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HOLLY-JANE RAHLENS

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Parfüm. Wir testeten dies und jenes, und plötzlich wurde er ganz aufgeregt. ›Das ist<br />

Bella‹, sagte er. ›Ich kann sie riechen! Das ist ihr Parfüm.‹ Er wollte, dass ich es mir<br />

kaufe, aber ich weigerte mich. Der Duft erinnerte mich an die alten Damen in meiner<br />

Kinderzeit, die immer in Cafés herumsaßen und Cognac tranken. Und außerdem,<br />

welche junge Frau möchte so riechen wie die Großmutter ihres Mannes?«<br />

»Glaubst du, der Flieder ist noch da? Und die Kastanie? Das Haus. Das wäre<br />

lustig!«, sagte ich. Jetzt interessierte es mich doch, zu sehen, wie Bella gelebt hatte.<br />

Vielleicht konnten wir ja anklopfen und einen Blick in ihr Haus werfen.<br />

»Das Haus stand damals zwar noch, aber es war eine Ruine. Auch die Altstadt<br />

muss ziemlich trostlos ausgesehen haben. Im Krieg war der Park bombardiert<br />

worden. Was stehen blieb, verfiel später. Die Ostdeutschen waren an der Geschichte<br />

Halberstadts nicht sehr interessiert, jüdisch oder nicht.«<br />

»Auch die Mikwe? Die hätte ich gern gesehen.«<br />

»Dein Vater und Myrna konnten sie nicht finden. ›Ein was?‹, haben die Leute<br />

gesagt. ›Ein jüdisches Badehaus? In Halberstadt? Juden in Halberstadt?‹ Daddy<br />

erzählte, man hätte sie wie Verrückte angeschaut.« Schweigend löffelten meine<br />

Mutter und ich unsere Eisbecher, jede hing ihren eigenen Gedanken nach. Mir fiel<br />

wieder das Foto von Bella ein, das bei meiner Grandma Myrna hängt. Darauf trägt<br />

sie eines dieser formlosen Charleston-Kleider, aber man sieht doch, dass sie drall<br />

war und ziemliche Kurven hatte. Das Bild war aufgenommen worden, kurz bevor sie<br />

mit Murray, meinem zukünftigen Großvater, schwanger wurde. Mit dem Arm um ihren<br />

Mann, Sydney Brody, steht sie vor der Apotheke, die Sydney gerade in San Diego<br />

eröffnet hatte.<br />

»Also, war sie schön? Oder war sie schön?«, hatte mein Vater immer wieder<br />

gesagt.<br />

»Na ja – sie hatte auf jeden Fall große Möpse«, sagte ich.<br />

»Renée!«, rief meine Großmutter schockiert.<br />

Böse sah meine Mutter meinen Vater an. »Da siehst du’s, Bo. Hab ich’s dir<br />

nicht gesagt?«<br />

Mein Vater lachte sich schlapp. Er lachte so sehr, dass ihm die Tränen übers<br />

Gesicht liefen. Er lachte überhaupt viel und gern. Dann musste er immer seine Brille<br />

abnehmen und die Augen mit einem Tuch trocknen. Und mit einem anderen Tuch<br />

putzte er seine Brille. Das Schildpattgestell gab ihm einen intellektuellen Touch.<br />

Überhaupt sah er nicht aus wie die meisten Typen im Musikgeschäft, trug weder

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