01.12.2012 Aufrufe

NEU - Schweizer Jäger

NEU - Schweizer Jäger

NEU - Schweizer Jäger

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

mal jährlich drei bis fünf Junge,<br />

so dass also Nachwuchs von Ende<br />

Februar bis Ende August eintreffen<br />

kann. Eichhörnchen kommen<br />

als ausgesprochene Nesthocker<br />

zur Welt, rosafarben, nackt, blind,<br />

kaum sechs Zentimeter lang und<br />

knapp zehn Gramm schwer. Nach<br />

ein paar Tagen beginnen sie sich<br />

zu färben; eine komplette Jugendbehaarung<br />

tragen sie nicht<br />

vor zwei Wochen, und die Augen<br />

öffnen sich erst nach rund einem<br />

Monat.<br />

Wenn sie ungefähr sechs Wochen<br />

alt sind, verlassen die munzigen,<br />

jetzt über hundert Gramm<br />

schweren Eichkätzchen das Nest,<br />

trinken aber noch bei der Mutter<br />

(insgesamt etwa neun Wochen<br />

lang). Von ihr lernen sie<br />

auch, was essbar ist, indem sie<br />

sich Nahrungsbrocken aus ihrem<br />

Maul angeln. Auf ihren Ausflügen<br />

erkunden sie den Baum, auf dem<br />

sie geboren sind, dann die benachbarten<br />

Bäume und schliesslich<br />

das ganze Revier. Die Mut-<br />

Bildautor: AWT<br />

Frassspuren an Fichtenzapfen –<br />

wer war’s?<br />

www.schweizerjaeger.ch<br />

Eine ausgefaserte<br />

Zapfenspindel besagt,<br />

dass die Schuppen<br />

abgerissen wurden.<br />

Urheber:<br />

das Eichhörnchen.<br />

Konkurrenz durch Grauhörnchen<br />

Das amerikanische Pendent zu unserem Eichhörnchen (Scirius vulgaris) ist das Grauhörnchen (Scirius carolinensis).<br />

Doch es ist grösser, stärker und dominanter. Zudem ist es Träger eines Virus (Pox-Virus, «Eichhörnchen-Pocken»),<br />

gegen das es selber – im Gegensatz zu den einheimischen Hörnchen – immun ist. Unbedacht eingeschleppte<br />

und freigesetzte Graue konnten sich auf den Britischen Inseln und in Norditalien verbreiten und verdrängen dort<br />

nun zunehmend die einheimischen Roten.<br />

In England ist dieser Verdrängungsprozess – seit dem ersten Nachweis 1876 – schon weit fortgeschritten. Nur in<br />

Nordengland und Schottland konnten sich die Roten noch halten. In ganz Grossbritannien liegt das Verhältnis heute<br />

bei gut drei Millionen Grauhörnchen versus noch knapp 150 000 Eichhörnchen.<br />

In Italien (Piemont und Lombardei) ist das Grauhörnchen seit seiner Freisetzung durch Privatleute Mitte 20. Jahrhundert<br />

ansässig und heute mit gut 30 000 Individuen vertreten. Aufgrund von Modellrechnungen wird angenommen,<br />

dass die Grauen auf ihrem Vormarsch Richtung Norden in absehbarer Zeit das Tessin erreichen könnten.<br />

Dem Fluss Tessin folgend, sind die Grauhörnchen nur noch gut 70 Kilometer von der <strong>Schweizer</strong> Grenze entfernt.<br />

Und da die Alpen für ihre Weiterausbreitung kein unüberwindbares Hindernis darstellen, stünde ihnen dann theoretisch<br />

auch der Weg nach Mitteleuropa offen.<br />

Diese bedrohliche Situation rief eine Europäische Eichhörnchen-Initiative auf den Plan, die den Grauen den Kampf<br />

ansagte. Weil jedoch Massentötungen durch Tierschutzkreise verhindert wurden, versucht man nun, das Problem<br />

via Empfängnisverhütung bei den Grauhörnchen zu lösen, das heisst mittels einer Immuno-Kontrazeption: Impfung<br />

des Immunsystems mit Antikörpern, die wichtige Proteine an der Oberfläche von Spermien und Ei blockieren und<br />

so deren Verschmelzung verhindern, so dass sich die Grauhörnchen nicht weiter vermehren können.<br />

Doch bis diese Methode reif ist für den Freilandeinsatz, dürften noch Jahre vergehen. In der Zwischenzeit wird die<br />

Natur das Problem auf ihre Weise lösen. HH<br />

ter zieht sich nun zunehmend<br />

zurück und überlässt die Jungen<br />

dem Schicksal. Mit etwa sieben<br />

Monaten sind die Eichkätzchen<br />

erwachsen, und mit acht bis zehn<br />

Monaten sind junge Weibchen bereits<br />

geschlechtsreif, werfen aber<br />

gewöhnlich erst im zweiten Lebensjahr.<br />

Sind die Schuppen<br />

dicht und sauber<br />

über der Spindel<br />

abgenagt, war es<br />

die Maus.<br />

Eichkätzchen<br />

(hier auf dem<br />

Bild bloss wenige<br />

Tage alt) kommen<br />

als Nesthocker<br />

zur Welt,<br />

blind und nackt.<br />

Überleben ist Glückssache<br />

Die scheinbar grosse Nachwuchsrate<br />

der Eichhörnchen ist<br />

notwendig, weil, wie man vermutet,<br />

nur etwa ein Viertel bis<br />

ein Fünftel der Jungen ein Jahr<br />

alt wird und offenbar weniger als<br />

ein Prozent (!) aller Tiere fünf<br />

Lebensjahre erreicht. Ein Hinweis<br />

mehr, wie grausam hart der<br />

Überlebenskampf in der Natur ist,<br />

und wie wenig wir uns eigentlich<br />

dessen bewusst sind – sein wollen.<br />

Noch fehlen genaue Untersuchungen<br />

über die Gründe dieser<br />

hohen Selektion. Als sicher<br />

nimmt man an, dass die klassischen<br />

«Erbfeinde» Baummarder<br />

und Habicht höchstens regulierend,<br />

nicht aber dezimierend eingreifen.<br />

Gravierender wirken sich die<br />

durch den Menschen hervorgerufenen<br />

Umweltveränderungen aus,<br />

Ist der Zapfen<br />

zerhackt und<br />

zerzaust und sind<br />

die Schuppen<br />

ausgedreht, so<br />

stammen die<br />

Spuren aus der<br />

Spechtschmiede.<br />

<strong>Schweizer</strong> <strong>Jäger</strong> 4/2012 25<br />

Wildkunde

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!