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Eva Straub - Landesverband Bayern der Angehörigen psychisch ...

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Thementagung<br />

3. Mutter – Kind – Einheiten<br />

In den angloamerikanischen Län<strong>der</strong>n, insbeson<strong>der</strong>e in Großbritannien, gehört<br />

die gemeinsame stationäre Aufnahme <strong>psychisch</strong> kranker Mütter mit ihren<br />

Säuglingen und Kleinkin<strong>der</strong>n, so genannte Mutter-Kind-Einheiten, fast zum<br />

Regelfall und wird in ca. 50% <strong>der</strong> dortigen psychiatrischen Kliniken praktiziert.<br />

Ausgehend von den Ergebnissen <strong>der</strong> Bindungsforschung weiß man, dass<br />

frühe Trennungen von Mutter und Kind, z.B. durch einen längeren Krankenhausaufenthalt<br />

<strong>der</strong> Mutter, gravierende negative Auswirkungen auf die Mutter-<br />

Kind-Bindung zur Folge haben können.<br />

Der Erhalt <strong>der</strong> Beziehung in dieser sensiblen Phase hilft dagegen eine sichere<br />

Es gibt auch von professioneller Seite Erfahrungen damit, Gruppen für die<br />

betroffenen Kin<strong>der</strong> anzubieten. Der Gedanke dabei ist, dass es den Kin<strong>der</strong>n<br />

hilft zu erleben, dass sie nicht alleine von dem Problem betroffen sind, dass<br />

sie ihr Schicksal mit an<strong>der</strong>en teilen, sich aussprechen und damit entlasten<br />

können. Die Erfahrung zeigt, wenn Kin<strong>der</strong> bzw. Jugendliche an solchen Gruppen<br />

teilnehmen, können sie sehr davon profitieren. Allerdings scheint es<br />

schwer zu sein, solche Gruppen zu installieren. Entwe<strong>der</strong> die Kin<strong>der</strong> haben<br />

Hemmungen, an einer solchen Gruppe teilzunehmen, o<strong>der</strong> die Eltern haben<br />

Angst davor, ihre Kin<strong>der</strong> an einem solchen Angebot teilnehmen zu lassen.<br />

Daher ist es beim Aufbau eines Netzwerkes für die Kin<strong>der</strong> praktikabler, den<br />

Fokus auf Gruppen zu legen, die alltagsorientiert, lebensweltnah und nicht<br />

primär problembezogen sind.<br />

Kin<strong>der</strong><br />

• Es braucht verbesserte Rahmenbedingungen, damit Kin<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Einbeziehung<br />

überhaupt einen Platz haben. „Platz“ meine ich hier durchaus<br />

wörtlich. Wie sollen Kin<strong>der</strong> die Mutter o<strong>der</strong> den Vater auf einer psychiatrischen<br />

Station besuchen, wenn eine kind- bzw. familiengerechte räumliche<br />

Ausstattung völlig fehlt?<br />

Von einer Station des psychiatrischen Krankenhauses in Pa<strong>der</strong>born ist<br />

mir bekannt, dass sie das Raucherzimmer in ein Familien- und Spielzimmer<br />

umgewandelt haben. Die Verän<strong>der</strong>ungen waren überzeugend!<br />

Nach den Beobachtungen <strong>der</strong> Mitarbeiter wurde daraufhin dieses Angebot<br />

sehr gut angenommen. Die Zahl <strong>der</strong> Besuche von Kin<strong>der</strong>n auf <strong>der</strong><br />

Station hat seitdem deutlich zugenommen, weil es jetzt einen kindgerechten<br />

Ort gibt und Kin<strong>der</strong> nicht nur stillsitzen und zuhören müssen. Das<br />

Wahrnehmen und die Einbeziehung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> beginnen oft mit Kleinigkeiten.<br />

Es muss auch nicht gleich ein eigenes Spielzimmer sein. Wenn<br />

ich zum Beispiel das stationäre Setting verlasse und das Wartezimmer<br />

des nie<strong>der</strong>gelassenen Psychiaters nehme, dann gäbe es da die Möglichkeit,<br />

den Wartebereich familienfreundllich zu gestalten, indem eine<br />

Spielecke einrichtet wird. Das sind bereits zwei mögliche kleine Schritte,<br />

die ganz niedrigschwellig <strong>der</strong> Realität Rechnung tragen, dass auch <strong>psychisch</strong><br />

Kranke Kin<strong>der</strong> haben.<br />

4. Normalisierung<br />

Kin<strong>der</strong> brauchen Normalität. Zu einem normalen Leben gehört <strong>der</strong> Kontakt<br />

mit Gleichaltrigen. Dies ist ihnen nicht immer gegeben, da <strong>psychisch</strong> Kranke,<br />

insbeson<strong>der</strong>e wenn kein gesun<strong>der</strong> Partner da ist, oft dazu neigen, sich zurückzuziehen,<br />

sich zu isolieren. Zum Ausgleich bräuchten die Kin<strong>der</strong> ein soziales<br />

Netz, das ihnen ein unbeschwertes Zusammensein mit einer „Peergruppe“ ermöglicht,<br />

zum Beispiel in Vereinen o<strong>der</strong> Jugendgruppen.<br />

Die Möglichkeit einer gemeinsamen Behandlung von Mutter und Kind senkt<br />

für die Mutter die Schwelle für eine Aufnahme in die stationäre Behandlung,<br />

da sie ihr Kind nicht verlassen muss, und hat den positiven Effekt, dass die<br />

Mutter sich selbst und das Kind nicht zu stark überfor<strong>der</strong>t. Insbeson<strong>der</strong>e bei<br />

nach <strong>der</strong> Geburt auftretenden postpartalen Psychosen, die in <strong>der</strong> Regel gut<br />

behandelbar sind, wäre eine Mutter-Kind-Behandlung von unschätzbarem<br />

Vorteil. Lei<strong>der</strong> ist diese Möglichkeit in Deutschland in <strong>der</strong> Regel nicht vorhanden.<br />

Bindung aufzubauen, vermin<strong>der</strong>t die Schuldgefühle <strong>der</strong> kranken Mutter, ihr<br />

Kind nicht selbst versorgen zu können, und verhin<strong>der</strong>t Trennungstraumata.<br />

tagungsband02.qxd 07.02.2007 9:44 Uhr Seite 134

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