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Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1

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pruch auf Krankenbehandlung wie für deutsche gesetzlich Krankenversicherte, so dass beispielsweise<br />

auch Einschränkungen beim Zahnersatz unzulässig sind.<br />

Zuzahlungen und Eigenleistungen in Folge der Gesundheitsreform 2004 17<br />

Leistungsberechtigte <strong>nach</strong> § 2 AsylbLG oder <strong>nach</strong> SGB XII, die seit 1.1.2004 gemäß § 264 SGB V<br />

Leistungen einer gesetzlich Krankenversicherung erhalten, müssen - ebenso wie Sozialhilfeberechtigte,<br />

die reguläre Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse sind - seit<strong>dem</strong> die üblichen Zuzahlungen<br />

(10.- € bei Arzt, Apotheke, Krankenhaus etc.) in Höhe von bis zu 2 % des Sozialhilferegelsatzes im Jahr<br />

leisten. Seit 01.07.2008 beträgt die 2 % Obergrenze für Alleinstehende und Haushaltsgemeinschaften<br />

gleichermaßen 84,24 € (351,- € Regelleistung x 12 Monate x 2 %). Ist der Betrag erreicht, muss die Kasse<br />

für den Rest des Jahres einen Befreiungsausweis ausstellen und evtl. geleistete Überzahlungen erstatten.<br />

Gravierender noch als die Zuzahlungen ist die Tatsache, dass viele Leistungen (Brillen; nichtverschreibungspflichtige<br />

Medikamente, Fahrtkosten zu ambulanter Behandlung, u.a.) seit 2004 weder von der<br />

Krankenversicherung noch vom Sozialamt übernommen werden sollen. Der Patient soll diese Kosten in<br />

vollem Umfang als Eigenleistungen aus seinem Sozialhilfesatz bezahlen Da dies in vielen Fällen gar<br />

nicht möglich ist, ergeben sich verfassungsrechtlich problematische Lücken in der Gesundheitsversorgung<br />

Sozialhilfeberechtigter.<br />

Anders ist die Situation bei der <strong>Krankenhilfe</strong> <strong>nach</strong> §§ 4 und 6 AsylbLG, bei der zwar der Behandlungsumfang<br />

selbst in sehr problematischer Weise eingeschränkt ist, aber - was wenig bekannt ist - sich<br />

durch die Gesundheitsreform 2004 keine Änderungen ergeben haben, weshalb weiterhin keine Zuzahlungen<br />

oder Eigenleistungen verlangt werden dürfen! Sofern ein Anspruch auf Behandlung der Krankheit<br />

<strong>nach</strong> §§ 4 oder 6 AsylbLG besteht, sind beispielsweise auch alle im Zusammenhang mit der Behandlung<br />

notwendigen nichtverschreibungspflichtigen Medikamente und Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung<br />

als Leistung <strong>nach</strong> AsylbLG zu übernehmen.<br />

Ärztliche Begutachtung und Abschiebeschutz<br />

Sowohl zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Krankenbehandlung <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> AsylbLG oder SGB XII<br />

als auch zur Geltendmachung eines vorübergehenden oder auch dauerhaften Abschiebungshindernisses<br />

<strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Aufenthaltsgesetz (§§ 25, 60 AufenthG, zuvor §§ 53, 55 AuslG, vgl. auch die Beispiele in<br />

der Rechtsprechungsübersicht) kann eine qualifizierte fachärztliche Begutachtung erforderlich sein.<br />

Diese sollte - je <strong>nach</strong> Zweck der Begutachtung - für einen medizinischen Laien (der beim Sozialamt,<br />

Ausländerbehörde, Verwaltungsgericht tätig) verständlich formuliert folgende Angaben enthalten<br />

• Darstellung von Vorbefunden und eigener Befunderhebung, vor allem bei psychiatrischer Begutachtung:<br />

wurde ein Dolmetscher hinzugezogen und wenn ja wer?, Diagnose, Entstehung, bisherige Behandlung,<br />

langfristige Prognose, mögliche Komplikationen, Schwere der Erkrankung, konkrete physische<br />

und psychische Krankheitsfolgen für den Patienten,<br />

• Definition aller voraussichtlich erforderlichen Maßnahmen zur medizinischen Versorgung (Art und<br />

Häufigkeit der notwendigen Behandlungen, Kontrolluntersuchungen und dazu ggf. nötige technische<br />

Einrichtungen, Medikamente, Hilfsmittel, Angewiesensein auf fremde Hilfe im Alltag, Notwendigkeit einer<br />

besonderen Ernährung, zu vermeidende Belastungen etc., ggf. Kosten der Medikamente in<br />

Deutschland in €)<br />

• ggf. Prognose im Falle ganz oder teilweise unterbliebener Behandlung (für Ansprüche <strong>nach</strong> AsylbLG/SGB XII),<br />

ggf. Aussage was in diesem Fall normalerweise von der gesetzlichen Krankenkasse geleistet würde<br />

• ggf. Reisefähigkeit (Flugtauglichkeit etc.)<br />

• ggf. Prognose im Falle ganz oder teilweise fehlender unterbliebener Behandlungen, Medikamenteneinnahme,<br />

Kontrolluntersuchungen usw. bzw. (soweit bekannt) unter den vorhandenen Behandlungsbedingungen im Herkunftsland<br />

• ggf. Prognose bei psychischer Erkrankung für den Fall der Abschiebung ins Herkunftsland, ob (insbesondere<br />

im Falle einer posttraumatischen Belastungsstörung) die Abschiebung als solche (zwangsweise Rückkehr an<br />

17<br />

Zur Problematik der seit 2004 verlangten Zuzahlungen und Eigenleistungen (§§ 61, 62 SGB V; § 38 BSHG, § 48 SGB XII) siehe ausführlich<br />

Classen, Die Gesundheitsreform und die medizinische Versorgung von Sozialhilfeberechtigten und Flüchtlingen, www.fluechtlingsinfoberlin.de/fr/arbeitshilfen/Kommentar_GMG.pdf<br />

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