Eva Straub - Landesverband Bayern der Angehörigen psychisch ...
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Und als wenn dies nicht schon schlimm genug wäre, verpflichtet <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />
die Krankenhausmitarbeiter nun auch noch zum Qualitätsmanagement<br />
und entzieht dem Krankenhaus damit noch mehr finanzielle Ressourcen, die<br />
letztlich <strong>der</strong> direkten Patientenversorgung verloren gehen. Kein Wun<strong>der</strong>, dass<br />
immer mehr Fachärzte die Nase voll haben von diesen Arbeitsbedingungen<br />
und das Krankenhaus verlassen, um etwa in Österreich, England o<strong>der</strong> Skandinavien<br />
einen wesentlich besser bezahlten und weniger durch patientenferne<br />
Tätigkeiten entfremdeten Job zu übernehmen.<br />
Ich muss gestehen, dass die emotionale Ablehnung von „Qualitätsmanagement“<br />
und „Kundenorientierung“ auch meine eigene, durchaus heftige Reaktion<br />
war, als ich vor ziemlich genau 10 Jahren das erste Mal mit diesen Begriffen<br />
konfrontiert wurde. Mein Direktoriumskollege hatte damals in seiner<br />
Funktion als Krankenhausdirektor in <strong>der</strong> Tiefgarage einzelne Parkplätze als<br />
„Kundenparkplätze“ ausgewiesen. Ich war schlicht sauer: „Patienten sind<br />
keine ‚Kunden’, wir sind hier schließlich nicht im Supermarkt, son<strong>der</strong>n in<br />
einem Krankenhaus“, war mein Einwurf. Als <strong>der</strong> Krankenhausdirektor im<br />
gleichen Jahr das Direktorium in Kenntnis setzte, dass Krankenhäuser jetzt<br />
zur Qualitätssicherung gesetzlich verpflichtet seien und wir uns dem sich abzeichnenden<br />
Trend anschließen sollten, ein Qualitätsmanagement einzuführen,<br />
war ich einfach nur resistent und versuchte, diesen Prozess zu blockieren,<br />
was mir - aus heutiger Sicht - damals glücklicherweise aber nicht gelang.<br />
„Angehörige im Dschungel <strong>der</strong> Gesetze“ lautet das Motto des diesjährigen<br />
Kongresses des <strong>Landesverband</strong>es <strong>Bayern</strong> <strong>der</strong> <strong>Angehörigen</strong> <strong>psychisch</strong> Kranker<br />
e.V. Passend hierzu könnte <strong>der</strong> Titel meines Vortrages abgeleitet werden aus<br />
dem Motto: „Ärzte und Krankenhausmitarbeiter im Dschungel <strong>der</strong> Gesetze.“<br />
Eine immer dichter werdende Abfolge von Gesundheitsreformgesetzen knebelt<br />
die Handlungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Krankenhausmitarbeiter, zunehmende<br />
Dokumentationspflichten und verschärfte Überprüfungen <strong>der</strong> Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit<br />
binden in einem kaum noch erträglichen Maße Arztzeit,<br />
so dass zusammen mit allen an<strong>der</strong>en organisatorischen und kommunikativen<br />
Aufgaben für einen psychiatrischen Stationsarzt nur noch ein Viertel seiner<br />
täglichen Arbeitszeit für den direkten Patientenkontakt übrig bleibt. Lassen<br />
Sie diese Aussage bitte auf sich wirken: Von 8 täglichen Arbeitsstunden kann<br />
<strong>der</strong> Arzt nur noch zwei im direkten Patientenkontakt verbringen!<br />
Muss das so sein? O<strong>der</strong> könnte es vielleicht so sein, dass auf dem Hintergrund<br />
einer tief greifenden Unzufriedenheit mit den rechtlichen und organisatorischen<br />
Rahmenbedingungen ungewohnte neue Begriffe, die zugegebenermaßen<br />
nicht in <strong>der</strong> Medizin, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> produzierenden Industrie und im<br />
Handel entwickelt wurden, falsch verstanden und zu Unrecht verdammt werden?<br />
Was bedeutet Kundenorientierung in einer<br />
psychiatrischen Klinik?<br />
Ärztlicher Direktor, Bezirkskrankenhaus Landshut<br />
Prof. Dr. Michael Philipp, M.A.<br />
Viele Krankenhausmitarbeiter fragen immer wie<strong>der</strong>, ob man denn nicht wenigstens<br />
diesen gesetzlich vorgeschriebenen Ballast des Qualitätsmanagements<br />
auf möglichst kleiner Flamme kochen kann, um nicht unnütz wichtige<br />
Zeitressourcen zu verschwenden. Wenn Sie dann noch hören, dass das Qualitätsmanagement<br />
ihnen eine „Kundenorientierung“ abverlangt, sie also den<br />
Patienten betrachten sollen wie <strong>der</strong> Kaufmann einen Kunden, <strong>der</strong> bei ihm eine<br />
Ware einkauft und so – scheinbar – alle gewachsenen Werte <strong>der</strong> Arzt-Patienten-Beziehung<br />
einer Begrifflichkeit aus <strong>der</strong> kalten Welt des Kommerzes weichen<br />
soll, bei welcher es nur noch um Profitmaximierung und nicht mehr um<br />
den Menschen geht, da platzt den Krankenhausmitarbeitern endgültig <strong>der</strong><br />
Kragen.<br />
Landestreffen<br />
Gesetzesdschungel<br />
tagungsband02.qxd 07.02.2007 9:44 Uhr Seite 14