Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
5<br />
Jeden Morgen frühstückte ich auf dem Weg zur Schule. Die Lieferanten<br />
stellten ihre Paletten am Eingang der noch geschlossenen Läden ab und<br />
setzten ganz unbesorgt ihre Tour fort. Die Waren steckten dicht an dicht<br />
unter einer Plastikfolie. Mit einem Handgriff konnte man sich bedienen.<br />
Hier eine Packung bretonischer Butterkekse, da ein Fläschchen<br />
Orangensaft. War doch kein Verbrechen: Die Sachen lagen praktisch auf<br />
der Straße, in bequemer Reichweite, so wie ich es mochte. Und mal ehrlich,<br />
eine Packung Kekse mehr oder weniger … Ich teilte mir meine Beute mit<br />
Mahmoud, Nassim, Ayoub, Macodou oder Bokary. Alle Jungs aus der Cité<br />
waren meine Kumpels, dort gab es nicht viele Édouards, Jeans oder Louis’.<br />
Nicht, weil wir sie nicht hätten haben wollen, sondern weil die uns lieber in<br />
Ruhe ließen. Wie dem auch sei: Bei meinen Leuten war ich so was wie ein<br />
Anführer – und gleichzeitig ein Einzelgänger. Nach dem Motto: Wer mich<br />
liebt, der folge mir. Wenn ich mich umdrehte, waren da immer mehr als<br />
genug.<br />
Wir hingen auf einem betonierten Platz inmitten der Wohntürme ab,<br />
oberhalb des Einkaufszentrums, das inzwischen unser persönlicher<br />
Freizeitpark war. Wir sahen toll aus, waren nach dem letzten Schrei<br />
gekleidet, trugen die angesagten Marken. Jacken von Chevignon, Levi’s-<br />
Jeans mit Seitenschlitz, aus dem das Burberry-Karo hervorblitzte. Trainingsanzüge<br />
mit den drei Adidas-Streifen. Die inzwischen wieder angesagt<br />
sind. Poloshirts von Lacoste, die ich immer gemocht habe. Bis heute liebe<br />
ich das kleine Krokodil, das die Brusttasche ziert.<br />
Als ich das erste Mal im Go Sport erwischt wurde, hatte ich den Laden<br />
schon mehrfach ausgeräumt. Es war ganz leicht: Ich trat ein, suchte aus,