HOLLY-JANE RAHLENS
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Und mit einer guten Figur. Wie Philipp hatte der Mann im weißen Leinenanzug breite<br />
Schultern und schmale Hüften. Und er war auch ungefähr gleich groß, wobei Philipp<br />
wahrscheinlich noch größer würde.<br />
Der Mann im weißen Leinenanzug hatte meinen Blick wohl gespürt. Er hob den<br />
Kopf und unsere Augen trafen sich.<br />
Ich schaute weg.<br />
Meine Mutter schien heute etwas angespannt. Sie richtete sich auf und schaute<br />
mich über den Rand ihrer Brille an, dann las sie weiter in dem New Yorker, den ich in<br />
Berlin am Bahnhof gekauft hatte. Um sie daran zu erinnern, was sie mir angetan<br />
hatte.<br />
Ich ließ mich in meinen Sitz zurückfallen. Vor dem Fenster immer das Gleiche:<br />
platte, graugrüne Erde, Bäume und ein schmutziggrauer Himmel. Ich sah auf die Uhr.<br />
Genau jetzt war Philipp auf dem Weg nach Barcelona. Wir hatten uns noch nicht<br />
einmal verabschiedet. Jedenfalls nicht richtig.<br />
Ich nahm meinen Discman heraus und legte das dritte Album der Kings of<br />
Prussia, The Garden of Delight, auf.<br />
Ich versenkte mich in meinen Lesestoff: den Tour-Plan meiner Mutter, während<br />
The Great Gatzki Liebesballaden sang.<br />
Sitting by the Sonnenblumen<br />
I try with all my might<br />
To bring back our garden of delight.<br />
Oben auf der ersten Seite stand groß: Dr. Mom liest. Der Plan enthielt alle<br />
Termine: wo sie von wem abgeholt werden würde, die Adressen ihrer Hotels,<br />
Veranstaltungsorte mit Telefonnummern, Zugverbindungen, alternative Routen.<br />
Heute war Donnerstag, Tag fünf. Planmäßig waren wir unterwegs von<br />
Tangermünde nach Stadthagen. In Hannover wollten wir als Zwischenstopp eine<br />
ausgedehnte Mittagspause mit Oma Ulli einlegen und um acht Uhr abends hatte<br />
meine Mutter eine Lesung in ...<br />
Aha! Vielleicht war es das. Oma Ulli! Vielleicht war meine Mutter deshalb so<br />
angespannt.<br />
Meine Mutter spürte meinen Blick und sah auf.<br />
»Was ist?«, fragte sie.