ultreïa - Schweizerischen Vereinigung der Freunde des Jakobsweges
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TROUVAILLES JACQUAIRES<br />
Trouvailles jacquaires<br />
Rochus als Thema <strong>der</strong> bildenden Kunst<br />
Wer bei Darstellungen nicht genau<br />
hinschaut, kann die Pilgerpatrone<br />
Jakobus, Jost und Rochus leicht<br />
verwechseln, gibt es doch in Bezug<br />
auf ihre äussere Erscheinung kaum<br />
Unterschiede. Da Rochus in erster<br />
Linie gegen die Pest zuständig ist,<br />
wird er von allem Anfang an mit<br />
<strong>der</strong> Pestbeule, einem <strong>der</strong> typischen<br />
Erkennungszeichen <strong>der</strong> Krankheit,<br />
dargestellt. Schon die frühesten<br />
Bil<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Zeit ab 1460 zeigen<br />
den Heiligen im kurz geschnittenen<br />
Pilgermantel, <strong>der</strong> sogenannten<br />
„Sanrocchina“ (!), mit breitkrempigem<br />
Hut, Tasche und Stab<br />
in <strong>der</strong> einen Hand. Mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n<br />
Hand weist Rochus auf seine Wunde<br />
am Oberschenkel hin, die sich<br />
unterschiedlich, mal blutend, mal<br />
ohne Blut präsentiert. Die schriftlichen<br />
Zeugnisse weisen Rochus als<br />
Rompilger aus. Trotzdem wird er<br />
nicht mit <strong>der</strong>en Emblem – zwei gekreuzten<br />
Schlüsseln – gekennzeichnet.<br />
„Sein“ Zeichen ist die Jakobsmuschel<br />
– ein Hinweis darauf, dass<br />
zu jener Zeit die Muschel als Pilgersignet<br />
schlechthin galt. Als Schutzpatron<br />
<strong>der</strong> Jakobspilger nahm sich<br />
Rochus speziell <strong>der</strong>jenigen an, die<br />
über Arles Richtung Santiago zogen.<br />
Grund: Die Route verläuft über<br />
seine Vaterstadt Montpellier.<br />
Die frühesten bildlichen Darstellungen<br />
von Rochus sind Fresken.<br />
Ihre Entstehung ist auf die Zeit von<br />
1460 bis 1490 zu datieren. Zu finden<br />
sind sie in Gotteshäusern <strong>der</strong><br />
Diözese Novara, im Gebiet um den<br />
Lago Maggiore, an <strong>des</strong>sen Ufer An-<br />
gera liegt, wo gemäss „Acta Breviora“<br />
Rochus gestorben sein soll. Von<br />
dieser Gegend aus gelangte <strong>der</strong> Rochuskult<br />
dem Ticino entlang zum<br />
Gotthard und über den Pass weiter<br />
nach Norden. In <strong>der</strong> Pfarrkirche<br />
SS. Lorenzo e Agata in Rossura,<br />
einem Dorf auf einer Terrasse am<br />
linksseitigen Hang <strong>der</strong> Leventina,<br />
ist wohl die älteste Rochus-Darstellung<br />
in <strong>der</strong> Schweiz erhalten. Das<br />
Fresko an <strong>der</strong> Rückwand <strong>des</strong> Kirchenschiffs<br />
zeigt links Rochus, in<br />
<strong>der</strong> Mitte Sebastian – beide Patrone<br />
gegen die Pest – sowie rechts<br />
den Kirchenvater Hieronymus. In<br />
einer Inschrift sind die Namen <strong>der</strong><br />
Künstler, Cristoforo und Nicolao da<br />
Seregno (die vorwiegend in Lugano<br />
arbeiteten), und das Ausführungsjahr<br />
1463 festgehalten.<br />
Zusätzliche Attribute, wie sie die<br />
Rochus-Ikonografie kennt – <strong>der</strong><br />
Hund mit dem Brot im Maul, ein<br />
Engel, <strong>der</strong> die Wunde balsamiert –,<br />
fehlen im Fresko von Rossura. Dies<br />
braucht nicht zu erstaunen, denn<br />
die genannten Attribute tauchen<br />
in Bildnissen <strong>des</strong> Pestpatrons erst<br />
nach 1478 auf. 1478 erschien die<br />
„Vita sancti Rochi“ <strong>des</strong> Venezianers<br />
Francesco Diedo – eine Lebensbeschreibung,<br />
angereichert mit<br />
schmückenden Details. Auf diese<br />
in <strong>der</strong> „Vita“ beschriebenen wun<strong>der</strong>samen<br />
Ereignisse verweisen die<br />
Attribute: Hund mit Brot im Maul<br />
und Engel, mit denen Rochus spätestens<br />
ab 1490 in Erscheinung<br />
tritt.<br />
Otto Dudle<br />
54 ULTREÏA No 43 - Mai 2009