Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1
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willkürlich vergeben und berechtigt auch nur zu einer absoluten Notfallbehandlung (so Dr. med. Gisela Penteker,<br />
Auskunft an das VG Stuttgart v. 11.11.01).<br />
Hier<strong>nach</strong> ist es beachtlich wahrscheinlich, dass allein in der Wartezeit bis zum Erhalt der 'Yesil-Kart' durch eine<br />
Unterbrechung der Behandlung irreversible Schäden aufgrund des Auftretens von Krampfanfällen eintreten. Nach<br />
Kaya, Gutachten an das VG Wiesbaden, haben Medien in der Türkei über Dutzende von Fällen berichtet, in denen<br />
Arme und Schwerkranke nicht in Krankenhäuser aufgenommen wurden. Unabhängig hiervon nötigt eine Gesamtwürdigung<br />
der in das Verfahren eingeführten Gutachten, Auskünfte und Stellungnahmen zu der Feststellung, dass<br />
die 'Yesil-Kart' lediglich eine stationäre Behandlung ermöglicht, nicht jedoch - worauf der Kläger indes vorrangig<br />
angewiesen ist - die Versorgung mit den erforderlichen Medikamenten im Rahmen einer ambulanten Behandlung.<br />
VGH Hessen 7 UE 3606/99.A, U.v. 24.06.03, IBIS M4340, Leitsatz: 'Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis<br />
im Sinne des § 53 Absatz 6 Satz 1 AuslG kann sich im Einzelfall auch daraus ergeben, dass ein Ausländer<br />
wegen einer schweren Erkrankung eines Medikaments bedarf, das im Zielstaat nicht im Rahmen des öffentlichen<br />
Gesundheitswesens in Apotheken erhältlich ist, sondern aus <strong>dem</strong> Ausland mit hohem Kostenaufwand beschafft<br />
werden muss, wenn der Betroffene aus persönlichen Gründen nicht in der Lage ist, den damit verbundenen<br />
finanziellen und organisatorischen Aufwand zu leisten. (Anschluss an BVerwG 1 C 1.02, U.v. 29.10.02, Asylmagazin<br />
3/2003, S. 33, DVBl. 2003, 463).'<br />
Der Klägerin wurde Abschiebeschutz für Serbien-Montenegro einschließlich ihres Herkunftsgebietes Kosovo zugesprochen.<br />
Sie leidet an einer schweren, seltenen und erblich bedingten Hauterkrankung (Cornel-Netherton-<br />
Syndrom), die in Deutschland bereits zu einer stationären Behandlung geführt hat und ständiger ambulanter Behandlung<br />
mit <strong>dem</strong> Medikament Neotigason 25 bedarf. Dieses Medikament ist <strong>nach</strong> Auskunft des Vertrauensarztes<br />
der Dt. Botschaft derzeit im Kosovo nicht im Rahmen des offiziellen Gesundheitssystems bzw. in öffentlich zugänglichen<br />
Apotheken erhältlich. Wegen der schwerwiegenden Erkrankungen sowohl des Klägers (Blindheit) als auch<br />
der Klägerin kann nicht als wahrscheinlich angesehen werden, dass sie über die finanziellen Mittel für eine Beschaffung<br />
der Medikamente aus <strong>dem</strong> Ausland verfügen können. Es fehlt aber auch an den organisatorischen Voraussetzungen<br />
für eine Beschaffung der benötigten Medikamente.<br />
Abgesehen davon, dass das insoweit angekündigte Schuldanerkenntnis nicht vorgelegt worden ist, würde selbst<br />
eine auf Dauer angelegte Zahlungsbereitschaft der Sozialhilfebehörde, für die eine rechtliche Grundlage nicht<br />
ohne Weiteres ersichtlich ist, nicht die organisatorischen Probleme lösen, vor die sich die Kläger im Falle einer<br />
Rückkehr in ihr Heimatland hinsichtlich der Medikation der Klägerin gestellt sähen.<br />
VG Koblenz 1 K 1487/03.KO, U.v. 19.09.03, IBIS M4353, , Asylmagazin 12/2003, 24,<br />
www.asyl.net/Magazin/12_2003b.htm - D9 Abschiebungsschutz <strong>nach</strong> § 53 Abs. 6 AuslG für die 13jährige, ethnisch<br />
albanische Klägerin, die seit 12 Jahren in Deutschland lebt und an einer Mitralklappeninsuffizienz, Mitralklappenprolaps<br />
und Herzrhythmusstörungen leidet, mangels Zugang zur Gesundheitsversorgung für ethnische Minderheiten<br />
in Serbien-Montenegro.<br />
OVG Nds 10 LA 30/03, B.v. 20.03.03, IBIS M3709, Asylmagazin9/2003, 42, www.asyl.net/Magazin/9_2003c.htm<br />
- G2 Kein Abschiebungsschutz <strong>nach</strong> Ghana bei HIV-Infektion im Stadium 1 (A 2).<br />
Eine extreme Gefahrenlage wird im Fall einer HIV-Infektion im Allgemeinen erst in deren Stadium 3 (AIDS) <strong>nach</strong><br />
der CDC-Klassifikation erwogen (so OVG Hamburg 3 Bs 369/99, B v. 13.10.00, InfAuslR 2001, 132). Eine extreme<br />
Gefahrenlage ist aber auch für das fortgeschrittene Stadium 2 (B 2 und B 3) der HIV-Infektion angenommen worden<br />
(VG Dresden A 12 K 31312/99, U.v. 28.05.02 und VG Gelsenkirchen 9a K 1157/00.A, U.v. 25.11.02), wenn<br />
der Ausländer bei Rückkehr die Kosten für die erforderliche Kombinationstherapie nicht aufbringen kann, was<br />
dazu führen würde, dass er an lebensgefährlichen Begleitinfektionen erkrankt und verstirbt. Insbesondere bei bereits<br />
aufgetretenen Kom plikationen hätte der Abbruch der medikamentösen Therapie eine rasch erfolgende lebensbedrohliche<br />
Erkrankung und den Tod des Ausländers zu Folge. Dagegen werden die strengen Voraussetzungen<br />
für die Gewährung von Abschiebungsschutz gemäß § 53 Abs. 6 AuslG als nicht erfüllt angesehen, wenn sich<br />
die HIV-Infektion <strong>nach</strong> der CDC-Klassifikation im Stadium 1 (A 2) befindet, also bei Abbruch der Behandlung noch<br />
ca. 5 bis 7 Jahre vergehen würden, bevor es zu AIDS-assoziierten beziehungsweise AIDS-definierten Erkrankungen<br />
kommen würde (VG Schwerin 11 A 2343/96 As, U.v. 16.04.02).<br />
OVG Koblenz 10 A 10168/03, U. v. 15.07.04, NVwZ Beilage I 2004, 11 Abschiebungsschutz <strong>nach</strong> § 53 VI AuslG<br />
für eine kurdische Familie aus der Türkei mit sechs Kindern, weil ein 7jähriges Kind an einem Herzfehler (nicht<br />
korrigierbares zyanotisches Herz) leidet, der nur in einer der drei Universitätskliniken im westen der Türkei behandelbar<br />
wäre. Die Familie könnte dort nur in einem Armutsquartier wohnen und würde keine Existenzgrundlage finden,<br />
zumal der Vater bisher in der Landwirtschaft tätig war, nur begrenzt türkisch versteht und nur unzureichend<br />
lesen und schreiben kann. Der Erhalt der grundsätzlich den Zugang zu medizinischer Versorgung ermöglichenden<br />
Grünen Karte (Yesil Kart) setzt ein bis zu zwei Monate dauerndes bürokratisches Verfahren und diverse Bescheinigungen<br />
voraus, und selbst mit der Karte ist der Zugang zu einer Universitätsklinik erst <strong>nach</strong> Überweisung durch<br />
ein staatliches Krankenhaus möglich, wodurch in einem akuten Notfall zusätzliche Zeit verloren ginge, auch ist für<br />
die Ausstellung der Karte eine Gebühr zu entrichten, und die Krankenhäuser bestehen gelegentlich dennoch auf<br />
einer finanziellen Mitbeteiligung der Patienten.<br />
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