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Ich seh einen Superhelden vor mir, Super-Tetra. Er schaut seine Tasse<br />
an, sie schwebt hoch bis zum Mund, er öffnet die Lippen, sie neigt sich.<br />
Einmal kurz gepustet, und die Flüssigkeit hat die gewünschte Temperatur.<br />
Nein, so was mögen die Kids nicht. Nicht genug Action. Ich pfeife die Idee<br />
zurück und schnappe mir den Kaffee. Aber dann fällt mir etwas ein.<br />
»Zucker?«<br />
»Nein danke. Wie wäre es mit einer Zigarette?«<br />
»Nein, ich rauche nicht.«<br />
»Aber ich! Und Sie könnten mir eine geben!«<br />
Er lacht. Und ich steh da wie ein Vollidiot. Ein Glück, dass mich hier in<br />
der Gegend keiner kennt … Ich stecke den Filter zwischen seine Lippen,<br />
lasse das Zippo klicken.<br />
»Und was machen wir mit der Asche?«<br />
»Keine Sorge, Abdel, das schaffe ich schon … Reichen Sie mir doch<br />
bitte die Zeitung.«<br />
Die Herald Tribune gehört offenbar zum Morgenritual, denn die<br />
Blonde hat sie mir zum Abschied unter den Arm geschoben, ohne dass er<br />
danach verlangt hat. Ich lege sie auf den Tisch. Nehme einen Schluck Cola.<br />
Tetraman sagt nichts. Er lächelt, unbeirrt, wie gestern bei meinem »Vorstellungsgespräch«.<br />
Irgendetwas stimmt nicht, ich spür’s deutlich, aber<br />
was? Er klärt mich auf.<br />
»Sie müssen die Zeitung aufschlagen und so vor mich legen, dass ich<br />
sie lesen kann.«<br />
»Äh, ja, natürlich! Aber sicher!«<br />
Die vielen Seiten und Spalten und Wörter pro Spalte machen mir ein<br />
bisschen Angst.<br />
»Wollen Sie das wirklich alles lesen? Und auch noch auf Englisch, das<br />
dauert aber!«<br />
»Machen Sie sich keine Sorgen, Abdel. Wenn wir für das Mittagessen<br />
spät dran sein sollten, rennen wir einfach.«<br />
Er vertieft sich in seine Lektüre. Ab und zu bittet er mich umzublättern.<br />
Er beugt den Kopf vor, und die Asche fällt, knapp an der Schulter vorbei, zu<br />
Boden. Er kommt zurecht, tatsächlich … Ich starre ihn an wie einen Außerirdischen.<br />
Ein toter Körper, verkleidet als lebendiger Körper eines