Krankenhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz1
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Diese Ergebnis widerspricht auch nicht die Ordnung über das Abschiebegewahrsam (die allerdings nicht zu der Schrankentrias<br />
des Art 2 Abs. 1 GG zählt, da es sich um eine Verwaltungsvorschrift handelt), denn auch da<strong>nach</strong> ist die Zuziehung<br />
eines frei praktizierenden Arztes auf eigene Kosten des Häftlings zulässig. Eine Entscheidung darüber hat der<br />
Gewahrsamsleiter <strong>nach</strong> pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Wie ausgeführt, ist eine Ablehnung im vorliegenden Fall<br />
unverhältnismäßig.<br />
Eine fachgerechte Untersuchung setzt auch voraus, dass die Ärztin die Möglichkeit erhält, Einblick in die bei der Polizei<br />
vorhandenen Krankenunterlagen zu nehmen. Nur so erscheint eine ausreichende Beurteilung des Gesundheitszustandes<br />
möglich. Die Antragstellerin hat Anspruch auf Einsicht in die objektiven Feststellungen über ihre körperliche<br />
Befindlichkeit und die Aufzeichnung über die Umstände und den Verlauf der ihr zuteil gewordenen Behandlung, die<br />
durch eine Vertrauensperson durchgeführt werden kann. Dies ergibt sich schon aus <strong>dem</strong> durch die grundrechtliche Wertung<br />
geprägten Selbstbestimmungsrecht und der personalen Würde, die es verbietet, ihr im Rahmen der Behandlung<br />
die Rolle eines bloßen Objektes zuzuweisen (BGH, NJW 1983, 328 (329) m.w.N.). Dieser vom BGH für das Vertragsverhältnis<br />
zwischen Arzt und Patient entwickelte Grundsatz muss um so mehr gelten, wenn die ärztliche Maßnahme im<br />
Rahmen eines Freiheitsentziehungsverfahrens erfolgt. Der Antragsgegner hat keine Gründe vorgetragen, die <strong>dem</strong><br />
Recht auf Einsichtnahme entgegenstehen könnten. Im Kern befürchtet er lediglich Schwierigkeiten bei der rechtlichen<br />
Durchsetzung der Abschiebung, die, wie bereits ausgeführt, Einschränkungen des Grundrechts nicht rechtfertigen<br />
Anmerkungen: Die Ukrainerin befand sich wegen fehlender Papiere seit Oktober 1999 in Abschiebehaft. Am Tag<br />
der VG- Entscheidung befand sie sich seit 55 Tagen im Hungerstreik und seit drei Tagen im Haftkrankenhaus.<br />
Zusätzlich hatte sie 5 Tage einen Durststreik durchgeführt. Der Ärztin ihres Vertrauens wurde von der Polizei die<br />
Untersuchung verweigert, sie konnte mit der Ukrainerin nur durch eine Trennscheibe sprechen. Trotz Schweigepflichtentbindung<br />
verweigerte der polizeiärztliche Dienst der Ärztin sowie deren Rechtsanwältin auch die Einsicht in<br />
die Krankenakte.<br />
VG Bremen 4 V 163/08. B.v. 21.01.08 und 4 V 349/08, B.v. 06.02.08 www.fluechtlingsinfoberlin.de/fr/docs/C2155.pdf<br />
(bestätigt durch OVG Bremen 1 B 50/08, B.v. 07.02.08, www.fluechtlingsinfoberlin.de/fr/docs/C2191.pdf)<br />
Recht auf freie Arztwahl im Polizeiabschiebegewahrsam (hier zum Zweck einer<br />
psychiatrischen Untersuchung durch einen Arzt bzw. einen Psychotherapeuten). Selbst gewählten Ärzten ist der<br />
Zugang zu den Patienten zu gewähren. Die übliche Praxis, die Häftlinge bei Verdacht auf psychische Krankheiten<br />
der Polizeiärztin als Amtsärztin vorzustellen, die dann über eine evtl. Überweisung an einen Facharzt zu entschieden<br />
hat, wurde insoweit relativiert (vgl. auch VG Berlin, InfAuslR 2000, 295, www.fluechtlingsinfoberlin.de/fr/docs/C1544).<br />
Bezugsquellen<br />
Die unter einer IBIS e.V.-Nummer erfassten Entscheidungen sind in der Rechtsprechungsdatenbank unter<br />
www.asyl.net abrufbar und/oder gegen Erstattung der Kosten über IBIS e.V. zu bestellen: IBIS e.V., Donnerschwerstr.<br />
12, 26123 Oldenburg, Tel. 0441-884016, FAX 0441-9849606, ibisev.ol@t-online.de<br />
Abkürzungsverzeichnis<br />
a.A. anderer Ansicht<br />
Abs.<br />
ANA-ZAR<br />
Absatz<br />
Anwalts<strong>nach</strong>richten Ausländer- und Asylrecht (Beilage zur Fachzeitschrift ZAR)<br />
Art. Artikel<br />
AsylbLG Asylbewerberleistungsgesetz<br />
AsylVfG Asylverfahrensgesetz<br />
AuAS Ausländer- und Asylrechtlicher Schnelldienst (Fachzeitschrift)<br />
AuslG Ausländergesetz<br />
AufenthG Aufenthaltsgesetz<br />
AV Ausführungsvorschrift<br />
B. Beschluss<br />
Ba-Wü Baden-Württemberg<br />
BayVBl Bayrische Verwaltungsblätter (Fachzeitschrift)<br />
BGH Bundesgerichtshof<br />
BGBl Bundesgesetzblatt<br />
BKGG Bundeskindergeldgesetz<br />
BMI Bundesinnenministerium<br />
BMA, BMAS Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung<br />
Breithaupt Breithaupt, Sammlung von Entscheidungen der Sozialversicherung, Versorgung und<br />
Arbeitslosenversicherung (Fachzeitschrift)<br />
BRJ Bundesrepublik Jugoslawien<br />
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