einfach so zu<br />
erklären sei: „Die Angst vor dem Versagen.<br />
Wenn du nicht übst, die Top-<br />
EIGENER WOHNRAUM IST WICHTIG.<br />
Das sei in seiner Branche ganz wichtig,<br />
„weil bei der ersten Probe mit einem<br />
Orchester die ersten drei Minuten entscheiden,<br />
ob du akzeptiert wirst“. Wenn<br />
nicht, dann verbreite sich das wie ein<br />
Lauffeuer „von Tokio bis New York. Die<br />
Klassik-Szene ist weltweit vernetzt, aber<br />
funktioniert wie ein Dorf!“ Und je besser<br />
der Ruf, je bekannter der Name, desto<br />
mehr ist der Star zur Spitzenleistung verdammt.<br />
Immer und überall, ob in der Carnegie<br />
Hall in Manhattan, ob in Covent<br />
Garden London, ob im Konzerthaus oder<br />
Musikvereinssaal, ob in Luxemburg, Châlons-en-Champagne,<br />
Miami, Warschau<br />
oder Vilnius wie zuletzt. „Weil ich 200<br />
Tage aus dem Koffer lebe, ist mir mein<br />
eigener Wohnraum so wichtig. Für mich<br />
ist er wie ein Nest, in dem ich auch meinen<br />
Akku wieder aufladen kann!“ Nicht allein,<br />
sondern mit Mariella Theiner, seiner<br />
Freundin, die ihn auch auf Reisen begleitet,<br />
so oft es geht. Darum kokettiert er<br />
auch damit, sich neben der wunderschönen<br />
Wohnung in der Wiener Innenstadt<br />
womöglich auch in einem New Yorker<br />
Apartment einzunisten. Dort, wohin es<br />
ihn immer wieder so hinzieht wie nach<br />
Wien. Nicht zuletzt deshalb, weil er als<br />
unerkannter Unbekannter in der 10-Millionen-Metropole<br />
als Jung-Twen mit<br />
Selbstzweifel und Krisen das Wunderkind<br />
ausgetrieben hatte. Nach der süßen Jugend,<br />
wie er zugibt, „vier harte Jahre, die<br />
mich stark und zu dem gemacht haben,<br />
was ich bin.“ Nachsatz, der sein Stardasein<br />
relativiert: „Ich bin ja nur der Diener großer<br />
Komponisten der Geschichte. Ohne<br />
sie wäre ich nämlich nichts!“ <br />
84 FOKUS APRIL 2013