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Eva Straub - Landesverband Bayern der Angehörigen psychisch ...

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Thementagung<br />

Ebenso hat in meinem Fall sehr viel die Schwester meines Vaters in Kooperation<br />

mit meiner Mutter unternommen, da sie meinen Vater gut kennt, Heilpraktikerin<br />

ist und den nötigen Abstand mitbrachte, <strong>der</strong> es leichter macht, die<br />

Kin<strong>der</strong><br />

In welchen Umfang wir in Zeiten <strong>der</strong> krankhaften Krisen unseres <strong>Angehörigen</strong><br />

selbst betreuerisch tätig werden können, hängt davon ab, wie schwer die<br />

Krankheit ist. Dabei muss man sich fragen, wie viel kann man verkraften und<br />

wie viel gibt man an Fachleute ab. Um diese Entscheidung überhaupt treffen<br />

zu können, muss natürlich die psychiatrische Versorgung im Wohnumfeld gesichert<br />

sein. Und ich glaube, das ist in ländlichen Gebieten oft nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Ob man aktiv betreuerisch tätig werden kann, hängt auch davon ab, wie wir<br />

zu dem kranken <strong>Angehörigen</strong> stehen, ob wir Kin<strong>der</strong>, Eltern, Ehepartner, Geschwister<br />

o<strong>der</strong> Großeltern des <strong>psychisch</strong> Kranken sind. Denn zum Beispiel<br />

wird die 18jährige Tochter nicht die Betreuung ihrer <strong>psychisch</strong> kranken Mutter<br />

übernehmen, son<strong>der</strong>n eher <strong>der</strong> Ehepartner, also <strong>der</strong> Vater.<br />

Ganz speziell wir <strong>Angehörigen</strong> können ihnen die Liebe und Geborgenheit geben,<br />

die wir ihnen geben wollen, weil sie unsere <strong>Angehörigen</strong> sind. Und ganz<br />

sicher brauchen unsere kranken <strong>Angehörigen</strong> unsere liebende Zuwendung.<br />

Als Unterstützung in dieser auch für sie schweren Zeit <strong>der</strong> Krankheit, als Trost<br />

und Rettungsanker, als Sinn für ihr Leben. Denn wofür lohnt es sich mehr zu<br />

leben als für seine geliebten Menschen.<br />

Wenn wir als Angehörige betreuerische Aufgaben übernehmen können, müssen<br />

wir gleichzeitig unbedingt darauf achten, dass unser eigenes seelisches<br />

Gleichgewicht nicht aus den Fugen gerät.<br />

Denn nur zu oft entwickeln Familienangehörige, vor allem Kin<strong>der</strong> <strong>psychisch</strong><br />

kranker Eltern, das Helfersyndrom o<strong>der</strong> <strong>psychisch</strong>e Störungen, die uns seelisch<br />

krank und ausgebrannt zurücklassen und uns selbst auf die Couch <strong>der</strong><br />

Psychotherapeuten und Psychiater zwingen.<br />

Wir sollten daher sehen, dass wir selbst gesund sind, gesund bleiben o<strong>der</strong> gesund<br />

werden. Wir dürfen o<strong>der</strong> müssen sogar für unsere eigene seelische Gesundheit<br />

sorgen. Denn dies ist für unsere <strong>Angehörigen</strong>, auch die <strong>psychisch</strong><br />

Kranken, äußerst wichtig. Diese möchten doch auch, dass es uns gut geht.<br />

Ein gesundes und stabiles familiäres Umfeld wirkt sich sehr för<strong>der</strong>lich auf<br />

den Heilungsprozess des <strong>psychisch</strong> Kranken aus. Man könnte sagen: Zwei<br />

Ertrinkende können sich nicht gegenseitig aus dem Wasser ziehen. Wir haben<br />

als Angehörige <strong>psychisch</strong> Kranker das Recht auf seelische und <strong>psychisch</strong>e<br />

Gesundheit und sogar das Recht auf Glück.<br />

Daher gilt: Bei allem, was wir für unsere kranken <strong>Angehörigen</strong> tun wollen,<br />

dürfen wir nicht vergessen, dass wir kaum mehr tun können, als für die beste<br />

medizinische und therapeutische Behandlung und Betreuung durch Fachleute<br />

zu sorgen.<br />

<strong>der</strong> läuft. Aber es handelt sich bei <strong>psychisch</strong>en Defekten eben um Krankheiten<br />

und wie auch bei an<strong>der</strong>en Krankheiten, wie z. B. bei Diabetes o<strong>der</strong> Krebs,<br />

können wir ebenfalls nicht selber helfen und müssen daher einen Arzt konsultieren.<br />

notwendigen Entscheidungen zu treffen. Dadurch waren wir Kin<strong>der</strong> nicht so<br />

sehr belastet, da wir zu diesen Zeiten gerade noch Jugendliche waren.<br />

Erst beim letzten Schub meines Vaters, bei dem ich schon 27 Jahre alt war<br />

und mein Bru<strong>der</strong> 25, haben mein Bru<strong>der</strong> und ich sehr viele Aufgaben übernommen.<br />

Wir fuhren ihn zum Beispiel in die Klinik, führten Gespräche mit<br />

den Ärzten. Da mein Bru<strong>der</strong> zu <strong>der</strong> Zeit noch zuhause wohnte, hat er auch in<br />

<strong>der</strong> Zeit nach dem Klinikaufenthalt sehr viel stabilisierende Betreuungsarbeit<br />

bei meinem Vater geleistet. Und ich muss schon an dieser Stelle darauf hinweisen:<br />

ohne dabei in irgendeiner Weise psychologisch von Fachleuten unterstützt<br />

worden zu sein. Ich glaube, er trägt jetzt noch sehr schwer an dieser<br />

Erfahrung.<br />

tagungsband02.qxd 07.02.2007 9:44 Uhr Seite 116

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