Lebensraum im oberen Toggenburg stabil 42 <strong>Schweizer</strong> <strong>Jäger</strong> 4/2012 LUCHSBESTAND Besonders wohl fühlen sich die Nordostschweizer Luchse im oberen Toggenburg. Nach Einschätzung des örtlichen Wildhüters Urs Büchler dehnen die Samtpfoten dort ihr Gebiet leicht aus. Foto: naturpix.ch/m.p.stähli
Von Katharina Rutz In diesen Tagen streifen die Luchse besonders häufig und weiträumig umher. Es ist Ranzzeit und die sonst einzelgängerisch lebenden Tiere begeben sich auf die Suche nach einem Partner. Dabei unternehmen sie ausgedehnte Streifzüge. Dies möchte Andreas Ryser, Projektkoordinator der Nordostschweizer Luchse bei Kora (koordiniert Forschungsprojekte zur Erhaltung und zum Management der Raubtiere der Schweiz), ausnutzen, um mittels Fotofallen zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Das Monitoring führt Kora in Zusammenarbeit mit den kantonalen Jagdbehörden aus. Das überwachte Gebiet umfasst Teile beider Appenzell und Zürichs sowie im Kanton St. Gallen vor allem die Regionen Toggenburg, Werdenberg, Seeztal sowie See und Gaster. 52 Fallen mit Blitzlicht Insgesamt wurden an 52 Standorten Fotofallen aufgestellt. Die Geräte werden einmal wöchentlich durch Mitarbeiter der Kora oder einen Wildhüter gewartet. Sie bleiben bis zum 20. April stehen und werden dann wieder entfernt. Andreas Ryser und sein Team hoffen, noch unbekannte Luchse zu entdecken sowie die bereits bekannten systematisch nachweisen zu können. Deshalb umfasst das Monitoring, das 2009 das letzte Mal durchgeführt wurde, immer die gleichen Gebiete. Der Kanton Thurgau, wo in den letzten Jahren immer mal wieder ein Luchs umherstreifte, wird ausgelassen. 17 der 52 Fotofallenstandorte des Monitorings befinden sich im Aufsichtsgebiet des Obertoggenburger Wildhüters Urs Büchler. Die Kameras sind an Plätzen aufgestellt, wo die Fachleute beliebte Luchswege vermuten. «Einerseits sind dies Stellen, wo wir schon öfter mit den Fotofallen erfolgreich Tiere ablichten konnten», erklärt Urs Büchler. Andererseits würden sie an Engpässen aufgestellt, wo Luchse – kommen sie durch dieses Gebiet – zwangsläufig durch müssen. Ausserdem benutzen Luchse im Winter gerne bequem die ausgetretenen Wege und Waldstrassen auf ihren Streifzügen. Dennoch ist es eine Suche auf gut Glück. Etwas effizienter ist das Aufstellen einer Fotofalle bei einem Riss. «Deshalb ist es sehr wichtig, dass frisch gefundene tote Rehe und Gämsen umgehend der Wildhut gemeldet werden», betont Urs Büchler. So konnte er im November einige Nachweise der relativ gut bekannten Toggenburger Luchse erbringen. Dazu gehören seit einigen Jahren die Luchsweibchen Noja und Alma, die auch letztes Jahr mit Jungen fotografiert wurden. Ausserdem konnte das Männchen B112 nachgewiesen werden. Ein nicht identifizierter Luchs konnte ausserdem auf der Schwäg alp beobachtet werden und zehn Tage später ein Nachkomme von Alma aus dem Jahr 2009 im Raum Krummenau. «Im Gebiet Krummenau-Schwägalp waren dies die ersten Nachweise seit mehreren Jahren», so Büchler. Dies bestätigt ihn in seiner Einschätzung, dass der Toggenburger Luchsbestand sogar leicht steigend sein könnte und sich eher ausdehnt. Urs Büchler, selber ein leidenschaftlicher <strong>Jäger</strong>, freut sich dennoch über jeden Nachweis. «Den letzten Luchs sah ich in natura im Jahr 2010.» Diskussionen haben sich gelegt In der Bevölkerung scheint die Akzeptanz für den Luchs gestiegen zu sein. «Dass <strong>Jäger</strong> oder Wanderer gerissene Rehe melden, hat sich etabliert», sagt Urs Büchler. Die Diskussionen inner- 2009 war man vorsichtig optimistisch Beim letzten Monitoring beurteilte Andreas Ryser die Situation im Churfirsten- und Alpsteingebiet als «vorsichtig optimistisch». Die zwei weiblichen Luchse Alma und Noja führten mehrmals Junge und das Männchen B112 konnte regelmässig nachgewiesen werden. Im Alpstein sind zudem noch zwei weitere Luchse fotografisch dokumentiert. Im Tössstockgebiet sah die Situation weniger gut aus. Das Männchen Wero ist an Staupe verendet. Das Männchen B174 konnte zwar nachrücken, jedoch hat es nach Meinung der Fachleute keinen Zugang zu Weibchen. In letzter Zeit fehlen Nachweise vom Verbleib dieses Männchens ganz. Auch darüber soll das Monitoring nun Klarheit schaffen. (kru) Mittels Fotofallen können Luchse nachgewiesen und anhand der Fellzeichnung unterschieden werden. halb der <strong>Jäger</strong> haben sich gelegt. «Der Luchs wird als Tatsache akzeptiert, obwohl diese Tatsache nicht von allen sonderlich geliebt wird», umschreibt der Wildhüter. Die Jagdstrecke zeigt in der Tat lokale Schwankungen, wenn sich ein Luchs im Gebiet aufhält. Für Wildhüter Urs Büchler ist klar, dass die Raubkatze den Reh- und Gämsbestand beeinflusst und somit auch die jagdliche Nutzung. «Die Gefahr einer Ausrottung besteht aber sicherlich nicht.» Zudem erhalten Jagdreviere, wo ein Luchs nachgewiesen werden konnte, Pachtzinsreduktion vom St. Galler Amt für Natur, Jagd und Fischerei. Bei den Landwirten wird der Luchs einzig zum Thema, wenn Nutztiere tot aufgefunden werden oder verschwinden. Meist gilt der erste Gedanke dann dem Luchs. «Oft ist es aber nicht nachweisbar, dass die Nutztiere von Luchsen gerissen werden. Dabei haben wir von der Wildhut kein Interesse daran, einem Tierhalter die Entschädigung vorzuenthalten», so Büchler. Doch werden Risse nach klaren Kriterien beurteilt. Dazu gehören Spuren rund um den Kadaver, die Nutzung des Kadavers oder ein Nachweis mit der Fotofalle. ■ Foto: Urs Büchler <strong>Schweizer</strong> <strong>Jäger</strong> 4/2012 43 Lebensraum