HOLLY-JANE RAHLENS
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Keine Sekunde zu früh, atemlos, den ungeduldigen Blick des Busfahrers im Nacken,<br />
verabschiedeten wir uns. Philipps Kuss war ungeschickt, zungenlos, aber lang<br />
genug, um den Kaffee auf seinen Lippen zu schmecken.<br />
»Grüß New York von mir«, sagte er.<br />
»Ich mail dir«, sagte ich.<br />
Ich sauste zum Oberdeck. Als der Bus mit einem Ruck losfuhr, stürzte ich zum<br />
Fenster am Busende, um noch einmal Philipp sehen zu können. Aber durch die<br />
Spiegelung in den Scheiben konnte ich kaum etwas erkennen. Verzweifelt suchten<br />
meine Augen nach der orangefarbenen Weste, diesem einen von Billionen<br />
Farbflecken inmitten der leuchtenden Berliner Nacht.<br />
Aber Philipp war verschwunden.<br />
Ich spürte eine Hand auf der Schulter und drehte mich um.<br />
»Überraschung«, sagte Philipp und strahlte mich an.<br />
Ich bekam den Mund nicht zu, was praktisch war, da er mich dann küsste.<br />
Diesmal war es ein langer Kuss. Aber leider irgendwie schlabberig. Ziemlich<br />
enttäuschend. Philipps Zunge war überall, fuhr suchend in meinem Mund herum.<br />
Und seine Lippen saugten sich so fest an meine, dass es fast wehtat. Ich versuchte<br />
seine Zunge mit meiner zu bändigen, aber er kapierte nicht, was ich wollte. Und um<br />
ehrlich zu sein: Obwohl es mir schmeichelte, dass er mich küssen wollte, war mir<br />
schon vorher beim Kuss vor dem Busfahrer ein bisschen unwohl gewesen. Hier im<br />
Bus, vor all den Leuten, war es mir nun richtig peinlich.<br />
Vorsichtig löste ich mich von ihm. Hab ich was falsch gemacht?, fragten seine<br />
Augen. Er tat mir Leid. Schließlich war es nicht seine Schuld, dass ich so genaue<br />
Vorstellungen vom Küssen habe.<br />
»Deine Lippen schmecken gut«, sagte ich, um sein Selbstbewusstsein wieder<br />
aufzupäppeln. »Wie Caffè Latte.«<br />
Philipp lachte erleichtert. Und dann nahm er meine Hand. Und dann schauten<br />
wir uns an. Er sah so gut aus. Einfach umwerfend. Wen kümmerte es schon, dass<br />
seine Zunge noch ein bisschen untrainiert war?<br />
Am Adenauer Platz stiegen wir aus. Ich überlegte, ob er mich wohl noch einmal<br />
küssen würde, bevor er hinunter zur U-Bahn ging. Ich hätte nichts dagegen gehabt.<br />
Vielleicht klappte es ja diesmal besser.