Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1
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Nach <strong>dem</strong> SGB XII 4 (Sozialhilfe) anspruchsberechtigte Ausländer<br />
Ist der Aufenthalt des Ausländers (noch) legal, und gehört der Antragsteller auch sonst zu keiner unter<br />
das AsylbLG fallenden Ausländergruppe (vgl. § 1 AsylbLG), richtet sich sein Anspruch auf medizinische<br />
Versorgung nicht <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> AsylbLG, sondern <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Sozialhilferecht, § 23 Abs. 1 i.V.m. § 48 SGB<br />
XII. Eine Zuständigkeitslücke gibt es nicht - fällt ein Ausländer wegen seines Aufenthaltstatus nicht<br />
(mehr) unter das SGB XII, hat er automatisch Anspruch auf medizinische Versorgung <strong>nach</strong> <strong>dem</strong><br />
AsylbLG (vgl. § 23 Abs. 2 SGB XII).<br />
Somit muss der Antragsteller letztendlich nicht entscheiden, auf welcher Rechtsgrundlage er seine medizinische<br />
Versorgung beantragt, er kann schlicht "Sozialhilfe" bzw. einen "Krankenschein für... / die Kostenübernahme<br />
für ... <strong>nach</strong> SGB XII bzw. AsylbLG" beantragen. Maßgeblich ist allein, dass er beim Sozialamt<br />
seine materielle Notlage sowie seinen Behandlungsbedarf glaubhaft macht.<br />
Ein Verweis auf die Zuständigkeit der ARGE bzw. des Jobcenters ist möglich, wenn ein Anspruch auf<br />
Arbeitslosengeld II (ALG II) besteht. Mit der Gewährung von ALG II ist in der Regel eine Pflichtversicherung<br />
bei einer Gesetzlichen Krankenkasse verbunden. Ein Verweis auf ARGE bzw. Jobcenter kommt<br />
nicht in Betracht für Ausländer, die gemäß §§ 7 und 8 SGB II ohnehin kein ALG II beanspruchen könnten,<br />
weil sie unter das AsylbLG fallen, oder keinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland<br />
haben (Touristen), oder weder eine Arbeitserlaubnis besitzen noch eine solche erhalten könnten,<br />
oder 65 Jahre oder älter sind, oder voraussichtlich länger als 6 Monate erwerbsunfähig sind. Ein Verweis<br />
auf das ALG II kommt darüber hinaus wegen der Bearbeitungsdauer auch nur dann in Betracht, wenn<br />
bereits ALG II bezogen wird oder es sich um eine entsprechend aufschiebbare Behandlung handelt.<br />
Besteht kein Anspruch auf ALG II oder ist es nicht möglich, diesen Anspruch rechtzeitig zu realisieren,<br />
muss die <strong>Krankenhilfe</strong> gemäß § 48 SGB XII vom Sozialamt erbracht werden.<br />
Materielle Notlage und Versicherungsschutz<br />
Voraussetzung für die Anspruchsberechtigung von Ausländern auf "Sozialhilfe" zur medizinischen Versorgung<br />
<strong>nach</strong> SGB XII oder AsylbLG ist allein die materielle Notlage (kein - ausreichendes und tatsächlich<br />
verfügbares - Einkommen oder Vermögen; kein Krankenversicherungsschutz) sowie die "tatsächliche"<br />
(physische) Anwesenheit in Deutschland (§ 1 Abs. 1 AsylbLG; § 23 Abs. 1 SGB XII).<br />
Die materielle Notlage (kein Geld, um die Behandlung selbst zu bezahlen...) wie auch den fehlenden<br />
Krankenversicherungsschutz sollte der Antragsteller - bei Notaufnahme ins Krankenhaus ggf. das<br />
Krankenhaus für ihn - dokumentieren bzw. glaubhaft machen. Dazu kann auch eine Erklärung gehören,<br />
wovon man bisher gelebt hat. Zu prüfen ist, ob ggf. eine Versicherung im Herkunftsland besteht, die<br />
<strong>nach</strong> internationalen Abkommen auch in Deutschland gültig ist (EU-Länder, Norwegen, Island, Liechtenstein,<br />
Schweiz, Türkei, alle Länder des ehem. Jugoslawien) 5 , oder ob die Krankenbehandlung <strong>nach</strong><br />
anderen Gesetzen zu übernehmen ist. Die gesetzliche Unfallversicherung muss im Falle eines Wege-<br />
oder Arbeitsunfalls beispielsweise auch dann leisten, wenn der Arbeitgeber keine Sozialversicherungsbeiträge<br />
abgeführt hat ("Schwarzarbeit"), und zwar auch dann, wenn der Ausländer ohne Aufenthalts-<br />
und/oder Arbeitsgenehmigung beschäftigt wurde.<br />
Eine - z.B. zwecks Erhalt eines Visums abgegebene - "Verpflichtungserklärung" <strong>nach</strong> § 68 AufenthG 6<br />
steht einem Anspruch auf <strong>Krankenhilfe</strong> (und auf Leistungen zum Lebensunterhalt) <strong>nach</strong> AsylbLG oder<br />
SGB XII nicht entgegen, solange der Leistungsberechtigte vom Unterzeichner der Verpflichtungserklärung<br />
"tatsächlich" nicht die nötige Hilfe erhält (so ist auch § 8 Abs. 1 AsylbLG zu verstehen!). Der Leistungsberechtigte<br />
könnte aus der Erklärung auch gar keine Ansprüche gegen den Verpflichteten gelten<br />
machen. Unabhängig davon ist zu prüfen, ob das Sozialamt vom Verpflichteten Kostenersatz für die gewährte<br />
<strong>Krankenhilfe</strong> fordern darf, hier sollte unbedingt anwaltliche Hilfe gesucht werden, da in je<strong>dem</strong> Fall<br />
die Reichweite der Erklärung zu prüfen ist und diese z.B. auch "sittenwidrig" und deshalb unwirksam sein<br />
kann.<br />
Zu Anbietern befristeter Krankenversicherung für ausländische Touristen siehe www.google.de, die<br />
Behandlung von Vorerkrankungen ist jedoch ausgeschlossen, zu<strong>dem</strong> gelten weitere Einschränkungen.<br />
4<br />
Das SGB XII - Sozialhilfe - ersetzt seit 1.1.2005 das frühere BSHG (Bundessozialhilfegesetz)<br />
5<br />
Die Sozialabkommen sind zu finden auf den Seiten der Deutschen Verbindungsstelle der Krankenversicherung Ausland www.dvka.de.<br />
6<br />
Das Aufenthaltsgesetz ersetzt seit 1.1.2005 das Ausländergesetz. Die Verpflichtungserklärung war in § 84 AuslG geregelt<br />
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