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Myrkdag - Thorwal Standard

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Im Schatten des Raben<br />

Bedenken, die wir aber ganz sicher morgen in einem Familienrat<br />

aus dem Weg räumen können.“<br />

Rahjandas klangvolle Stimme ließ Lefke ihren Blick heben.<br />

„Nicht aller Loyalitäten liegen so klar, wie die Euren, Prinzliche<br />

Durchlaucht.“ Ihre Gesichtszüge ließen nicht erkennen, was<br />

sie wirklich dachte. „Was wollt Ihr damit andeuten?“ fragte<br />

Lefke, die sich nur zu gut an die nachmittäglichen<br />

Anschuldigungen ihrer Base erinnerte. „Nichts, ich wollte Euch<br />

nur über die, eh ..., kleinen Meinungsverschiedenheiten in<br />

Kenntnis setzen, die deutlich wurden, als Ihr Euch ausruhtet.“<br />

Rahjandas Stimme hatte nichts von ihrem freundlichen Ton<br />

verloren. Ludeger fiel ein: „Wir können es uns nicht leisten,<br />

den Zweiflern in unseren Reihen auch nur Verständnis entgegen<br />

zu bringen. Wenn sie nicht verständig genug sind, sich uns<br />

vorbehaltlos anzuschließen, gibt es nichts mehr zu bereden.“<br />

Ludeger hatte diese Worte mit Sicherheit mit Bedacht so laut<br />

gesprochen, dass Goswin sie vernehmen konnte. Die Reaktion<br />

folgte denn auch umgehend. Goswin schaute wütend herüber<br />

und rauschte im Sturmschritt von dannen.<br />

„Und wie gedenkt Ihr, einen Feldzug zu führen, ohne die<br />

Unterstützung der Familie zu gewinnen?“ wandte Lefke sich<br />

nun hitzig an ihren verhassten Vetter. „Die Familie?“ höhnte<br />

Ludeger, „die Familie, die nichts besseres zu tun hatte, als sich<br />

so schnell wie möglich vom wahren Kaiser loszusagen? Die<br />

Familie, die sich Gareth anbiedert, in der Hoffnung, die<br />

Brosamen zugeworfen zu bekommen? Die Familie, die wir nun<br />

unter großen Opfern zu retten gekommen sind? Wir sind dabei,<br />

das Reich und unser geliebtes Darpatien zu befreien und um<br />

unsere Familie wieder an den Platz zu führen, der ihr gebührt!<br />

Wer sich uns angesichts dessen nicht anschließt, kann auf mein<br />

Verständnis nicht hoffen!“<br />

„Aber auf Eure Erpressung und Nötigung wohl?“ Lefke war<br />

aufgesprungen, ihre Stimme überschlug sich vor Zorn. Es<br />

scherte sie nicht, dass sie die Blicke aller im Raum auf sich<br />

gezogen hatte. Mit blitzenden Augen stand sie nun vor Ludeger.<br />

„Wenn es Euch wirklich darum ginge, Darpatien zu befreien,<br />

würdet Ihr anders sprechen. Nur vereint können wir gegen die<br />

Bedrohung bestehen.“<br />

„Was wisst Ihr schon von den Notwendigkeiten des Krieges?“<br />

herrschte Ludeger sie an, „für zaghaftes Zaudern und<br />

Befindlichkeiten haben wir keine Muße.“<br />

Bevor Lefke etwas erwidern konnte, erhob sich ihr Onkel.<br />

„Genug!“ Answins Blick wandte sich Lefke zu. „Ich werde<br />

keinen Streit dulden. Niemand ist gezwungen, unsere Sache zu<br />

unterstützen.“ Er wandte sich an seinen Sohn: „Ich habe etwas<br />

mit dir zu besprechen.“ Ohne ein weiteres Wort verließ Answin<br />

den Saal, gefolgt von Ludeger, der es nicht versäumte, Lefke<br />

noch einen triumphierenden Blick zuzuwerfen. Hasserfüllt ließ<br />

sie sich wieder auf ihren Stuhl sinken.<br />

Hagwulfs Stimme ließ sie aufblicken. „Verzeiht, Adepta. Hohe<br />

Herren.“ Formvollendet verneigte er sich vor Rahjanda, wobei<br />

in seiner Stimme jedoch ein frostiger Unterton lag. „Hagwulf“,<br />

antwortete die Angesprochene mit einem hochnäsigen Lächeln,<br />

„wie immer der Retter in der Not.“ Doch Hagwulf wandte<br />

sich an Lefke: „Entschuldigt bitte, Prinzliche Durchlaucht, ich<br />

hätte da noch etwas mit Euch zu besprechen.“ Damit wandte<br />

er sich brüsk von Rahjanda ab, um Lefke nach höfischer Art,<br />

seine Hand zur Führung anzubieten, die sie dankbar annahm.<br />

<strong>Thorwal</strong> <strong>Standard</strong> Nr.17, Seite 84<br />

Lefkes Ausbruch hatte Hagwulf erstaunt, obwohl er durchaus<br />

schon Erfahrung mit ihrer impulsiven Art gemacht hatte. Doch<br />

dieser offen zur Schau getragene Hass auf den Sohn ihres<br />

Anführers hatte eine andere Qualität. Er fragte sich, was wohl<br />

vorgefallen war, um diesen Hass auszulösen.<br />

Unter den Blicken der übrigen Anwesenden verließen sie den<br />

Saal. Draußen ließ Lefke seine Hand los. „Ich danke Euch für<br />

Eure Umsicht, Hagwulf. Ihr habt mich aus einer peinliche<br />

Situation befreit.“ Der Magus neigte ehrerbietig den Kopf.<br />

„Immer zu Euren Diensten, Prinzessin.“ Lefke bemerkte den<br />

melancholischen Unterton in seinen Worten nicht. Sie gähnte<br />

herzhaft. „Seltsam, nun habe ich fast den ganzen Tag geschlafen<br />

und bin immer noch hundemüde und erschöpft.“ Sie seufzte.<br />

„Es hat wohl wenig Sinn, sich gegen Borons Ruf zu wehren.<br />

Wie steht es mit Euch? Habt Ihr noch eine Verpflichtung oder<br />

gar eine Verabredung, die Eurer harrt? Oder wollt Ihr mir<br />

Gesellschaft bei meiner Verabredung mit Boron leisten?“ Lefkes<br />

Worte waren scherzhaft gemeint, doch Hagwulf fühlte sich<br />

unbehaglich. Er mochte nicht, wenn sie über sein<br />

Pflichtbewusstsein, das der Kern seines Wesens war, scherzte.<br />

Schweigend schlugen sie den Weg zu ihrem Schlafgemach ein.<br />

Hagwulf wurde immer flauer im Magen, je näher sie der<br />

Kammer kamen. Sicher, sie hatten bereits öfter umständehalber<br />

das Quartier teilen müssen, doch hatte es ich in diesen Fällen<br />

immer um Selbstverständlichkeiten gehandelt. Nun aber<br />

empfand er die Situation als neu. Dabei hatte er sich in den<br />

letzten Monaten so sehr danach gesehnt, Lefke so nahe zu<br />

kommen und wie viel Angst hatte er gleichzeitig davor.<br />

Im ersten Jahr seiner Leibwächtertätigkeit war sie für ihn nicht<br />

mehr als ein Auftrag gewesen Und dazu noch ein lästiger:<br />

Kindermädchen für eine verzogene Prinzessin, die nach einigen<br />

Sündenfällen reumütig in den Schoß der Familie heimkehrt.<br />

Doch nach dem Ende ihrer Klsoterzeit, die ihr die Fürstin als<br />

Sühne für ihre Verfehlungen auferlegt hatte, empfand er erstmals<br />

echte Sympathie für seinen Schützling. kurz darauf hatte er<br />

erstmals gespürt, dass da mehr war, doch er hatte versucht,<br />

sich gegen diese unprofessionelle Zuneigung zu wehren.<br />

Als er dann Zeuge ihrer langanhaltenden Affäre mit dem Edlen<br />

von Falkenhag wurde, begann eine harte Prüfung für ihn. Er<br />

wahrte jederzeit die Etikette, versuchte niemals eine<br />

missverständliche Situation entstehen zu lassen, und nun war<br />

er auf dem Weg in ein gemeinsames Schlafquartier, das nicht<br />

allein misslichen Umständen geschuldet war, so war er sich<br />

jedenfalls sicher …<br />

Als sie den letzten Winter in Friedland verbracht hatten, war er<br />

sich endgültig klar darüber geworden, wie viel Lefke ihm<br />

bedeutete. Er war sogar kurz versucht gewesen, sich ihr zu<br />

erklären.<br />

Doch nur einen Tag später, als sie beiläufig erwähnte, dass eine<br />

Verbindung zwischen dem Hause Rabenmund mit dem Hause<br />

Falkenhag erstrebenswert sei, dankte er den Göttern, dass er<br />

sich nicht dazu durchgerungen hatte. Sie erzählte ihm, dass sie<br />

sich gut vorstellen könne, mit ihrem Onkel über ihre Verbindung<br />

zu Bohemund zu sprechen. Von da an schalt er sich einen<br />

Narren, dass er über den Winter überhaupt so eine Nähe hatte<br />

aufkommen lassen, die dazu geführt hatte, solch private Dinge<br />

auszutauschen.<br />

Dann erreichte die Nachricht über den Fall Wehrheims<br />

Friedland, und Hagwulf hatte den Auftrag erhalten, den Schutz

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