Eva Straub - Landesverband Bayern der Angehörigen psychisch ...
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Thementagung<br />
Es gibt auch ein Problem, wenn die Hilfen zwar nicht gegeneinan<strong>der</strong>, aber nebeneinan<strong>der</strong><br />
laufen und nicht aufeinan<strong>der</strong> abgestimmt sind. Um richtige Entscheidungen<br />
für weitere Hilfen und eine adäquate Einschätzung <strong>der</strong> häuslichen<br />
Situation und <strong>der</strong> Belastung für das Kind zu ermöglichen, braucht es die<br />
Kooperation aller an dem Fall beteiligten Professionellen.<br />
Kin<strong>der</strong><br />
Gerade die Schulen sind eine wichtige Instanz, wo Probleme <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> auffallen<br />
durch ein verän<strong>der</strong>tes Sozialverhalten o<strong>der</strong> durch Leistungseinbrüche.<br />
Hier wäre entsprechende Fortbildung für Lehrkräfte mit möglichst konkreten<br />
Handlungskonzepten z.B. einer Anleitung für Gesprächsführung, von großem<br />
Nutzen. Dies könnte dazu verhelfen, dass sie ein Gespür für die Thematik<br />
entwickeln, sich zuständig fühlen und rechtzeitig handeln.<br />
Das eine System kennt kaum die Angebote, Aufgaben, Aufträge, Organisationsabläufe<br />
und Handlungslogiken des an<strong>der</strong>en Systems. Zum Teil misstrauen<br />
sie sich auch und schreiben sich gegenseitig Versäumnisse zu. Die Erwachsenenpsychiatrie<br />
beklagt, dass die Jugendhilfe <strong>psychisch</strong> kranken Eltern<br />
zu schnell die Erziehungsfähigkeit abspreche und ein mangelndes Wissen<br />
über den Umgang mit <strong>psychisch</strong>en Erkrankungen habe. Die Jugendhilfe beklagt,<br />
dass die Erwachsenenpsychiatrie die Kin<strong>der</strong> instrumentalisiere für das<br />
Wohl <strong>der</strong> Eltern und zu wenig die Gefährdung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> wahrnehme. Natürlich<br />
sind diese wechselseitigen Zuschreibungen nicht ganz unbegründet, aber<br />
wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Jede Seite muss dazulernen!<br />
Und jede Seite muss lernen, dass sie dazulernen muss!<br />
7. Sensibilisierung aller Beteiligten<br />
Über die Sensibilisierung <strong>der</strong> Hilfesysteme hinaus braucht es eine Sensibilisierung<br />
für diese Problematik bei allen, die professionell, aber auch nicht professionell<br />
mit Kin<strong>der</strong>n zu tun haben. In erster Linie betrifft das natürlich wie<br />
bereits ausgeführt die Hilfesysteme <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung und <strong>der</strong> Jugendhilfe.<br />
Aber oft sind die Professionellen dieser Systeme nicht die ersten,<br />
die die betroffenen Kin<strong>der</strong> erleben, son<strong>der</strong>n das können Menschen aus <strong>der</strong><br />
Nachbarschaft o<strong>der</strong> aber in <strong>der</strong> Regel am ehesten die Erzieher/innen in <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong>krippe bzw. im Kin<strong>der</strong>garten o<strong>der</strong> etwa die Lehrkräfte in <strong>der</strong> Schule<br />
sein.<br />
Oft erfolgt die Kooperation <strong>der</strong> Systeme erst dann, wenn es nicht mehr zu<br />
vermeiden ist, nämlich in einer bereits eskalierten Krisensituation. Wenn zum<br />
Beispiel von Seiten <strong>der</strong> Psychiatrie erst dann eine Kontaktaufnahme mit <strong>der</strong><br />
Jugendhilfe erfolgt, wenn es unvermeidlich ist, dann geht es oft schon um die<br />
grundsätzliche Frage, ob das Kind überhaupt noch zu Hause bleiben kann.<br />
Vorherige frühere Hilfemöglichkeiten können dann kaum noch eingesetzt werden<br />
und das Jugendamt agiert dann primär als Kontrollinstanz, um sein<br />
Wächteramt und seinen gesetzlichen Schutzauftrag auszuüben. Dadurch bestätigen<br />
sich die Befürchtungen <strong>der</strong> Eltern, dass das Jugendamt sowieso immer<br />
nur die Kin<strong>der</strong> wegnehmen will, und es kann keine konstruktive und vertrauensvolle<br />
Zusammenarbeit zwischen <strong>der</strong> betroffenen Familie und <strong>der</strong> Jugendhilfe<br />
mehr entstehen.<br />
Wie können diese Kooperationsmängel beseitigt werden? Einige<br />
Ideen hierzu:<br />
• Kooperation muss ein professioneller Standard werden;<br />
• es braucht Möglichkeiten, dass sich die Systeme gegenseitig kennen lernen<br />
und Verständnis füreinan<strong>der</strong> entwickeln können;<br />
• gemeinsame Fortbildung;<br />
• systemübergreifende Fallkonferenzen;<br />
• Schärfung des jeweiligen Wahrnehmungsrasters für die beson<strong>der</strong>e<br />
Situation dieser Personengruppe;<br />
• in den jeweiligen Systemen intern zuständige Personen, die zu dieser<br />
Thematik fachlich beraten und Hilfen koordinieren können.<br />
tagungsband02.qxd 07.02.2007 9:44 Uhr Seite 138