Eva Straub - Landesverband Bayern der Angehörigen psychisch ...
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Thementagung<br />
Und dieses Allgemeingültige lässt sich vielleicht in folgenden Punkten zusammenfassen:<br />
• Akzeptieren Sie die außergewöhnlichen <strong>psychisch</strong>en Zustände ihres <strong>Angehörigen</strong><br />
als Krankheit, für die niemand etwas kann und die wie jede<br />
an<strong>der</strong>e Krankheit behandelt werden muss und vielleicht dadurch geheilt<br />
Diese Tatsache bringt viele Betroffene zur schieren Verzweiflung. Denn man<br />
könnte doch glauben, dass ein <strong>psychisch</strong>er Defekt schon irgendwie aus <strong>der</strong><br />
Welt geschafft werden kann, wenn man sich einfach gemeinsam anstrengt.<br />
Noch nicht allzu verbreitet ist <strong>der</strong> Gedanke daran, dass die Psyche eben auch<br />
erkranken kann, und zwar in verschiedenen Abstufungen. Für viele ist ein<br />
Mensch entwe<strong>der</strong> ganz normal im Kopf, o<strong>der</strong> aber er ist einfach verrückt und<br />
muss in die Klapsmühle. Und bevor man eben seinen <strong>Angehörigen</strong> als völlig<br />
verrückt abstempelt, tut man lieber seinen <strong>psychisch</strong>en Defekt als Lappalie<br />
ab, die man schon irgendwie selbst in den Griff bekommt. Der Gang zum Arzt<br />
wird nicht erwogen, kommt erst dann, wenn die Situation völlig aus dem Ru-<br />
Kin<strong>der</strong><br />
Je<strong>der</strong> von uns ist dabei seinen eigenen Weg gegangen, o<strong>der</strong> er sucht noch nach<br />
seinem Weg. Diesen Weg zu finden ist nicht leicht und es ist immer etwas<br />
ganz Eigenes, das hier zur Wendung führt. Je<strong>der</strong> schreibt seine eigene Geschichte.<br />
Da kann man nicht sagen, das ist so und jenes ist so. Da gibt es<br />
wenig Allgemeingültiges.<br />
Ich habe mir immer mehr Sorgen über mein öffentliches Auftreten gemacht<br />
und habe sogar erwogen, einen anonymen Vortrag zu halten. Aber dann habe<br />
ich mich wie<strong>der</strong> daran erinnert, dass hier doch Menschen zusammengekommen<br />
sind, die mir und meinem Thema wohlgesonnen sind, da dieses Thema ja<br />
auch ihres ist. Eine Gemeinschaft von Menschen, die Vergleichbares in ihren<br />
Familien erlebt haben, bzw. beruflich als Fachleute mit solchen Menschen zu<br />
tun haben. Und viele könnten wohl auch eine Geschichte erzählen, die auf<br />
ihre ganz eigene Art ebenso schwer ist. Ich finde den Gedanken einer Organisation<br />
gut, in <strong>der</strong> Menschen mit diesen Themen zusammenkommen, um sich<br />
gegenseitig zu unterstützen. Daher bin auch ich heute hierher gekommen, um<br />
meinen Teil zu leisten, auch entgegen meiner Ängste und Zweifel. Ich habe<br />
mich auf die Annahme verlassen, dass es hier Menschen sind, die sich gegenseitig<br />
mit Wertschätzung, Wohlwollen und <strong>der</strong> angemessenen Portion von Respekt<br />
begegnen. Denn viele hier haben ein schweres Schicksal und versuchen<br />
es mit <strong>der</strong> großen Leistung zu verbinden, dieses Schicksal in ein besseres zu<br />
wenden, beziehungsweise dieses Schicksal angemessen zu tragen.<br />
Nun möchte ich zum großen Komplex <strong>der</strong> Helferthematik, Verantwortung<br />
und Schuld kommen, <strong>der</strong> allzu oft mit <strong>der</strong> seelischen Gesundheit<br />
<strong>der</strong> <strong>Angehörigen</strong> <strong>psychisch</strong> Kranker in Konflikt kommt.<br />
Unsere kranken <strong>Angehörigen</strong> haben natürlich all unser Mitgefühl. Wir sorgen<br />
uns um sie, wir leiden um sie o<strong>der</strong> auch für sie, oft schränken wir unser eigenes<br />
Leben o<strong>der</strong> Lebendigsein für sie ein. Selbstverständlich wünschen wir<br />
ihnen das Beste, wir wünschen uns, dass sie wie<strong>der</strong> genesen könnten. Aber<br />
immer merken wir, dass wir sie nicht heilen können.<br />
Das müssen wir dann schon an<strong>der</strong>en überlassen. Wir können zwar unglaublich<br />
viel Mitgefühl für unsere <strong>Angehörigen</strong> haben, aber mehr geht einfach<br />
nicht.<br />
ternteils, nicht alles ganz in Ordnung ist? Sind vielleicht etwa Leute hier, die<br />
mich o<strong>der</strong> meine Familie kennen? Am meisten fürchte ich Verurteilung und<br />
Stigmatisierung von an<strong>der</strong>en Menschen.<br />
o<strong>der</strong> zum Stillstand gebracht werden kann.<br />
• Begeben Sie sich mit Ihrem kranken <strong>Angehörigen</strong> und allen Familienmitglie<strong>der</strong>n,<br />
die davon betroffen sind, schnellstmöglich in ein professionelles<br />
Helfersystem, soweit es notwendig ist und Ihnen gut tut.<br />
• Sorgen Sie für sich, indem Sie für Ihre eigene <strong>psychisch</strong>e Gesundheit<br />
achten. Erinnern Sie auch die an<strong>der</strong>en betroffenen Familienmitglie<strong>der</strong> an<br />
diese Notwendigkeit.<br />
• Gehen Sie gegen Stigmatisierung und Ausgrenzung von <strong>psychisch</strong><br />
Kranken an und gegen die Verunglimpfung von <strong>psychisch</strong>er Krankheit.<br />
tagungsband02.qxd 07.02.2007 9:44 Uhr Seite 114