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Einfach Freunde

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In der Cité drehten wir inzwischen Däumchen. Die Läden rüsteten allmählich<br />

auf, um sich gegen unsere Besuche zu wappnen: Bewegungsmelder, extra<br />

leistungsstarke Warensicherungssysteme, Wachleute, besonders<br />

geschultes Verkaufspersonal, das eine bestimmte Art von Kunden im Auge<br />

behalten sollte … Innerhalb von knapp zwei Jahren waren die Sicherheitsmaßnahmen<br />

derart verstärkt worden, dass unsere Quelle versiegte. Wir<br />

hatten die Wahl: entweder auf die Kapuzenpullis verzichten, die uns so verdammt<br />

gut standen, oder eine neue Quelle auftun … Zum Beispiel die Kids<br />

aus den Bonzenvierteln. Eine logische Schlussfolgerung, wenn auch eine<br />

recht zynische – das sehe ich heute ein. Damals war mir das nicht bewusst.<br />

Ich konnte mich nicht in andere Menschen reinversetzen. Ich kam nicht<br />

einmal auf die Idee, es zu versuchen. Hätte mich einer gefragt, wie sich<br />

wohl ein Junge fühlt, der gerade ausgeraubt wurde, wäre ich in ein<br />

hämisches Kichern verfallen. Da an mir alles abprallte, musste es den anderen<br />

zwangsläufig ähnlich ergehen, erst recht diesen Muttersöhnchen, die<br />

mit einem Silberlöffel im Mund auf die Welt gekommen waren.<br />

Nach Abschluss der Grundschule begleiteten die Eltern ihren Nachwuchs<br />

nicht mehr bis zum Schultor. Kaum traten die Kinder auf die Straße,<br />

konnte man sie leicht schnappen. Wir spähten ein Opfer aus, einen Typen,<br />

der mit den richtigen Klamotten ausgestattet war. Dann stürzten wir uns zu<br />

zweit oder zu dritt auf ihn, kreisten ihn auf dem Bürgersteig ein und begleiteten<br />

ihn ein Stück, wie Kumpels, die den gleichen Schulweg haben. Den<br />

anderen Passanten fiel nichts Verdächtiges auf. Höchstens, dass unser Anblick<br />

sie zu Tränen rührte: Dieser nette Sohn aus gutem Hause ist also mit<br />

zwei Arabern befreundet! Dieser aufrechte kleine Katholik hat ein so<br />

großes Herz, dass er diese fragwürdigen, abgerissenen Gestalten nicht abblitzen<br />

lässt … Sie hörten ja nicht, was wir von uns gaben.

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