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Eva Straub - Landesverband Bayern der Angehörigen psychisch ...

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Thementagung<br />

Ich möchte jetzt aber bei dieser Gelegenheit nicht näher auf das Erkrankungsrisiko<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> eingehen. Dagegen möchte ich auf die mindestens genauso<br />

Risikofaktoren sind:<br />

• Die Art <strong>der</strong> Erkrankung (Risiko bei schizophrenen Eltern 10 – 15%,<br />

wenn beide erkrankt sind 35 – 50%, Risiko bei depressivem Elternteil<br />

23 – 38%);<br />

• welcher Elternteil betroffen ist: eine Erkrankung <strong>der</strong> Mutter stellt einen<br />

höheren Risikofaktor dar als die Erkrankung des Vaters;<br />

• Schwere und Chronizität <strong>der</strong> Erkrankung;<br />

• Alter des Kindes bei Beginn <strong>der</strong> elterlichen Erkrankung: je jünger das<br />

Kind umso höher ist das Erkrankungsrisiko;<br />

• instabile Familienbeziehungen, allein erziehendes krankes Elternteil;<br />

• soziale Isolation;<br />

• Armut, mangelnde Bildung.<br />

Wichtig ist noch hinzuzufügen, dass das Vorliegen einer <strong>psychisch</strong>en Erkrankung<br />

noch nichts per se über den Umgang <strong>der</strong> erkrankten Mutter mit dem<br />

Kind aussagt. Als Folge <strong>der</strong> <strong>psychisch</strong>en Erkrankung, insbeson<strong>der</strong>e bei chronischen<br />

Verläufen, entstehen immer wie<strong>der</strong> Problembündel, die das Verhalten<br />

<strong>der</strong> Mutter/des Vaters manchmal mehr als die Erkrankung selbst beeinflussen<br />

können. Arbeitslosigkeit mit Gefühlen <strong>der</strong> Entwertung, <strong>der</strong> Scham, des Überflüssigseins<br />

und die Folgen von sozialem Abstieg wie Armut und Wohnungsverlust<br />

nagen sehr am Selbstbewusstsein und verursachen konkrete existentielle<br />

Notsituationen. Psychische Erkrankung <strong>der</strong> Eltern ist somit nur ein Risikofaktor<br />

neben an<strong>der</strong>en, die sich jedoch gegenseitig bedingen und verstärken.<br />

Protektive Faktoren für das Kind sind:<br />

• wenn es über die Erkrankung des Elternteils ausreichend aufgeklärt und<br />

informiert ist;<br />

• wenn es ein soziales Netz rund um die Familie gibt;<br />

• wenn an<strong>der</strong>e, gesunde Bezugspersonen für das Kind zur Verfügung stehen;<br />

• wenn es Aussprachemöglichkeiten für das Kind gibt (professionelle o<strong>der</strong><br />

nicht professionelle Unterstützung);<br />

• wenn es Orte hat, wo es kindgerechte „normale“ Möglichkeiten gibt, um<br />

unbeschwert Kind zu sein;<br />

• wenn die Eltern krankheitseinsichtig und behandlungsbereit sind (Bereitschaft<br />

zur Medikamenteneinnahme);<br />

• wenn die Problematik früh erkannt wird und dementsprechend frühe<br />

soziale Hilfen eingesetzt werden;<br />

• wenn die Eltern Entlastungsangebote haben, z.B. Entlastung in <strong>der</strong> Mutterrolle,<br />

bei Erziehungsaufgaben, im Haushalt, bei <strong>der</strong> Alltagsbewältigung;<br />

• wenn die Beziehung des Kindes zum erkrankten Elternteil stabil ist;<br />

• wenn es keine Beziehungsabbrüche gibt;<br />

• wenn das Kind spezifische Eigenschaften und Fähigkeiten mitbringt<br />

(Intelligenz, soziale Kompetenzen, körperliche Gesundheit);<br />

• wenn die Familie über ausreichende finanzielle Ressourcen und stabile<br />

Lebensbedingungen verfügt.<br />

Kin<strong>der</strong> von <strong>psychisch</strong> kranken Eltern haben dann gute Entwicklungschancen,<br />

wenn Eltern, Angehörige und Fachleute lernen, angemessen mit <strong>der</strong> Erkran-<br />

Kin<strong>der</strong><br />

gerät o<strong>der</strong> ob sie gar erst erkrankt, wenn das Kind älter ist. Natürlich stellt die<br />

Erkrankung eines Elternteiles o<strong>der</strong> gar bei<strong>der</strong> Eltern für Kin<strong>der</strong> immer eine<br />

massive Belastung dar, aber wie hoch die eigene Gefährdung ist, hängt von<br />

verschiedenen Risikofaktoren ab.<br />

wichtige Tatsache zu sprechen kommen, dass <strong>der</strong> überwiegende Teil <strong>der</strong> betroffenen<br />

Kin<strong>der</strong> – immerhin ca. 85 Prozent später nicht erkrankt. Und das<br />

ist <strong>der</strong> entscheidende Punkt. Hier gilt es genau hinzuschauen und Antworten<br />

zu finden auf die zentrale Frage: Was hilft den Kin<strong>der</strong>n, gesund zu bleiben?<br />

Was wirkt wie? Die Hilfe- und Unterstützungsmaßnahmen müssen sich an<br />

diesen protektiven Wirkfaktoren ausrichten.<br />

tagungsband02.qxd 07.02.2007 9:44 Uhr Seite 130

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