Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1
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Das Sozialamt wird verpflichtet, die Fahrtkosten von 88.- DM pro Fahrt (abzüglich eines aus <strong>dem</strong> Barbetrag einzusetzenden<br />
Eigenanteils von 10 DM) für die einmal wöchentlich stattfindenden - kostenfreien - Therapiesitzung im<br />
psychosozialen Zentrum für Flüchtlinge Refugio Bremen zu übernehmen. Das Gericht folgt nicht der im Gutachten<br />
des Amtsarztes vertretenen Auffassung, dass es sich vorliegend nicht um eine akute Erkrankung im Sinne des § 4<br />
AsylbLG handele. § 4 Abs. 1 eröffnet Hilfeleistungen bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen und<br />
schließt Ansprüche bei nur chronischen Krankheiten aus. Damit ist aber nicht gemeint, dass kein Anspruch auf<br />
<strong>Krankenhilfe</strong> besteht, wenn es sich um einen akuten Krankheitszustand handelt, der auf einer chronischen<br />
Krankheit beruht (vgl. VGH Ba-Wü, 7S 920/98 v. 4.5.98 =IBIS C1348, =FEVS 1999, 33).<br />
Auf Grundlage der vorliegenden Atteste der Klinik für Psychiatrie und des psychosozialen Zentrums Refugio<br />
kommt die Kammer zu der Auffassung, dass die Therapiesitzungen in Bremen der Behandlung eines akuten Leidenszustandes<br />
dienen, der aus einer chronifizierten posttraumatischen Belastungssituation resultiert. Die <strong>nach</strong><br />
Auffassung der genannten Gutachten ohne Behandlung drohende Dekompensation ist einem Schmerzzustand<br />
i.S.d. § 4 AsylbLG gleichzusetzen, da depressive Leidenszustände in der Regel mindestens ebenso quälend und<br />
beeinträchtigend sind wie erhebliche körperliche Schmerzen (vgl. OVG Nds, 4 M 3551/99 v. 22.9.99 = IBIS e.V.<br />
C1463). Dies folgt auch daraus, das der Antragsteller in einen Zustand geriet, der stationäre Behandlung notwendig<br />
machte. Zwar ist im psychiatrischen Krankenhaus in relativ kurzer Zeit eine Stabilisierung erreicht worden, im<br />
Gutachten des Krankenhauses ist aber ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Antragsteller in die weitere<br />
ambulante Betreuung des Zentrums Refugio entlassen worden ist. Es wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen,<br />
dass die hergestellten sozialen Bezüge hier wesentlich sind. Als ein solcher sozialer Bezug ist die Betreuung<br />
im Refugio zu werten.<br />
Das Gericht sieht auch keine konkrete Veranlassung, an der Tatsache zu zweifeln, dass der Antragsteller gefoltert<br />
worden ist. Zum einen ist dies auch im amtsärztlichen Gutachten nicht bezweifelt worden, zum anderen hat auch<br />
die überschlägige Durchsicht der Akten über das Asylverfahren nicht ergeben, dass der Vortrag des Antragstellers<br />
bezüglich der Folterungen unglaubwürdig ist.<br />
Anmerkung: Zwar geht es in dieser Entscheidung "nur" um die Fahrtkosten zu einer kostenlosen Therapie, der<br />
Beschlusses lässt aber keine Zweifel, dass aus den dargelegten Gründen ggf. ebenso auch die Kosten einer notwendigen<br />
ambulanten Psychotherapie gemäß § 4 Abs. 1 AsylbLG zu übernehmen sind.<br />
OVG Berlin 6 S 49.98, B.v. 03.04.01, GK AsylbLG § 4 Abs. 1 OVG Nr. 6; www.fluechtlingsinfoberlin.de/fr/docs/C1620.pdf<br />
(Vorinstanz: VG Berlin 8 A 647.97 und VG 8 A 84.97 www.fluechtlingsinfoberlin.de/fr/docs/C1101.pdf).<br />
Der Antragsteller hat Anspruch auf Fahrtkosten zum Behandlungszentrum für Folteropfer<br />
<strong>nach</strong> §§ 4 und 6 AsylbLG. Im Unterschied zur Auffassung des VG darf er zur Deckung dieses krankheitsbedingten<br />
Sonderbedarfs auch nicht teilweise auf die ihm sonst zustehenden Leistungen <strong>nach</strong> AsylbLG verwiesen<br />
werden. §§ 4 und 6 AsylbLG ist nicht zu entnehmen, dass die darin vorgesehenen erforderlichen bzw. unerlässlichen<br />
Leistungen nur teilweise zu gewähren sind. Nach Ausstellung der Berlin-Karte S kann der Antragsteller daher<br />
nicht darauf verwiesen werden, die Kosten für die zur Benutzung dieser Karte erforderliche Wertmarke zum Preis<br />
von 40 DM aus <strong>dem</strong> Barbetrag <strong>nach</strong> § 3 AsylbLG aufzubringen. Mit der Ausstellung der Berlin-Karte S ist der Anspruch<br />
auf Deckung der Kostender mit der Behandlung verbundenen Fahrten zum Behandlungszentrum für Folteropfer<br />
(noch) nicht gedeckt. Die Erfüllung des Anspruchs für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum ist daher<br />
nur noch in der Weise möglich, dass das Sozialamt Mittel zum Erwerb der Wertmarke zur Verfügung stellt.<br />
Der Senat verkennt nicht, dass Leistungsberechtigte wegen der Möglichkeit der Nutzung über den behandlungsbedingten<br />
Beförderungsbedarf hinaus Interesse am Besitz der Berlin-Karte S haben. Das Sozialamt kann dies jedoch<br />
vermeiden, in<strong>dem</strong> es für den anerkannten Sonderbearf gegen Nachweis der entsprechenden Aufwendungen<br />
Sachleistungen in Form von Einzelfahrscheinen oder möglicherweise auch entsprechende Mittel gewährt. Denn<br />
Berechtigte <strong>nach</strong> §§ 4,6 AsylbLG haben keinen Anspruch darauf, das der genannte Sonderbedarf gerade durch<br />
die Ausstellung einer Zeitkarte befriedigt wird.<br />
OVG NRW 16 B 603/00, B.v.29.05.00, GK AsylbLG § 4 Abs. 1 OVG Nr. 5 Das OVG lehnt die Übernahme des die<br />
Wirbelsäule des Antragstellers korrigierenden und stabilisierenden Eingriffs ab, da der Antragsteller es bislang versäumt<br />
hat, die im Rahmen des Eilverfahrens <strong>nach</strong> § 123 VwGO wie auch der Akutkrankenbehandlung <strong>nach</strong> § 4<br />
AsylbLG geforderte Dringlichkeit anhand ärztlicher Stellungnahmen überzeugend darzulegen. Trotz der von<br />
Dr. M. genannten "Schwere" des Falles und der bevorzugten Berücksichtigung des Antragstellers wird kommentarlos<br />
eine Wartezeit für den Eingriff von über einem Jahr angekündigt und <strong>dem</strong><strong>nach</strong> auch als medizinisch nicht unvertretbar<br />
angesehen. Die Aussage, es sei eine "alsbaldige" Behandlung in einer Spezialklinik erforderlich und die<br />
Bezeichnung der Operation als "Akutbehandlung" ist vor diesem Hintergrund zu relativieren. Soweit Herr P. in seiner<br />
Stellungnahme eine Gefahr für Leib und Leben des Antragstellers annimmt, bezieht sich das ausdrücklich nur<br />
auf den Fall des völligen Unterbleibens der Operation, ein zeitliches Maß der Dringlichkeit geht daraus nicht hervor.<br />
Im Übrigen hat das OVG Bedenken, die Annahme eines akuten Behandlungsbedarf i.S.v. § 4 Abs. 1 AsylbLG bzw.<br />
einen Anordnungsgrundes i.S.v. § 123 VwGO auf ärztliche Stellungnahmen zu stützen, deren Abgabe bei Beantragung<br />
einstweiligen Rechtsschutzes bereits drei Monate zurücklag ...<br />
VG Lüneburg 6 A 150/97, U.v.18.08.99, ZfF 2001, 63; GK AsylbLG § 4 Abs. 3 VG Nr. 0.1 Kein Anspruch auf<br />
<strong>Krankenhilfe</strong> bzw. Erstattung der entstandenen Kosten, weil die Antragstellerin sich zur Behandlung direkt in ein<br />
Krankenhaus begeben hat, ohne Einweisung des behandelnden Facharztes und ohne vorherigen Antrag beim So-<br />
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