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»Du hast uns nicht oft angerufen.«<br />
Ein Euphemismus!<br />
»Und deiner Frau geht’s gut?«<br />
Ich stellte fest, dass sie von Belkacem und Amina über mein Leben bestens<br />
Bescheid wussten.<br />
»Wir haben dich im Fernsehen gesehen, in dem Film mit dem behinderten<br />
Monsieur.«<br />
Der behinderte Monsieur. Monsieur Pozzo. Wie weit weg er war …<br />
Ich erzählte ihnen, dass ich im Süden des Landes ein Grundstück suchte,<br />
um eine Geflügelzucht aufzubauen. Dass ich mich vielleicht, nur vielleicht,<br />
es war noch nicht sicher, dort niederlassen würde. Nicht sehr weit von hier.<br />
Ich gab ihnen ein paar Auskünfte über meine Pläne, ohne zu sehr ins Detail<br />
zu gehen. Sie hörten mir zu, ohne zu antworten, behielten ihre Meinung für<br />
sich, fragten nicht nach. Während ich sprach, ratterte in meinem Kopf eine<br />
Frage nach der anderen ab, und ich wunderte mich, warum sie sie mir nicht<br />
stellten: Warum ausgerechnet jetzt? Warum so spät? Und was willst du von<br />
uns? Was erwartest du?<br />
Nichts.<br />
Das war ihnen wohl bewusst, und darum schwiegen sie.<br />
Ich betrachtete die schlichten Möbel, die orientalischen Sofas mit den ordentlich<br />
aufgereihten Kissen in schillernden Farben. Ich betrachtete Abdel<br />
Moumène und die anderen Geschwister, die bei Papa-Mama einfach in den<br />
Tag hineinlebten. Ich betrachtete diesen Mann mit den hellen, klaren Augen,<br />
Augen wie das Mittelmeer, die ich nicht geerbt habe. Ich betrachtete<br />
diese Frau, ihre schwarzen, hennagefärbten Haare, ihre europäische Bluse,<br />
ihren Bauch, aus dem ich vor fünfunddreißig Jahren herausgekommen war.<br />
Ich habe mir meine Familie genau angesehen. Ich bin von allen der Kleinste,<br />
der Dickste, der mit den größten Füßen, mit den kürzesten Fingern. Ich<br />
bin der Gizmo unter den Gremlins. Danny DeVito neben Arnold Schwarzenegger.<br />
In der Cité sagten die Kumpels oft, ich sähe meinem Vater