HOLLY-JANE RAHLENS
HOLLY-JANE RAHLENS
HOLLY-JANE RAHLENS
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»Ich glaube, ich bekomme Kopfschmerzen«, seufzte meine Mutter.<br />
»Wegen Oma Ulli«, neckte ich.<br />
»Also wirklich, Renée!«<br />
»War nur’n Witz.«<br />
Bestimmt war es Oma Ulli.<br />
Meine Mutter wandte sich wieder ihrem Laptop zu. Klickety-klack-klickety-klack<br />
machten ihre Finger auf der Tastatur. Was mochte sie da schreiben? Jedenfalls<br />
keine Kolumne. Normalerweise schrieb sie immer alle sechs Monate zwölf Stück auf<br />
einmal. Die nächsten waren erst wieder im November dran.<br />
Ich schob das Heft weg. Ziele! So’n Quatsch! Wozu Ziele, wenn aus heiterem<br />
Himmel alles in Scherben gehen kann?<br />
Andererseits hat es auch sein Gutes, wenn man weiß, was man will. Ich zum<br />
Beispiel wusste ganz genau, dass ich mit Philipp schlafen wollte, also konnte ich<br />
mich gezielt darauf vorbereiten. LipLuv war der erste Schritt in die Richtung.<br />
Piercings ein weiterer. Die Recherche in Sache Sex (Sammy) lief ja bereits.<br />
Ich schielte auf den Laptop. Meine Mutter beantwortete gerade eine Mail.<br />
Wahrscheinlich schrieb sie an Ulf Krauss, diese Laus, ihren Verleger. Meine Mutter<br />
hat auf der ganzen Welt Freunde, Leute, die sie von Konferenzen kennt, Leute, die<br />
ihre Bücher lesen oder verlegen, und mit allen hält sie Kontakt via E-Mail. Aber von<br />
Ulf Krauss hat sie mit Abstand die meisten. Um die zweihundertzwanzig. Das weiß<br />
ich, weil ich vor einigen Wochen, als mein Computer in der Reparatur war und ich<br />
ihren benutzen durfte, den Ordner im offenen Mailprogramm gesehen habe. Ob sie<br />
ihm wohl genauso viele E-Mails zurückgeschrieben hatte? Ich schaute unter<br />
»gesendet« nach, ordnete die Einträge alphabetisch, und tatsächlich, da waren die<br />
Mails an ihn. Einige Betreffzeilen klangen total langweilig (Re: Buchumschlag, Re:<br />
Lesereise?, Re: No Subject), aber ein paar versprachen mehr (Re: Wow! Mehr!<br />
Sofort!, Re: Wir sehn uns in Hamburg).<br />
Meine Neugierde war geweckt. War Ulf Krauss der Grund, warum sie neulich in<br />
Hamburg übernachtet hatte? Wie konnte sie nur? Nach all dem, was passiert ist? Es<br />
war noch nicht mal ein Jahr her. Und außerdem, Ulf Krauss war sechzig! Und sein<br />
Bauch! Total abtörnend. Wie ein Fußball, aus dem die Luft rausgegangen ist,<br />
schwappt er über seine Hose. Das ist eklig – überhaupt nicht wie bei meinem Vater,<br />
dessen Bäuchlein nur ein klein bisschen wackelte, wenn er lachte. Gott. Meine