Eva Straub - Landesverband Bayern der Angehörigen psychisch ...
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Informierte Angehörige können Rückfälle verringern<br />
Nebenbei bemerkt: Nicht zu unterschätzen ist auch die Beeinflussung <strong>der</strong> <strong>psychisch</strong><br />
kranken Patienten durch an<strong>der</strong>e Patienten o<strong>der</strong> Psychiatrie-Erfahrene.<br />
Was dafür spricht, auf breiter Basis Patienten in Psychoedukation einzubinden.<br />
In „Rechts <strong>der</strong> Isar“ und in etwa zeitgleich in ein o<strong>der</strong> zwei an<strong>der</strong>en deutschen<br />
Kliniken entschloss man sich, parallel zu den Psychoedukationsstunden<br />
für Patienten auch Psychoedukation für ihre <strong>Angehörigen</strong> abzuhalten.<br />
Der Erfolg war verblüffend.<br />
In <strong>der</strong> Münchner PIP-Studie (Psychosen-Informations-Projekt), die Dr. Josef<br />
Bäuml und Dr. Gabi Pitschel-Walz 1996 veröffentlichten, konnte gezeigt werden,<br />
dass es bei schizophren erkrankten Patienten zu stationären Wie<strong>der</strong>auf-<br />
2. Regionaltreffen<br />
Psychiatrie-Reform und ihre Folgen<br />
Parallel zu dieser Entwicklung zeitigte gegen Ende <strong>der</strong> siebziger und dann<br />
erst recht in den achtziger Jahren die Psychiatrie-Reform praktische Folgen.<br />
Psychiatrie-Patienten wurden nicht mehr in Langzeitstationen versorgt, sie<br />
wurden und werden zunehmend ambulant vor stationär behandelt und leben<br />
vorwiegend „wohnortnah“. In <strong>der</strong> Praxis heißt das, dass etwas Zweidrittel<br />
aller Patienten in <strong>der</strong> eigenen Familie leben.<br />
Die wohnortnahe ambulante Behandlung von an Schizophrenie leidenden<br />
Menschen wurde vor allem möglich, weil Medikamente entwickelt wurden,<br />
die die Symptome positiv beeinflussen. Aber Medikamente allein, das sah<br />
man schnell, reichen nicht aus, um <strong>psychisch</strong> kranken Menschen zu helfen,<br />
ihre Alltagsfähigkeiten wie<strong>der</strong> zu erlangen, und um Alltagsbelastungen standzuhalten.<br />
Ohne Unterstützung durch begleitende Therapien und ohne Behandlungskontinuität<br />
gelingt die Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>ung kaum. Es entstanden eine<br />
ganze Reihe von psychosozialen Einrichtungen.<br />
So wichtig auch die begleitenden Therapien wie Psychotherapie, Arbeitstherapie,<br />
Kognitions- und Kontakt-Training, Ergo- und Kunsttherapie auch sein<br />
mögen, so richtig erfolgreich sind sie nur, wenn die <strong>Angehörigen</strong> die Behandlungen<br />
unterstützen.<br />
Angehörige<br />
Das leuchtet ein, denn wenn die Nahestehenden etwa argumentieren, die Pillen<br />
sind Teufelszeug, die brauchst Du doch nicht zu nehmen, muss man sich nicht<br />
wun<strong>der</strong>n, wenn <strong>der</strong> Patient die Medikamente schnell wie<strong>der</strong> absetzt. O<strong>der</strong><br />
wenn <strong>der</strong> über die Wirkung von Beschäftigungstherapie uninformierte Angehörige<br />
die Motivationsschwäche des Betroffenen noch unterstützt, indem er<br />
sagt, die Beschäftigungstherapie – das bisschen Malen – sei nicht so wichtig,<br />
er o<strong>der</strong> sie möge sich ruhig ausschlafen, wird <strong>der</strong> Patient bald aufgeben. Die<br />
Schlussfolgerung ist, dass auch Angehörige Krankheitseinsicht und Behandlungsbereitschaft<br />
lernen müssen.<br />
Was also lag näher, als auch für Angehörige Psychoedukations-Gruppen zu<br />
etablieren?<br />
In Deutschland fand diese Therapieform sogleich Anhänger und wurde schnell<br />
unter dem eigentlich englischen Begriff „Psychoedukation“ bekannt. Zu den<br />
Kliniken, die diese Methode als Modell ausprobierten, gehörte die Klinik für<br />
Psychiatrie und Psychotherapie <strong>der</strong> TU München rechts <strong>der</strong> Isar. Josef Bäuml,<br />
ltd. Oberarzt in <strong>der</strong> Klinik, <strong>der</strong> sich schon immer sehr dafür einsetzte, die<br />
Wie<strong>der</strong>genesungs-Chancen schizophrener Patienten durch eine größere Behandlungsbereitschaft<br />
zu verbessern und dadurch Rückfälle zu verringern,<br />
konnte in einer gemeinsamen Studie mit Gabi Pitschel-Walz die englischen<br />
Ergebnisse bestätigen.<br />
Einfluss <strong>der</strong> <strong>Angehörigen</strong> auf Behandlungskontinuität<br />
Je kürzer die Krankenhausaufenthalte wurden (von ehemals 192 Tagen auf<br />
heute 23 Tage durchschnittlich pro Krankenhausbehandlung), desto mehr<br />
stellte sich heraus, wie wichtig – ja geradezu unverzichtbar – das Umfeld <strong>der</strong><br />
Betroffenen ist. Es sind in erster Linie die nahen <strong>Angehörigen</strong>, die mit ihrem<br />
Einfluss positiv, aber auch negativ verstärkend auf die Behandlungsbereitschaft<br />
einwirken.<br />
tagungsband02.qxd 07.02.2007 9:44 Uhr Seite 104