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Eva Straub - Landesverband Bayern der Angehörigen psychisch ...

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Thementagung<br />

Und auch mir geht es inzwischen sehr gut. Die langen Jahre <strong>der</strong> Psychotherapie<br />

und Selbsterfahrung haben sich ausgezahlt.<br />

Und ich freue mich wahnsinnig, dass es meiner Familie wie<strong>der</strong> gut geht, und<br />

zwar ohne meine Hilfe. Ich hätte die Heilung meines Vater eh nie bewerkstelligen<br />

können. Ich habe lediglich meine Eltern und meinen Bru<strong>der</strong> entlastet,<br />

indem ich mich um meine eigene Gesundung kümmerte, mein Schicksal<br />

annahm und es wendete.<br />

Und zu wissen, dass es meiner Familie gut geht und sie selber für ihr seelisches<br />

Wohlergehen sorgen können, macht mich so frei! Nach wie vor sehe ich<br />

Eltern und Bru<strong>der</strong> nur wenige Male im Monat, telefoniere hin und wie<strong>der</strong>.<br />

Aber dieser Abstand tut mir sehr gut. Den brauche ich. Zu massiv ist das<br />

Thema noch, und ich könnte wie<strong>der</strong> von unguten Gefühlen weggeschwemmt<br />

werden, wenn ich zu lange und zu oft mit meiner Familie zusammen bin. Das<br />

Eigene bei mir ist noch sehr fragil und muss beschützt werden vor den traumatischen<br />

Bedingungen, die es so lange sabotiert haben. Und ich bin mir<br />

sicher, mit dem Schauspiel habe auch ich etwas gefunden, das mich zur Zeit<br />

sehr erfüllt und das Richtige auf meinem Weg zu mir selbst ist.<br />

Noch eine nachträgliche Anmerkung:<br />

In all den Jahren hatte ich einen treuen Wegbegleiter. Wann immer es mir<br />

schlecht ging, konnte ich mich an Gott wenden. Er hat mich nie verlassen, nie<br />

in guten und nie in schlechten Zeiten. Heute glaube ich mehr denn je an die<br />

Erlösung durch den Glauben. Ich möchte an dieser Stelle Gott danken.<br />

DANKE!<br />

(Sohn eines <strong>psychisch</strong> Kranken, 31 Jahre)<br />

Kin<strong>der</strong><br />

Zu guter Letzt möchte ich das, was jetzt ist, in drei Sätze zusammenfassen:<br />

Der Nebelschleier über uns hat sich endgültig gelichtet und es herrscht wie<strong>der</strong><br />

klare Sicht.<br />

Es ist passiert, wie es passiert ist, und niemand trägt Schuld.<br />

Wir können wie<strong>der</strong> frei atmen und es fühlt sich gut an.<br />

Nach diesem ca. dreiwöchigen Aufenthalt in <strong>der</strong> Klinik kam mein Vater in<br />

wesentlich besserer Verfassung wie<strong>der</strong> nach Hause. Besser – als ich ihn in<br />

den letzten 14 Jahren erlebt hatte. Und diese Besserung hat sich bis zum heutigen<br />

Tage fortgesetzt. Meinem Vater und meiner Mutter geht es inzwischen<br />

so gut wie schon lange nicht mehr. Sie haben sich beide total stabilisiert, sind<br />

entspannt und beginnen das Leben neu zu genießen und zu entdecken, haben<br />

einfach wie<strong>der</strong> Freude am Leben. Mein Bru<strong>der</strong> wohnt nach einer Phase des<br />

Alleine-Wohnens zwar immer noch zuhause, aber auch er ist stabiler und ausgeglichener.<br />

erklären kann, mit einem Krankheitsbegriff eingefasst werden, dann nimmt<br />

das die Angst und Unsicherheit. Eine Krankheit ist schließlich etwas, mit dem<br />

man umgehen kann.<br />

Noch einmal zurück in die Geschichte:<br />

Gegen Ende <strong>der</strong> Schauspielausbildung arbeitete ich noch mal ein halbes Jahr<br />

als Sozialpädagoge. Das war in <strong>der</strong> ersten Hälfte dieses Jahres. Ich konnte<br />

diesen Weg noch nicht endgültig loslassen. Nach sechs Monaten kam das Ende<br />

an dieser Stelle und gleichzeitig das Ende meiner Helfer -Karriere. Meine<br />

Seele sträubte sich so <strong>der</strong>maßen gegen diese Arbeit, dass sie für ein vorzeitiges<br />

Ende meiner Tätigkeit sorgte. Meine innere Befreiung auf dem Weg zu<br />

mir selbst war schon so weit fortgeschritten, dass ich mich diesem pädagogischen<br />

Helfersystem nicht mehr unterordnen konnte.<br />

Und obwohl es zuerst ein schwerer Schlag für mich war, bin ich jetzt sehr<br />

froh über diese Wendung. Ich bin damit meiner persönlichen Hölle endgültig<br />

entronnen. Ich kehre zurück zu mir, bin jetzt voll und ganz Schauspieler, zwar<br />

noch materiell arm, aber sehr glücklich, allem entronnen zu sein, was mich<br />

von mir selbst entfremdet hat, und dort angekommen zu sein, was ich als eindeutig<br />

zu mir gehörig empfinden kann.<br />

tagungsband02.qxd 07.02.2007 9:44 Uhr Seite 126

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