Eeb jahrbuch 08 09 v03:layout 1 - EEB Niedersachsen
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„Connections“ 24 entwickelt, in dem sie das Leben und den<br />
Glauben der Teilnehmenden sehr explizit aufeinander bezieht.<br />
Dazu gehört, dass die Arbeitsorte der Teilnehmenden<br />
von der Kursgruppe besucht werden und dann auch gefragt<br />
wird: Wo ist hier Gott? Wo wird hier Gnade erlebt?<br />
Diese theologische Wahrnehmung ihres Berufsalltags ist für<br />
die Teilnehmenden oft sehr neu und überraschend; von der<br />
Leitung erfordert sie eine hohe theologisch-hermeneutische<br />
Kompetenz.<br />
4.4. Konsequenzen im Umgang mit dem Kurs-Material<br />
Es gibt derzeit Überlegungen in der EKD, einige Glaubenskurse<br />
als Standard zu entwickeln. Ich halte das für problematisch,<br />
denn entscheidend für das Gelingen eines Kurses<br />
ist nicht das verwendete Material, sondern der Umgang damit.<br />
Sinnvoll ist gute Fortbildung in Gesprächsmoderation<br />
und Prozessgestaltungskompetenz. Letztlich lässt sich jedes<br />
Material direktiv oder offen einsetzen. Wichtig finde ich,<br />
sich verschiedene Materialien anzusehen und daraus möglichst<br />
etwas Eigenes zu entwickeln, das in die spezifische<br />
Situation passt. Dabei kann der Glaubenskursfinder helfen.<br />
Eine weitere Antwort auf die beschriebenen didaktischen<br />
Herausforderungen ist die Arbeit im Team, um eine<br />
dialogische Struktur und die Begegnung mit einer Vielfalt<br />
von Positionen und Perspektiven zu ermöglichen.<br />
4.5. Frage der eigenen Position und Sprachfähigkeit<br />
Theologische und religiöse Aufklärung gehört seit jeher in<br />
das Zentrum evangelischer Erwachsenenbildung. Aber die<br />
spirituelle Bildung und die Frage nach dem persönlichen<br />
Wachstum im Glauben sind einer kritischer Reflexion verpflichteten<br />
Bildungsarbeit eher fremd. Im Zuge der Befreiung<br />
von religiöser Bevormundung durch kirchliche Autoritäten<br />
hat vielleicht auch eine Selbstsäkularisierung der evangelischen<br />
Erwachsenenbildung stattgefunden, die angesichts<br />
der gesellschaftlichen Respiritualisierung und der<br />
Wiederentdeckung der Religion in Frage gestellt wird. Und<br />
das hat eine ganz persönliche Dimension: Die Suche nach<br />
einer eigenen Position bei den Teilnehmenden lässt sie auch<br />
nach der persönlichen Position der Leitung und damit nach<br />
der Glaubenshaltung evangelischen Erwachsenenbildner<br />
fragen. In diesen Seminaren ist nicht nur Moderation, sondern<br />
Position gefragt; das braucht eine Klärung eigener<br />
Glaubensfragen; das braucht auch den Mut, Position zu zeigen<br />
und zur Sprache zu bringen, und fordert eine Verständigung<br />
über den eigenen „Missions“-Begriff. Auch die spirituelle<br />
Bildung stellt die <strong>EEB</strong> vor neue Fragen: Wie verbinden<br />
wir Intellektualität mit Spiritualität? Inwieweit ist Einübung<br />
von Spiritualität überhaupt Bildung, inwieweit fordert sie ganz<br />
andere Lernarrangements, z. B. im Blick auf die Leitungsrolle,<br />
die Kommunikationsformen, die Haltung der Teilnehmenden<br />
und auf die unmittelbare Wirkung von Erfahrung,<br />
die einerseits reflektiert, aber andererseits nicht „zerredet“<br />
werden soll.<br />
5. Fazit<br />
Wie verhält sich Erwachsenenbildung angesichts dieser Entwicklung?<br />
Das Ergebnis ihrer Suchbewegung kann ich hier nicht<br />
vorwegnehmen. Ich denke: Es gibt ein hohes Bedürfnis nach<br />
der Klärung religiöser Fragen bei sehr unterschiedlichen<br />
Menschen. Das hat bisher in der evangelischen Kirche zu<br />
wenig Raum und braucht neue Formen und Orte. Wenn die<br />
<strong>EEB</strong> sich hier verschließt, überlässt sie pädagogisch und<br />
theologisch eindimensionalen Positionen das Feld. Das sollte<br />
sie sich gut überlegen.<br />
Positiv formuliert: Es gibt im Bereich der missionarischen<br />
Arbeit eine neue Frage nach Erfahrungen und Herangehensweisen<br />
der <strong>EEB</strong>. Daraus lassen sich möglicherweise<br />
interessante Kooperationen entwickeln. �<br />
1 Kirche der Freiheit. Perspektiven für die evangelische Kirche im 21. Jahrhundert,<br />
Hannover 2006, S.77.<br />
2 HÄUSER, GÖTZ: Einfach vom Glauben reden, Neukirchen-Vluyn 2004, S. 91.<br />
3 JENS MARTIN SAUTTER: Spiritualität lernen. Glaubenskurse als Einführung in<br />
die Gestalt christlichen Glaubens, Neukirchen-Vluyn 2005, S. 22.<br />
4 Die Unterscheidung findet sich, so SAUTTER ebd., erst seit dem 17. Jahrhundert<br />
(bei HOLLAZ), wurde aber im Rückgriff auf Augustinus entwickelt.<br />
5 HANS-JÜRGEN FRAAS: Die Religiosität des Menschen. Ein Grundriß der Religionspsychologie,<br />
Göttingen, 2. Auflage 1993, S. 50.<br />
6 SAUTTER: Spiritualität lernen, S. 34.<br />
7 RAINER LACHMANN: Kann man „Glauben“ lernen? in: Katechetische Blätter 115<br />
(1990), S. 762.<br />
8 HARTMUT VON HENTIG: Glauben lernen? CRP 4/2204, S. 4.<br />
9 Vgl. zum Folgenden CLAUDIA HARDERS: Kirchliche Angebote zum religiösen<br />
Lernen – Eine Analyse von Glaubenskursen im Hinblick auf die Dimensionen kirchlichen<br />
Handelns, Diplomarbeit an der Evangelischen Fachhochschule Nürnberg<br />
2007, S. 25–28. Interessanterweise werden exakt diese beiden Begriffe auch in dem<br />
kürzlich erschienen Buch von CLAUDIA SCHULZ/EBERHARD HAUSCHILDT/EIKE<br />
KOHLER: Milieus praktisch, Göttingen 20<strong>08</strong>, S. 290 zur Beschreibung von Kirchenvorstellungen<br />
in den verschiedenen Milieus verwendet.<br />
10 Diese Position erfährt in Kirchen-Mitgliedschaftsuntersuchungen eine deutlich<br />
stärkere Bestätigung, als die zweite.<br />
11 Dazu KARL FOITZIK: Orte religiösen Lernens. Anmerkungen zur gegenwärtigen<br />
Diskussion und gemeindepädagogische Impulse, in: Praktische Theologie 2/2004,<br />
S. 86–96, hier S. 88.<br />
12 Nach PETER L. BERGER: Sehnsucht nach Sinn. Glauben in einer Zeit der Leichtgläubigkeit,<br />
Gütersloh 1999, liegt der Grund für diese Plausibilitätsstruktur weniger<br />
an Inhalten, sondern im gemeinschaftlichen Austausch, Glaube wird so quasi erlebt.<br />
13 Vgl. www.glaubenskursfinder.de<br />
14 Vgl. Emmaus. Auf dem Weg des Glaubens, Handbuch, hg. von MICHAEL HERBST,<br />
Neukirchen-Vluyn 2002, S. 72f.<br />
15 Vgl. BARZ, HEINER/TIPPELT, RUDOLF: Weiterbildung und soziale Milieus in<br />
Deutschland, Bd. 1. Praxishandbuch Milieumarketing + Bd. 2 Adressaten- und<br />
Milieuforschung zu Weiterbildungsverhalten und -interessen, Bielefeld 2004, Bd. 3<br />
Milieumarketing implementieren, Bielefeld 20<strong>08</strong>. Für die folgenden Überlegungen<br />
folge ich den dort beschriebenen Sinus-Milieus.<br />
16 Vgl. BEATE HOFMANN/GERD STOLZ: Wer besucht Evangelische Stadtakademien?<br />
Eine empirische Studie zu den Zielgruppen Evangelischer Erwachsenenbildung,<br />
in: Evangelisch-Diakonisch. Ev. Hochschulperspektiven Bd. 4, 20<strong>08</strong>,<br />
S. 143–169, gekürzte Fassung in nachrichten der ELKB, 64. Jg., Nr 1/20<strong>09</strong>,<br />
S. 12–15.<br />
17 Vgl. UTA POHL-PATALONG: „Glauben weitergeben“ – an wen auf welchen Wegen?<br />
in: forum Erwachsenenbildung 2/2007, S. 30ff.<br />
18 Vgl. www.alphakurs.de<br />
19 Vgl. Kirche in der Vielfalt der Lebensbezüge (4. EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft),<br />
hg. von WOLFGANG HUBER, JOHANNES FRIEDRICH, PETER STEIN-<br />
ACKER, Gütersloh 2006; oder die Untersuchung Spiritualität in Deutschland. Eine<br />
Untersuchung der GfK Marktforschung im Auftrag der Identity Foundation Düsseldorf<br />
vom März 2006, http://www.identityfoundation.de/fileadmin/templates_<br />
identityfoundation/downloads/presse/frauen_spiritualitaet/Studie_Spiritualitaet_<br />
ausgew_Charts.ppt.<br />
20 Vgl. KLAUS-PETER JÖRNS: Die neuen Gesichter Gottes. Die Umfrage<br />
„Was die Menschen wirklich glauben“ im Überblick, Neukirchen-Vluyn 1997.<br />
21 Gauben (12). Leitfaden des Glaubens im Labyrinth des Lebens, Zürich 2005;<br />
www.glauben12.ch<br />
22 RODNEY STARK: The Rise of Christianity. A Sociologist Reconsiders History,<br />
Princeton University Press 1996, S. 18.<br />
23 JOHN FINNEY: Finding Faith Today: How Does It Happen? Stonehill Green: British<br />
and Foreign Bible Society, Reprinted 1999, S. 36ff.<br />
24 Connections: Faith and Life, von NORMA COOK EVERIST und NELVIN VOS,<br />
ELCA 1997 (leider vergriffen).<br />
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