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Einige Monate nach diesem Unfall nahm ich meine Arbeit, oder besser<br />
meine Geschäftsbeziehung mit Monsieur Pozzo wieder auf. Damals nämlich<br />
brachten wir Teleloc auf den Weg, anschließend die Wohnungsversteigerungen<br />
bei brennender Kerze und zu guter Letzt das Projekt in<br />
Marokko. Während all dieser Jahre musste ich mehrmals aussteigen, um<br />
mich operieren zu lassen, von den Reha-Wochen ganz zu schweigen. Ich<br />
war noch keine dreißig und fand, dass ich zu jung war, um als Schwerinvalide<br />
durchzugehen, knapp unter dem Schwerstinvaliden Monsieur Pozzo.<br />
Die Krankenversicherung schrieb mir, ich dürfe nicht arbeiten, zu gefährlich<br />
für meine Gesundheit! Die haben sie doch nicht mehr alle, dachte ich …<br />
Das zeigt vielleicht, dass ich mich zu dem Zeitpunkt schon verändert hatte.<br />
Aber zugegeben hätte ich es niemals. Ich tönte herum, wie immer, ohne zu<br />
überlegen, was ich vom Stapel ließ.<br />
»Jetzt ist Schluss mit den Dummheiten, Abdel, jetzt wirst du das<br />
richtige Leben kennenlernen«, sagte Monsieur Pozzo.<br />
»Stimmt, ich werde es noch mehr genießen! Jetzt wo ich ausrangiert<br />
bin, lasse ich mich fürs Nichtstun bezahlen. Das schöne Leben erwartet<br />
mich!«<br />
Er tat, was er konnte, um etwas Grips in mein Gehirn zu pflanzen. Ich<br />
tat, was ich konnte, um ihn zu überzeugen, dass das keinen Sinn hatte.<br />
Bezahlt zu werden, um auf dem Sofa herumzulümmeln, interessierte mich<br />
nicht mehr: Ich konnte nicht stillsitzen!<br />
Monsieur Pozzo sprach wie ein Vater zu mir, ein Ratgeber, ein Weiser,<br />
er versuchte mir Ordnung und Moral beizubringen, Werte, die mir lange<br />
Zeit fremd gewesen waren. Er machte das vorsichtig, klug, um mich nicht<br />
gegen sich aufzubringen wie die Lehrer, Polizisten und Richter früher. Er<br />
sprach wohlwollend mit mir und tat fast, als wäre das alles nicht so wichtig.<br />
Er wollte, dass ich die Gesetze respektierte. Zum Teil bestimmt auch, um<br />
die Gesellschaft vor mir zu schützen, aber vor allem, um mich vor der<br />
Gesellschaft zu schützen. Er hatte Angst, dass ich mich in Gefahr bringe,<br />
dass ich mich wieder dem Gericht und dem Gefängnis, aber auch meiner eigenen<br />
Gewalttätigkeit ausliefere. In einem Moment der Schwäche oder der<br />
Prahlerei muss mir mal herausgerutscht sein, dass ich Fleury-Mérogis von<br />
innen kenne. Ich weiß nicht, ob er mir geglaubt hat, aber er hat nicht weiter