Leunaer Stadtanzeiger - Ausgabe 06/11 - Stadt Leuna
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Nr. 6/20<strong>11</strong> | 50<br />
Am 6. Juli wieder auf dem Spielplan des Leipziger Centraltheaters:<br />
„DER GUTE MENSCH VON SEZUAN“ von<br />
Bertolt Brecht<br />
Von DIETER BEER<br />
Shen Te ist aus Liebe zu Yang Sun sogar bereit, ihren kleinen<br />
Tabakladen, den sie als Geschenk der Götter betrachtet, zu<br />
verkaufen; doch der stellungslose Flieger, aus egoistischen<br />
Gründen erpicht auf den in Aussicht gestellten Job, macht sich<br />
keinerlei Gedanken darüber, wovon Shen Te dann leben soll.<br />
So opfert diese ihre Liebe und folgt den „Geboten der Nächstenliebe“.<br />
Dank des Blankoschecks, den der Barbier Shu Fu für<br />
sie ausstellt, weil er von der Gutherzigkeit dieses „Engels der<br />
Vorstädte“ fasziniert ist, muss der Laden doch nicht verkauft<br />
werden. Denn der böse Vetter Shui Ta präsentiert den Scheck<br />
in hoher Summe und richtet später dort das Kontor der Tabakfabrik<br />
ein, die er in den leer stehenden Häusern des Barbiers<br />
etabliert hat. Und alle die Obdachlosen und Hilfesuchenden, die<br />
Shen Te in grenzenloser Liebe genährt und unterstützt hat, lässt<br />
der Vetter nun für sich arbeiten.<br />
Bertolt Brechts 1943 in Zürich uraufgeführtes Parabelstück „Der<br />
gute Mensch von Sezuan“ besitzt einen genialen Grundeinfall:<br />
nämlich die Aufspaltung der Titelfigur, zum einen in die Prostituierte<br />
Shen Te, den guten Menschen, der nicht „Nein!“ sagen<br />
kann und keinem seine Hilfe verweigert, und andererseits in den<br />
bösen Vetter, der all das, was Shen Te aus Güte verspielt, wieder<br />
„gerade biegt“ und dabei unmenschlich und rücksichtslos<br />
zu Werke geht. - Brechts Stück ist einfach und kompliziert zugleich,<br />
doch in seinen vielfältigen dramaturgischen Verästelungen<br />
wahrt es stets präzis die Balance zwischen diesen beiden<br />
Polen. Man erinnert sich mit großer Begeisterung gern an die<br />
berühmte Volksbühnen-Inszenierung von Benno Besson aus<br />
den 70er Jahren, die, hochkarätig besetzt, seinerzeit ein regelrechtes<br />
Theaterwunder darstellte. Ursula Karusseit verkörperte<br />
darin ausdrucksstark die Doppelrolle der Shen Te und des Shui<br />
Ta.<br />
Das noch immer aktuelle Stück steht auf dem Spielplan des<br />
Leipziger Centraltheaters. Erfreulich ist, dass der Regisseur Sebastian<br />
Baumgarten trotz geringfügiger Änderungen sehr eng<br />
am Stück bleibt, es veranschaulicht und deutet. In seiner Inszenierung<br />
lässt er die drei Götter, die sich auf die Suche nach guten<br />
Menschen begeben haben, ungeachtet verschiedener Gestalt<br />
sozusagen symbolisch als Mao, Lenin und Marx auftreten.<br />
Die hochmotivierten Darsteller, die meist zwei Rollen verkörpern,<br />
erzählen die bekannte Geschichte nicht allzu gewichtig, vielmehr<br />
kommt die Aufführung mit angenehmer Leichtigkeit daher.<br />
Gelegentlich werden sogar kleine Slapsticknummern eingebaut.<br />
Maximilian Brauer ist diesbezüglich wieder eine Klasse für sich,<br />
bis hin zu der Tatsache, dass der von ihm gespielte Wasserverkäufer<br />
Wang den großen Reistopf über den Kopf stülpt. Ein<br />
Darsteller, der in jeder Rolle nachdrücklich auf sich aufmerksam<br />
zu machen versteht. Und Guido Lambrechts Barbier tänzelt aus<br />
lauter Verliebtheit elegant über die Bühne. Der ernste Gegenstand,<br />
der hier zur Verhandlung steht, wird keinesfalls dadurch<br />
beeinträchtigt. Videoinstallationen, eine effektvolle Lichtregie<br />
und ein aufwändig gestaltetes Bühnenbild von Thilo Reuther<br />
(Kostüme: Ellen Hofmann) tun das Ihre, um dem Zuschauer ein<br />
spannendes Theatererlebnis zu kreieren.<br />
Die bekannte Berliner Schauspielerin Kathrin Angerer ist in der<br />
begehrten Doppelrolle zu erleben. Ihre gutgläubige, zierliche<br />
Shen Te im goldverzierten roten Brokatkleidchen ist ein grundanständiger<br />
Mensch. Um dieser hohen Moral willen verzichtet<br />
sie eher auf ihr Liebesglück mit dem arbeitslosen Flieger, der<br />
sie ausnutzt (Peter René Lüdicke spielt ihn aus dem vollen), als<br />
dass sie das hilfreiche Teppichhändler-Ehepaar in den Ruin trei-<br />
<strong><strong>Leuna</strong>er</strong> <strong><strong>Stadt</strong>anzeiger</strong><br />
ben würde, was sie dann letztlich doch nicht verhindern kann.<br />
Sie schimpft auf diejenigen, die nicht als Zeugen aussagen wollen,<br />
nachdem Wang vom Barbier einen heftigen Schlag mit der<br />
Brennschere auf die Hand bekommen hat. Auch für den Shui<br />
Ta hat die agile Darstellerin entsprechende mimische, gestische<br />
und sprachliche Mittel parat. Solcherart präsentiert sie ein kleines<br />
Persönchen, das sich aber nichtsdestotrotz Respekt zu verschaffen<br />
weiß. Schön, wenn bei Shui Ta der Sprachgestus des<br />
guten Menschen gelegentlich hindurchschimmert. Obwohl es<br />
geradezu lebensnotwendig ist, fällt es der jungen Frau schwer,<br />
sich zum wiederholten Male in den vermaledeiten Vetter verwandeln<br />
zu müssen. Am Ende vermischen sich dann Menschen und<br />
Götter - es gibt keinen Epilog mehr, nur Shen Te bleibt einsam<br />
und nachdenklich zurück, einmal im Monat soll es ihr in Zukunft<br />
gestattet sein, des hartherzigen Vetters Hilfe in Anspruch zu<br />
nehmen.<br />
Leider lässt gegen Ende der dreieinhalbstündigen Aufführung<br />
die Spannkraft dieser ansonsten eindrucksvollen Inszenierung<br />
nach. Eine halbe Stunde weniger wäre wohl das rechte Maß gewesen.<br />
Trotzdem, was vor allem zählt, ist, dass das Stück die<br />
Zuschauer erreicht hat. Diese folgten der Aufführung sehr interessiert.<br />
Ihr Beifall zur Premiere war demzufolge lang anhaltend,<br />
er steigerte sich deutlich für Kathrin Angerer, die die dankbare<br />
Hauptrolle bravourös meistert.<br />
Die nächste Vorstellung: am 6. Juli um 19.30 Uhr<br />
Kartentelefon: 0341 / 1268 - 168<br />
Aktuelles vom Eisenbahnmuseum<br />
Kötzschau<br />
Der Monat Juni steht bei unserem Verein wie in jedem Jahr ganz<br />
im Zeichen von Auswärtsterminen bzw. der Teilnahme an unterschiedlichen<br />
Festumzügen in der Region mit unserem „Straßen-<br />
Eisenbahnzug“. Den Anfang machte, wie sollte es anders sein,<br />
das Heimatfest in Kötzschau. Diesmal das 50. Bei heißen<br />
31 Grad und brütender Sonne fuhren wir im großen Festumzug<br />
am 5. Juni mit. Auch in den nächsten Wochen ist noch so einiges<br />
geplant. So werden wir mit unserem Zug auch beim 50. Heimatfest<br />
in Großlehna am 19. Juni vertreten sein, wie in den vergangenen<br />
Jahren auch schon. Einen etwas faden Beigeschmack<br />
hat allerdings die Tatsache, dass es leider voraussichtlich das<br />
letzte Heimatfest in Großlehna sein wird. Sehr schade, wie wir<br />
finden, hier stirbt eine Tradition. Deshalb wollen wir erst recht<br />
dort noch einmal mitfahren. Am 26. Juni sind wir dann mit der<br />
„Kötzschauer Stammtruppe“ wieder beim Sachsen-Anhalt-Tag<br />
vertreten. Diesmal findet das alljährliche Landesfest in Gardelegen<br />
statt.<br />
Unser Museum konnte auch in den letzten Wochen wieder viele<br />
interessierte Besucher begrüßen. Bei unserem letzten Öffnungstag,<br />
dem Internationalen Museumstag, fanden über 60 Besucher<br />
den Weg ins Museum. Auch individuelle Termine wurden<br />
absolviert. So waren an Christi Himmelfahrt eine Besuchergruppe,<br />
am 5. Juni eine Gruppe aus der Kötzschauer Partnergemeinde<br />
Hohenhameln/Clauen u. a. mit der Ortsbürgermeisterin und<br />
am 16. Juni eine Vorschul-Gruppe aus der Kita in Witzschersdorf<br />
im Museum.<br />
Bei den Besuchern konnten wir wieder für viele Aha-Momente<br />
sorgen. Und auch den Kleinen aus der Kita wurde das Thema<br />
Eisenbahn in unserer heutigen sehr durch den Individualverkehr<br />
geprägten Gesellschaft näher gebracht. Am 19. Mai war bei uns<br />
das MDR 1 Radio Sachsen-Anhalt zu Gast. Grund war die ARD<br />
Themenwoche „Der Mobile Mensch“. Zum Thema passend war<br />
natürlich das Verkehrsmittel Eisenbahn, doch in dem Interview<br />
ging es vorrangig um „Mobilität als Hobby“. Interviewt wurden<br />
unsere beiden Vereinsvorsitzenden, zunächst am Bahnhof Kötzschau,<br />
auch um einige Hintergrundgeräusche aufzunehmen,<br />
aber auch später im Eisenbahnmuseum. Am 23. Mai wurde der<br />
Bericht dann im Nachmittagsprogramm des MDR gesendet. Die<br />
Resonanz darauf war wieder einmal gut.<br />
Es grüßen die Eisenbahnfreunde Kötzschau e. V.