Leunaer Stadtanzeiger - Ausgabe 06/11 - Stadt Leuna
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<strong><strong>Leuna</strong>er</strong> <strong><strong>Stadt</strong>anzeiger</strong><br />
Techniktag im Eisenbahnmuseum Kötzschau<br />
Der nächste reguläre Öffnungstag des Museums zur Geschichte<br />
der Eisenbahnstrecke Leipzig - Großkorbetha findet am Sonntag<br />
dem 17. Juli 20<strong>11</strong> statt. Unter dem Thema „Techniktag“ soll<br />
sich vor allem dem im Museum erhaltenen technischen Denkmal<br />
„Betriebsfeld/Lehrstellwerk Leipzig-Leutzsch“ gewidmet<br />
werden. Die Vereinsmitglieder geben dazu Auskunft. Zwischen<br />
14:00 und 18:00 Uhr stehen die Türen des Museums in der Wallendorfer<br />
Str. 61 in Schladebach für interessierte Besucher offen.<br />
Über auch Ihren Besuch freuen sich die Eisenbahnfreunde Kötzschau<br />
e. V.<br />
D. Falk<br />
Zweimener Geschichte(n) [26]<br />
Erinnerung ist Dankbarkeit des Herzens -<br />
Fünfte Fortsetzung<br />
Lehrer Karl Degen, der im Juli 1918 nach seiner Verwundung<br />
an der Front die Unterrichtstätigkeit in Dölkau wieder aufnahm,<br />
beschreibt das Klima in unserer Gemeinde wie folgt: unsere drei<br />
Dörfer machten einen „fast toten“ Eindruck. Dies war nicht verwunderlich,<br />
da inzwischen fast alle Jugendliche und Männer im<br />
Krieg standen oder in Gefangenschaft geraten waren. Bis zum<br />
Juli 1918 waren auch bereits 17 Gemeindemitglieder an den<br />
Fronten gefallen.<br />
Ein Problem, das offensichtlich die Gemeinde bewegte und<br />
sich somit sowohl in der Chronik der Parochie als auch in der<br />
Kriegschronik von Degen widerspiegelte, war das Auftreten der<br />
in unserer Gemeinde internierten Kriegsgefangenen. Karl Degen<br />
schreibt zum Beispiel, dass in der Einsamkeit und Stille von Dölkau<br />
die Kriegsgefangenen um so lauter aufgetreten seien. Die<br />
Dölkauer Kriegsgefangenen waren in der Wohnung der Schweizer<br />
Scheune, die sich hinter der Schule befand (dort wo heute<br />
die Einfamilienhäuser am Dorfrand stehen) untergebracht. Sie<br />
wurden morgens ausgelassen und abends um 21:00 Uhr wieder<br />
eingeschlossen. Als Wachmann in Dölkau war der Sohn<br />
des Ortsrichters Reiche bestimmt worden, der gleichzeitig das<br />
väterliche Gut zu bewirtschaften half. Die Gefangenen konnten<br />
sich im Dorf tagsüber relativ frei bewegen. „Wenn die Gefangenen<br />
nicht durch eine graue Armbinde oder durch einen grauen<br />
breiten Streifen an den Hosen kenntlich gemacht worden wären,<br />
(hätte) kein Mensch vermutet, dass das Feinde sein könnten.“<br />
(Kriegschronik). In Dölkau gab es nach Degens Bericht 12 Gefangene.<br />
10 davon hatten auf dem Rittergut zu arbeiten, einer<br />
hatte bei Gastwirt Franke und einer bei Ortsrichter Stenzel zu<br />
arbeiten, von denen sie auch beköstigt wurden.<br />
„Bald kamen die Gefangenen unter feldgrauer Bewachung auch<br />
… (ins) Dorf. Sie wurden in der Landwirtschaft, in den Kohlegruben<br />
verwendet. Da gab es neue, wunderschöne Rechenaufgaben;<br />
ausrechnen mussten die Kinder, wieviel Verpflegungsentschädigung<br />
der Gutsbesitzer bei einer Vergütung von 70<br />
Pfennigen für den Tag vom Staate erhielt, wenn er 40 Gefangene<br />
10 Tage bei sich beschäftigte … Aber auch ernstlich ermahnt<br />
wurden sie, stets in gemessener Entfernung von den Gefangenen<br />
zu bleiben, einmal aus Stolz - der Deutsche macht sich<br />
mit keinen Feinden nicht gemein -, sodann im gesundheitlichen<br />
Interesse des ganzen Volkes …“ (Minck: Wie die Schulkinder<br />
unseres Kreises den Krieg miterlebten. In: Merseburger Kreiskalender<br />
1917, S. 43).<br />
Sehr fragwürdig für Pfarrer Bergau und Lehrer Degen war das<br />
Verhalten der Gefangenen in unserer Gemeinde gegenüber den<br />
Mädchen und Frauen und umgekehrt. Degen schildert: „Frei und<br />
unbelästigt bewegten sich die Leute (die Gefangenen - DOCC);<br />
niemand beachtete sie sonderlich, nur etliche junge Frauen, deren<br />
Männer im Felde standen, fanden Gefallen an den Fremdlingen<br />
… Schändlich war das Betragen mancher Frauen in der<br />
Heimat, während draußen die Männer für sie kämpften … Die<br />
Schamröte stieg mir ins Gesicht, als ich dieses Treiben in der<br />
Heimat sah, der ich am eigenen Leibe erfahren hatte, was es<br />
heißt, ein Gefangener zu sein in Frankreich. Hier in Deutschland<br />
51 | Nr. 6/20<strong>11</strong><br />
liefen sie herum, als wären sie die Herren, während die Feinde<br />
die deutschen Gefangenen beschimpften und bespuckten.“ Degen<br />
erwähnt auch, dass aus der Liäson eines Mädchens aus unserer<br />
Gemeinde mit einem französischen Kriegsgefangenen ein<br />
Kind geboren worden sei. Paul Bergau schreibt in seiner Chronik<br />
der Parochie Zweimen: „Im übrigen scheint der Krieg leider<br />
die Gemüter eher zu verfluchen als sie zu vertiefen, so erregten<br />
besonders einige Kriegerfrauen durch ihren unsittlichen Wandel<br />
Anstoß, ja gegen drei musste sogar das gerichtliche Verfahren<br />
eingeleitet werden, weil sie sich mit Gefangenen vergangen hatten.<br />
Gottes Wort scheint keine Wirkung mehr auf die Herzen<br />
auszuüben, und besonders traurig ist es, dass auch die Mitglieder<br />
der kirchlichen Körperschaften durch seltenen Kirchenbesuch<br />
der Gemeinde kein gutes Vorbild geben.“<br />
In der „Chronik der Parochie Zweimen“ führt der Chronist für<br />
das Jahr 1915 einen Karl Renz aus Zweimen auf, der in französische<br />
Gefangenschaft geraten sei. Auf den Tafeln am Eingang<br />
zur Zweimener Kirche ist ein Reinhold Renz aus Göhren festgehalten,<br />
der als vermisst gemeldet wurde und offensichtlich, auch<br />
wenn sein Tod nicht genau nachgewiesen werden kann, nicht<br />
mehr aus diesem Krieg zurückgekehrt ist. Da Karl Renz auch<br />
nach dem Ersten Weltkrieg in unserer Gemeinde wohnhaft war,<br />
ist sicher ausgeschlossen, dass es sich bei beiden Renz’ um<br />
eine Vornamensverwechselung handelt.<br />
Die früheste Erwähnung des Namen Renz liegt mir aus dem Jahr<br />
1764 vor. Hier musste ein Christian Renz aus Göhren Abgaben<br />
leisten und war gleichzeitig „Curator der Winklerin“ (zitiert nach<br />
einer Abschrift in der Zweimener Chronik). Ein Johann Gottfried<br />
Renz aus Zweimen wird 1802 als Abgeordneter der Kirchfahrt<br />
genannt. Urkundlich taucht der Name Renz in Göhren im Zusammenhang<br />
mit den Separationsverhandlungen zwischen dem<br />
Rittergut Zöschen und den Gemeinden Zweimen/Göhren und<br />
Dölkau im Jahr 1830 auf. Auch hier wird ein Johann Gottfried<br />
Renz erwähnt, der in Göhren Haus und Feldbesitz hatte. 1855<br />
erwirbt ein Stellmacher Renz das „Schenkgut zu Zweimen“. Die<br />
Renz’ waren also ein altes Stammgeschlecht in unserer Gemeinde.<br />
Während Karl Renz an die Westfront musste, wurde Reinhold<br />
offenbar nach Osten verschickt, denn auf den Steintafeln steht<br />
„vermisst 09.01.1917 Fienihöhe“. Wiederum gibt es einen Ort<br />
namens Fienihöhe nicht. Aber es gibt ein Fieni - und das liegt in<br />
den Bergen.<br />
Fieni liegt in den Südkarpaten (Rumänien) auf einer Höhe von<br />
436 m. Für den Zeitraum Januar 1917 sind in der Gegend der<br />
Walachei zwar Truppenbewegungen nachgewiesen, größere<br />
Gefechte allerdings nicht. Jedoch gab es starke Kämpfe im Dezember<br />
1916 in den Südkarpaten und wenn man bedenkt, dass<br />
es manchmal in den unzugänglichen und zerklüfteten Gegenden<br />
der Karpaten Tage dauerte, seine Truppen wieder zusammenzuführen,<br />
dann nimmt es kein Wunder, dass womöglich tatsächlich<br />
erst am 09. Januar 1917 festgestellt wurde, dass Reinhold Renz<br />
nicht mehr aufgetaucht war. Die Kämpfe um den Zentralkampfherd<br />
Tirgoviste begannen etwa am 04.12.1916. Die Heeresleitung<br />
berichtet: „Die unter Führung des Generals der Infanterie<br />
Kosch kämpfende Donauarmee von Svistow her, die durch die<br />
westliche Walachei über Craiova vordringende Armeegruppe<br />
des Generalleutnants Kühne, die nach harten Kämpfen längs<br />
des Argesul aus dem Gebirge heraustretende Gruppe des Generalleutnants<br />
Krafft v. Delmensingen und die unter Befehl des<br />
Generalleutnants v. Morgen über Campolung vorbrechenden<br />
deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen haben ihre<br />
Vereinigung zwischen Donau und dem Gebirge vollzogen.<br />
Das Gefechtsgebiet rund um Tirgoviste<br />
Der linke Flügel nahm gestern Targoviste (Tirgoviste - DOCC).<br />
Die Truppen des Generalleutnants Krafft v. Delmensingen setzten<br />
von Pitesti her ihren Siegeszug fort, schlugen die 1. rumänische<br />
Armee vollständig und trieben ihre Reste über Titu. Der<br />
Gabelpunkt der Bahnen von Bukarest auf Campoluna und Pitesti<br />
fiel in die Arme der bewährten 41. Infanteriedivision unter<br />
Führung des Generalleutnants Schmidt v. Knobelsdorff“ (Quelle:<br />
http://www.stahlgewitter.com/16_12_04.htm). Bis in den Januar